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- Die ruinöse Zerstörung ...
Als ich im Dezember den Ordner mit den Unterschriften der Patienten, die in der Vergangenheit ihr Apotheken-Wahlrecht in Anspruch nahmen, spontan im Mülleimer versenkte, ließ sich nur erahnen, was da auf uns zukommt.
Am Donnerstag, den 7. Juli 2016, war es dann soweit: Post von der AOK. Der Wahnsinn nimmt Fahrt auf. Ab dem ersten August keine Belieferung mit Zytos mehr für AOK-Patienten (- oder sind es Versicherte). Die Ausschreibung mit Exklusivpartnen der AOK ist vertraglich abgeschlossen.
Wie hat Herr Brauer das vor einiger Zeit sehr treffend ausgedrückt (wobei hier „Zyto-Ausschreibungen“ direkt als Platzhalter dient)?
Frei nach Herrn Brauer:
Man muss nicht generell und pauschal gegen Zyto-Ausschreibungen sein – aber was die AOK und ihre Vertragspartner sich dabei leisten, geht wirklich auf keine Kuhhaut. Zumindest so, wie die AOK ihre Zyto-Ausschreibungen handhabt, sind sie unerträglich. Die größte deutsche Kasse schließt offensichtlich sehenden Auges Verträge mit Apotheken, die als Einzelapotheken nach Vertragsstart gar nicht in der Lage sein dürften, die benötigten Parenteralia zu den vereinbarten Dumpingpreisen auf die Dauer zu liefern. Die AOK weiß das und nimmt billigend in Kauf, dass hier Großhersteller auf den Plan treten, die manch eine kleinere Zyto-Apotheke zur Aufgabe zwingen können und auch werden.
Ernüchternd ist, dass der Stil und die Handschrift der AOK immer gleich sind und gleich bleiben, egal ob Rabattvertrag oder Ausschreibung. Und ernüchternd ist auch, dass wir mit unserem vorgeschriebenen Auftrag zur ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln erheblich gestört und behindert werden. Auf lange Zeit gut gewachsene und hocheffiziente Strukturen aufs Spiel zu setzen, bei denen unsere Arbeit den Patienten, den Ärzten mit ihren Praxen und den Krankenkassen immer zugutekommt, ist ein mehr als gewagtes Unternehmen.
Haben wir in Deutschland letztes Jahr knapp 1 Prozent an Apotheken verloren, so tut dies weh. Jedoch wird der Verlust an Zyto-Apotheken durch diesen Druck erheblich höher ausfallen. Mit verheerenden Folgen für die onkologische Versorgung in vielen Gebieten.
Die erste Ausschreibung der AOK (mit oder ohne Beteiligung) ist mit rund 25 Prozent Verlust an Zubereitungen vielleicht noch zu stemmen, kommen dann die DAK, die BEK und noch andere dazu, sind wir schnell bei über 50 Prozent. Wer will, wenn dann endgültig die Luft ausgeht, aus dem Stand die Versorgung für den Rest übernehmen? Die „Gewinner“ der Ausschreibungen wären jetzt in der Pflicht. Da würde es sehr spannend werden, wie flexibel sie auf die Spontanität der Praxen und erst recht auf die der Patienten reagieren könnten.
Na ja, die AOK-Patienten sind ja erst mal so billig wie möglich für ein Jahr versorgt, oder?
Menschen und viele offene Fragen
Billig ist aber nicht gleich günstig, wie aus obersten AOK-Kreisen zu vernehmen ist, zumindestens nicht für die betroffenen Patienten und für die sie betreuenden Praxisangestellten.
- Wird in Zukunft auch mit aufwendig durch Trägerlösung entlüfteten Infusionssystemen beliefert?
- Wird in Zukunft auch die Begleitmedikation applikationsfertig mitgeliefert?
- Wird in Zukunft garantiert, dass die Zytostatika bis zur Ankunft beim Patienten noch nicht verfallen sind?
- Wird in Zukunft die verfallene Retoure vernichtet?
- Wird in Zukunft gewährleistet, für jeden Abruf eine Extratour zu fahren?
- Wird in Zukunft noch Rücksicht darauf genommen, dass wir eine mühselig ausgehandelte Hilfstaxe mit festgeschriebenen Preisen haben?
- Wird in Zukunft vielleicht mal darüber nachgedacht, solche Menschen aus den Verbänden auszuschließen, wenn sie sich nicht an die für sie ausgehandelten Regularien halten?
Das Rudel zeugt Gehudel
Je mehr Ausschreibungen, desto ergiebiger die Retaxbonanza.
Die Knappschaft nagt mit etwa 1,5 Prozent der Verordnungen an der Marge.
In der Gefolgschaft der DAK sind 42 weitere Krankenkassen anhängig, die nur darauf warten, dass die eine oder andere Nichtvertrags-Apotheke versehentlich ein Rezept beliefert und abrechnet, um dann unter dem Regime der Hardcore-Nullretaxprofis aber so richtig abzusahnen.
Wer wird denn dieses Durcheinander an Vertrags- und Nichtvertrags-Verordnungen ohne Einrichtung entsprechender Software in Arztpraxen und Apotheken überblicken?
Den Praxismitarbeiterinnen wird es wohl ziemlich gleichgültig sein, welche der drei beliefernden Apotheken nun die Verordnung für Frau Lisa Schmitz-Muster zulasten der BKKGroz-Beckert beliefert. War es die „falsche“ Apotheke, hat sie halt Pech gehabt. Und da können schon, bei wöchentlichen Zyklen, das ein oder andere Mal 15- bis 20-Tausend Euro im Monat zusammenkommen.
Die Champagnerkühler beim Proquatsch-Hintergesellschafts-Forum stehen wohl schon reihenweise zur Befüllung bereit.
Zurück zur AOK-Post
Zum Schluss (obwohl das Ende erst im August beginnt) noch ein Zitat aus dem AOK-Brief:
„Wir hoffen, dass wir Ihnen mit diesem Schreiben alle notwendigen Informationen zum Umgang mit Verordnungen über Zytostatika zulasten der AOK Rheinland/Hamburg ab 01.08.2016 bereitgestellt haben, so dass Ihnen eine entsprechende Umsetzung möglich ist und so kein wirtschaftlicher Schaden entsteht.“
Der Inhalt des Hauptsatzes lautet ohne Umschweife und Nebensätze so:
„Wir hoffen, dass Ihnen kein wirtschaftlicher Schaden entsteht.“ Wobei wir wieder bei Herrn Brauer sind, und da hat er völlig Recht.
Das ist Zynismus pur.
2 Kommentare
Zyto-Ausschreibungen
von Esther Hamacher am 14.09.2016 um 17:27 Uhr
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Lesen die eigentlich...
von Christian Becker am 21.07.2016 um 12:49 Uhr
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