Armin Edalats Beitrag
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In einem Meinungsbeitrag in der Süddeutschen Zeitung ging es jüngst um das Thema Zuzahlung. Der Autor kommt zu dem Fazit, die Zuzahlungen doch einfach abzuschaffen. Wissenschaftlich und ökonomisch ist seine Argumentation alles andere als haltbar, findet Dr. Armin Edalat, der sich für seinen DAZ-Beitrag „Zur Kasse bitte: Die gesetzliche Zuzahlung für Arzneimittel wird 40 Jahre alt" ausführlich mit dem Thema beschäftigt hat.
Gesundheitspolitische Themen sind nicht trivial und meistens auch ein wenig emotional. Versucht man dem Patienten in der Apotheke zu erklären, wie das System der gesetzlichen Krankenkassen funktioniert und was der Sinn hinter Rabattverträgen, Reimportquoten, Festbeträgen oder Zuzahlungen ist, gerät man schnell an seine Grenzen.
Und seit dem EuGH-Urteil vom 19. Oktober steht fest: Auch Bundestagsabgeordnete, Gesundheitsexperten und so manche Minister können oder wollen nicht begreifen, was der Richterspruch in Luxemburg für katastrophale Auswirkungen auf unser Gesundheitssystem haben wird.
Die Bundesregierung wurde bisher nicht tätig, weil vor allem die SPD aus Ignoranz oder Taktiererei den Gesetzentwurf des CDU-Gesundheitsministers blockiert. Das Rx-Versandverbot wäre die einzige und effektive Möglichkeit gewesen, die Gefahren für die Patientenversorgung vorübergehend abzuwehren und den Arzneimittelmarkt langfristig neu zu regulieren.
Zur Kasse bitte: Die gesetzliche Zuzahlung für Arzneimittel wird 40 Jahre alt
finden sie in der aktuellen DAZ (2017, Nr. 14) oder » hier auf DAZ.online.
Erschreckend schlecht recherchierte Fakten
Zu allem Überfluss tauchen immer wieder Zeitungsartikel auf, die den „Apothekenminister“ unter dem Einfluss der „Apothekerlobby“ darstellen, der die „Apothekenpreise“ nur zum Wohl des „Apothekenmarktes“ aufrecht erhalten möchte.
Diese Woche hinterfragte die
Süddeutsche Zeitung (SZ) unter dem Titel „Das ist nicht gerecht“ den Zweck von
Zuzahlungen für Medikamente und fand natürlich keinen. Abgesehen vom auffällig
hohen Grad an Emotionalität und Schadenfreude, die in diesen Meinungsbeiträgen
mitschwingt, ist es erschreckend und deprimierend zugleich, mit was für
unprofessionellen Argumenten und schlecht recherchierten Fakten die Autoren
sich über unser gut funktionierendes Gesundheitssystem hermachen, das im
internationalen Vergleich zwar nicht das billigste ist aber medizinische
Versorgung auf höchstem Niveau für alle Menschen jederzeit ermöglicht.
Solidaritätsprinzip klappt nur, wenn sich alle an die Regeln halten
Voraussetzung ist, dass sich alle Beteiligten an Regeln halten, ansonsten kann das Solidaritätsprinzip nicht funktionieren. Dies gilt im Übrigen auch für die Versicherten, denen – im Krankheitsfall leider mehr als sonst – immer wieder klar gemacht werden muss, dass jegliche Leistungen Geld kosten und der finanzielle Spielraum nun mal begrenzt ist. Gesetzlich festgelegte Zuzahlung dienen eben nicht ausschließlich der Mitfinanzierung durch den Patienten – dies wäre nur die halbe Wahrheit – sondern sollen als Steuerungsinstrument Kostentransparenz und Preisbewusstsein schaffen.
Selbstverständlich müssen die Selbstbeteiligungen im sozioökonomischen Verhältnis stehen. Kein chronisch oder akut Erkrankter darf über seine Verhältnisse hinaus belastet werden. Auf der anderen Seite muss bedacht werden, dass Rabatte oder komplette Nachlässe nachgewiesenermaßen zu einer sinnlosen und verschwenderischen Inanspruchnahme von Kassenleistungen führen. Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung und damit die Beiträge aller Versicherten würden ansonsten steigen.
Komplexe Zusammenhänge erklären ist mühsam
Das Fazit des SZ-Artikels ist unter gesundheitsökonomischen und volkswirtschaftlichen Aspekten daher höchst bedenklich und darf eben nicht lauten, dass jegliches Kosten- und Risikobewusstsein vom Betroffenen losgelöst werden sollte. Dieses System wäre weder gerechter noch sparsamer und würde zwangsläufig gegen die Wand fahren.
Doch getreu dem Motto „Only bad news are good news“ lassen sich Halbwahrheiten und Parolen heutzutage bequemer in knappe Zeitungsartikel fassen, als sich die Mühe zu machen, einem möglichst großen Teil der Bevölkerung komplexe Zusammenhänge verständlich darzulegen. Aktuelle Themen aus dem Gesundheitssystem wären hierfür eine passende Gelegenheit und damit könnte man gleichzeitig auch beleuchten, dass hinter den Kulissen unzählige Menschen in Sozial- und Heilberufen – sowohl Angestellte als auch Selbständige – tätig sind, die sich Tag und Nacht persönlich für die Bedürfnisse von Patienten und deren Angehörigen hochmotiviert und -qualifiziert einsetzen.
2 Kommentare
Blog Kommentar Armin Edalat
von Martin Haas am 14.04.2017 um 11:24 Uhr
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AW: Blog Kommentar Armin Edalat
von Dr. Armin Edalat am 18.04.2017 um 13:59 Uhr
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