Revestive®

Teduglutid

30.08.2014


GLP-2-Analogon zur Behandlung von Erwachsenen mit Kurzdarmsyndrom
Bei Patienten mit Kurzdarmsyndrom wird durch den Einsatz von Teduglutid (Revestive®), einem rekombinant hergestellten Analogon des Glucacon-like-Peptids 2 (GLP-2), eine Verbesserung von Symptomen wie Diarrhö, Malabsorption und Elektrolytentgleisung erreicht. Auch kann die benötigte Menge an parenteraler Ernährung deutlich reduziert werden.

Teduglutid 

ATC-Code

A: Alimentäres System und Stoffwechsel


A16: Andere Mittel für das alimentäre System und den Stoffwechsel


A16A: Andere Mittel für das alimentäre System und den Stoffwechsel


A16AX: Sonstige Mittel für das alimentäre System und den Stoffwechsel


A16AX08: Teduglutid


Wirkungsmechanismus

Ein Kurzdarmsyndrom mit weniger als 100 cm verbleibender Resorptionsstrecke resultiert meist aus der chirurgischen Entfernung von großen Teilen des Dünndarms, z. B. bei Morbus-Crohn-Patienten. Eine angeborene Fehlbildung ist ebenfalls möglich. Bei den Betroffenen kommt es zu einer Malabsorption von Fetten und Gallensalzen. Ebenso sind durch die reduzierte Resorption von Flüssigkeiten und Nährstoffen Dehydratation, Mangelernährung und Gewichtsverlust möglich.


Das körpereigene Glucacon-like-Peptid 2 (GLP-2) wird nach einer Mahlzeit aus den L-Zellen von Ileum und Kolon freigesetzt. Es bewirkt durch Erhöhung des intestinalen und portalen Blutflusses sowie durch Reduktion der Darmaktivität eine Steigerung der intestinalen Resorption. Sein Analogon Teduglutid unterscheidet sich lediglich an einer Position des 33 Aminosäuren langen Hormons und wirkt genau wie GLP-2 selbst. Für die Behandlung des Kurzdarmsyndroms ist offenbar der Wachstumseffekt auf die Schleimhaut von besonderer Relevanz. Teduglutid fördert die Wiederherstellung und das normale Wachstum der Darmschleimhaut sowie eine Zunahme der Darmzotten-Höhe und der Darmkrypten-Tiefe. Durch die Aminosäuren-Modifikation wird die Substanz nicht wie GLP-2 durch die Dipeptidyl-Peptidase-IV abgebaut und hat somit eine verlängerte Wirkdauer.

Pharmakokinetik

Resorption: Nach subkutaner Applikation werden innerhalb von drei bis fünf Stunden maximale Plasmaspiegel erreicht. Die Bioverfügbarkeit liegt bei 88%.


Proteinbindung, Verteilung: Das Verteilungsvolumen wird bei Patienten mit Kurzdarmsyndrom mit 103 ml/kg angegeben. Eine Bindung an Plasmaproteine findet nicht statt.


Metabolismus: Teduglutid unterliegt mit hoher Wahrscheinlichkeit dem physiologischen Protein-Katabolismus.


Exkretion: Die Substanz wird nahezu ausschließlich renal über glomeruläre Filtration ausgeschieden. Die Eliminationshalbwertszeit beträgt etwa zwei Stunden.

Dosierung, Art und Dauer der Anwendung

Die empfohlene Dosis liegt bei 0,05 mg/kg Körpergewicht. Zur Verbesserung der Verträglichkeit kann eine Verminderung der Dosis erwogen werden. Bei Patienten mit mäßiger bis schwerer oder terminaler Niereninsuffizienz sollte die tägliche Dosis auf die Hälfte reduziert werden. Der Behandlungserfolg ist nach etwa sechs Monaten zu hinterfragen, bei fehlendem Nutzen ist die Therapie zu beenden. Wegen des Risikos einer Dehydratation sollte Teduglutid mit Vorsicht abgesetzt werden. Bei Patienten, die nicht mehr parenteral ernährt werden, wird dennoch die Fortsetzung der Behandlung empfohlen.

Kontraindikationen

Bei Überempfindlichkeit gegen Teduglutid, aktiver oder vermuteter maligner Erkrankung oder bei Patienten mit einer malignen Erkrankung des Gastrointestinaltraktes, einschließlich des hepatobiliären Systems, in den vergangenen fünf Jahren besteht eine Kontraindikation.

Unerwünschte Wirkungen

Nach Applikation von Teduglutid wurde sehr häufig über Infektionen der Atemwege, Kopfschmerzen, abdominale Schmerzen, Blähungen, Erbrechen, Übelkeit, gastrointestinale Stoma-Komplikationen, periphere Ödeme und Reaktionen an der Injektionsstelle berichtet. Häufig traten weiterhin grippale Infekte, verminderter Appetit, Angstzustände, Schlafstörungen, Parästhesien, kongestive Herzinsuffizienz, Hitzegefühl, Dyspnoe, Husten, Pankreatitis, Darmverschlüsse, Cholestase, Cholezystitis, allergische Dermatitis, Gelenkschmerzen, Nierenkoliken, Empfindlichkeit im Nierenlager, Brustschmerzen, nächtliches Schwitzen und Erhöhungen des C-reaktiven Proteins auf. Es ist allerdings zu bemerken, dass gastrointestinale Komplikationen am Stoma mit Schwellungen auf eine gute Wirksamkeit von Teduglutid hindeuten.

Wechselwirkungen

Teduglutid wirkte in In-vitro-Versuchen nicht inhibierend auf Cytochrom-P450-Enzyme. Peroral verabreichte Begleitmedikationen können allerdings möglicherweise verstärkt gastrointestinal resorbiert werden. Insbesondere bei Substanzen, die eine Dosistitration erfordern oder eine enge therapeutische Breite aufweisen, ist daher erhöhte Vorsicht geboten.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Eine Teduglutid-Therapie sollte erst begonnen werden, wenn der postoperative Patient nach intestinaler Adaption stabil ist. Unter einer Teduglutid-Therapie muss mit dem Auftreten von Darmverschlüssen, chronischen oder akuten Pankreatitiden, Stenosen des Pankreasgangs, Pankreasinfektionen, erhöhter Amylase bzw. Lipase im Blut, Cholezystitis, Cholangitis und Cholelithiasis gerechnet werden. Eine entsprechende Überwachung der Patienten ist daher angeraten. Auch sollten zu Beginn und im Verlauf der Teduglutid-Behandlung regelmäßig Koloskopien zur Entfernung von möglichen Darmpolypen durchgeführt werden, da in klinischen Studien Dickdarmpolypen diagnostiziert wurden. Im Falle einer Malignität ist die Therapie zu beenden. In einer präklinischen Kanzerogenitätsstudie wurden weiterhin Neoplasien des gastrointestinalen und hepatobiliären Systems durch Teduglutid festgestellt. Aus klinischen Studien liegen hierzu jedoch keine entsprechenden Befunde vor. Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen wie Herzinsuffizienz und Hypertonie sollten insbesondere zu Beginn der Therapie mit Teduglutid hinsichtlich einer möglichen Flüssigkeitsretention überwacht werden. Zur Behandlung von Patienten mit schwerer Leberinsuffizienz liegen keine Erfahrungen vor. Allerdings ergaben sich bei mäßigen Lebererkrankungen keine Hinweise auf Anwendungsbeschränkungen. Sicherheit und Wirksamkeit von Teduglutid sind bei Kindern unter 18 Jahren bislang nicht erwiesen.

Schwangerschaft und Stillzeit

Wegen fehlender Erfahrungen sollte die Anwendung von Teduglutid während der Schwangerschaft und der Stillzeit vermieden werden. Ein Risiko für den Fetus bzw. Säugling kann derzeit nicht ausgeschlossen werden. Tierexperimentelle Befunde ergaben jedoch keine Hinweise auf mögliche Schädigungen.

Handelspräparat Revestive® 

Hersteller

NPS Pharma Holdings Limited, Dublin (Irland)

Einführungsdatum

30. August 2014

Zusammensetzung

5 mg Teduglutid in 0,5 ml Lösung

Sonstige Bestandteile

L-Histidin, Mannitol, Natriumdihydrogenphosphat-Monohydrat, Dinatriumhydrogenphosphat-Heptahydrat, Natriumhydroxid (zur pH-Wert-Einstellung), Salzsäure (zur pH-Wert-Einstellung), Wasser für Injektionszwecke

Packungsgrößen, Preise, PZN

28 x 5 mg Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung, 28233,71 Euro, PZN 10320102

Indikation

Erwachsene mit Kurzdarmsyndrom nach Eintritt der postoperativen intestinalen Adaption

Dosierung

Die empfohlene Dosis beträgt einmal täglich 0,05 mg/kg Körpergewicht subkutan. Bei Patienten mit einer mäßigen oder schweren Nierenfunktionsstörung (Kreatinin-Clearance < 50 ml/min) und bei Patienten mit terminalen Nierenerkrankungen sollte die tägliche Dosis um 50% reduziert werden.

Kontraindikationen

Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff, aktive oder vermutete Krebserkrankung, Patienten mit einer Vorgeschichte einer malignen Erkrankung des Gastrointestinaltraktes, einschließlich des hepatobiliären Systems, in den vergangenen fünf Jahren.

Unerwünschte Wirkungen

Als häufigste Nebenwirkungen wurden abdominale Schmerzen und Blähungen (49%), Atemwegsinfektionen (28%), Übelkeit (27%), Reaktionen an der Injektionsstelle (21%), Kopfschmerzen (17%), Erbrechen (14%) und periphere Ödeme (10%) beschrieben. Bei etwa 38% der behandelten Patienten mit Stoma gab es gastrointestinale Komplikationen des Stomas.

Wechselwirkungen

Basierend auf der pharmakodynamischen Wirkung von Teduglutid besteht die Möglichkeit einer erhöhten Absorption der Begleitmedikation.

Warnhinweise, Vorsichtsmaßnahme

Zu Beginn und während der Behandlung mit Teduglutid sollten regelmäßig Koloskopien zur Entfernung von möglichen Darmpolypen durchgeführt werden. In klinischen Studien sind Fälle von Darmverschluss, Gallenblasenentzündung, Gallengangentzündung und Gallensteinbildung, chronische oder akute Pankreatitis, Stenosen des Pankreasgangs, Pankreasinfektionen oder erhöhte Amylase und Lipase im Blut berichtet worden. Zur Behandlung von Patienten mit schwerer Leberinsuffizienz liegen keine Erfahrungen vor.

Literatur

[1] Fachinformation zu Revestive®, Stand Mai 2014


[2] Vipperla K, O‘Keefe SJ. Study of teduglutide effectiveness in parenteral nutrition-dependent short-bowel syndrome subjects. Expert Rev Gastroenterol Hepatol. 2013;7(8):683-687


[3] Jeppesen PB, Pertkiewicz M, Messing B, Iyer K, et al. Teduglutide reduces need for parenteral support among patients with short bowel syndrome with intestinal failure. Gastroenterology. 2012;143(6):1473-1481


[4] EPAR summary for the public. Revestive® Teduglutide. EMA/431522/2012; European Medicines Agency; www.ema.europe.eu

Copyright

©2014-2022 Deutscher Apotheker Verlag, Neue Arzneimittel, Beilage der Deutschen Apotheker Zeitung

Datenstand

12/2014

Apothekerin Dr. Monika Neubeck