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Piqray®
Alpelisib
Phosphoinositid-3-Kinase(PI3Kα)-Inhibitor
Alpelisib (Piqray®) ist ein α-spezifischer Phosphoinositid-3-Kinase(PI3Kα)-Inhibitor. Die Substanz ist zur Behandlung von Männern und postmenopausalen Frauen mit Hormonrezeptor(HR)positivem und humanem epidermalem Wachstumsfaktor-Rezeptor-2(HER2)-negativem Brustkrebs indiziert, der lokal fortgeschritten oder metastasiert ist und eine PIK3CA-Mutation aufweist. Alpelisib wird normalerweise in Kombination mit dem Estrogenrezeptor-Antagonisten Fulvestrant angewendet.
Alpelisib
ATC-Code
L: Antineoplastische und immunmodulierende Mittel
L01: Antineoplastische Mittel
L01X: Andere antineoplastische Mittel
L01XX: Andere antineoplastische Mittel
Wirkungsmechanismus
Die Phosphatidylinositol-3-Kinase (PI3K) besitzt neben einer regulatorischen eine katalytische Untereinheit, die in vier Isoformen (α, β, γ und δ) vorkommt. Ihre Aktivierung führt zur Bildung von Second Messengern, die wiederum verschiedene Enzyme anregen, die für Proliferation, Motilität und Überleben von Zellen verantwortlich sind. Die α- und β- PI3K-Isoformen werden in vielen Körpergeweben exprimiert, die γ- und δ-Isoformen kommen dagegen praktisch nur in hämatopoetischen Zellen vor. Das PIK3CA-Gen kodiert für die katalytische α-Untereinheit der PI3K. Sogenannte Gain-of-Function-Mutationen in PIK3CA führen zu einer verstärkten Aktivierung des PI3Kα-AKT-mTOR-Signalwegs und damit zu einem Anstieg der zellulären Proliferation und einem Rückgang von Apoptose. Wie in Brustkrebszelllinien und Xenotransplantations-Modellen mit PIK3CA-Mutation gezeigt wurde, hemmt der PI3Kα-Inhibitor Alpelisib die Phosphorylierung von PI3K nachgeschalteten Zielmolekülen einschließlich der Proteinkinase AKT. Als Folge ist das Tumorwachstum in den Brustkrebszellen reduziert, während die Estrogenrezeptor-Transkription und die Apoptose-Raten ansteigen. In Xenotransplantations-Modellen mit Estrogenrezeptor-positiven Brustkrebszelllinien und gleichzeitiger Mutation im PIK3CA-Gen zeigte die Kombination von Alpelisib und dem Estrogenrezeptor-Antagonisten Fulvestrant im Vergleich zur jeweiligen Monotherapie eine erhöhte Antitumoraktivität. Der PI3Kα-AKT-mTOR-Signalweg ist auch für die Glucose-Homöostase verantwortlich. Eine häufige, jedoch mit der Antitumorwirkung direkt assoziierte Nebenwirkung des PI3K-Hemmers Alpelisib ist die Hyperglykämie.
Pharmakokinetik
Resorption: Nach peroraler Gabe von Alpelisib treten innerhalb von zwei bis vier Stunden maximale Plasmaspiegel auf. Bei Einnahme nach einer Mahlzeit liegt die Bioverfügbarkeit bei mehr als 99%, im Nüchternzustand im Bereich von 70%.
Proteinbindung, Verteilung: Die Plasmaproteinbindung beträgt etwa 90%, das Verteilungsvolumen 114 Liter. Alpelisib ist ein Substrat des Effluxtransporters Breast Cancer Resistance Protein (BCRP).
Metabolismus: Der Wirkstoff wird in erster Linie mittels chemischer und enzymatischer Amidhydrolyse durch ubiquitär exprimierte, hochkapazitive Enzyme wie Esterasen, Amidasen oder Cholinesterase biotransformiert. In geringem Umfang sind auch CYP3A4 und Glucuronyltransferasen an der Metabolisierung beteiligt.
Exkretion: Mehr als 80% einer Dosis erscheinen in Form von Muttersubstanz und dem Hydrolyseprodukt in den Fäzes. Im Urin werden etwa 14% überwiegend als Metaboliten wiedergefunden. Die Eliminationshalbwertszeit liegt zwischen acht und neun Stunden.
Dosierung, Art und Dauer der Anwendung
Alpelisib wird normalerweise einmal täglich in einer Dosis von 300 mg unmittelbar nach einer Mahlzeit eingenommen. Die Behandlung sollte so lange fortgeführt werden, wie ein klinischer Nutzen beobachtet wird oder bis inakzeptable Toxizität auftritt. Eine versäumte Alpelisib-Dosis kann innerhalb von neun Stunden nachgeholt werden, bei weiterer Verspätung ist die Applikation auszulassen. Auch bei Erbrechen sollte eine zusätzliche Einnahme an diesem Tag unterbleiben. Am Folgetag ist zur üblichen Zeit mit dem vorgesehenen Dosierungsschema fortzufahren. Therapie-assoziierten Hautausschlägen kann über die prophylaktische Gabe oraler Antihistaminika oder eine topische Behandlung mit Corticosteroiden begegnet werden. Beim Auftreten von schweren Nebenwirkungen wie Überempfindlichkeitsreaktionen, Pneumonitis oder Diarrhö können eine vorübergehende Unterbrechung der Einnahme, eine Dosisreduktion und/oder die Beendigung der Behandlung erforderlich sein. Falls zwei Dosisreduktionen nicht zu einem ausreichenden Rückgang der Toxizität führen, ist die Therapie mit Alpelisib dauerhaft abzubrechen. Bei der Behandlung von Patienten über 75 Jahre sowie mit schwerer Leber- oder Niereninsuffizienz ist wegen fehlender Erfahrungen Vorsicht geboten. Sicherheit und Wirksamkeit für den Einsatz von Alpelisib bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren sind nicht erwiesen.
Kontraindikationen
Bei Überempfindlichkeit gegen Alpelisib besteht eine Kontraindikation. Die Behandlung darf zudem bei Patienten mit schweren Hautreaktionen in der Anamnese nicht eingeleitet werden.
Unerwünschte Wirkungen
Während der Behandlung mit Alpelisib kommt es sehr häufig zu Harnwegsinfektionen, Blutbildveränderungen, vermindertem Appetit, Gewichtsverlust, reduzierten Albumin- und Elektrolyt-Spiegeln, abweichenden Blutglucose-Spiegeln, Kopfschmerzen, Dysgeusie, gastrointestinalen Störungen, Haut- und Schleimhautreaktionen, Alopezie, Ermüdung, Ödemen, Fieber, einer verlängerten aktivierten partiellen Thromboplastinzeit sowie zu erhöhten Lipase- und Leberenzym-Werten. Häufig treten verschwommenes Sehen, trockenes Auge, Überempfindlichkeit, Dehydratation, Schlaflosigkeit, Hypertonie, Lymphödeme, Pneumonitis, Zahnschmerzen, Gingivitis, Cheilitis, Palmar-plantare Erythrodysästhesie-Syndrome, Erythema multiforme, Muskelkrämpfe, Myalgien, Osteonekrosen des Kiefers und akute Nierenschädigungen auf. Gelegentlich wird über Ketoazidosen, Pankreatitis und Stevens-Johnson-Syndrome berichtet.
Wechselwirkungen
Beim kombinierten Einsatz von Alpelisib und Inhibitoren des Transporters BCRP wie Eltrombopag, Lapatinib oder Pantoprazol wird eine Überwachung auf Toxizität durch den PI3Kα-Inhibitor empfohlen. Es besteht die Gefahr erhöhter Alpelisib-Plasmaspiegel, da die Substanz in der Leber und im Darm durch BCRP ausgeschleust wird und auch selbst ein Inhibitor des Transporters ist. Alpelisib induziert zudem die Biotransformationsenzyme CYP2B6 sowie CYP2C9 und hemmt die Enzyme CYP2C8, CYP2C9 sowie CYP2C19. Beim gleichzeitigen Einsatz entsprechender Substrate mit geringer therapeutischer Breite wie Vitamin-K-Antagonisten oder Bupropion ist daher Vorsicht geboten. Alpelisib und/oder sein Metabolit BZG791 hemmen möglicherweise die Transporter OAT3- und P-gp. Bis zur Klärung des Sachverhalts sollten entsprechende sensitive Substrate nur unter Überwachung kombiniert angewendet werden. Das Enzym CYP3A wird durch Alpelisib je nach Konstellation gehemmt oder induziert. Daher ist insbesondere bei gleichzeitig eingesetzten Substraten, die wie Rifampicin oder Encorafenib ihrerseits die CYP3A-Aktivität beeinflussen, Vorsicht geboten. Zumindest bei Einnahme von Alpelisib direkt nach einer Mahlzeit ist keine relevante Interaktion mit Protonenpumpenhemmern, H2-Rezeptorantagonisten und anderen Antazida zu erwarten. Nach Nüchterneinnahme ist die Bioverfügbarkeit des Antitumor-Wirkstoffs bei Anwendung von Säurehemmern jedoch verringert.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen
Alpelisib sollte ausschließlich bei Patienten mit Hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem fortgeschrittenen Mammakarzinom und bestätigter PIK3CA-Mutation appliziert werden. Während der Behandlung mit Alpelisib kann es zu schweren, mitunter lebensbedrohlichen Nebenwirkungen wie Überempfindlichkeiten bis hin zu Anaphylaxie kommen. Vor allem bei entsprechend prädisponierten Patienten ist Vorsicht geboten. In den ersten Therapiewochen empfiehlt sich wegen der Gefahr von schweren Hyperglykämien eine engmaschige Kontrolle der Blutzuckerwerte. Auch Nicht-Diabetiker sind hinsichtlich Hyperglykämie-Symptomen wie übermäßigem Durst, häufigerem Wasserlassen, größeren Harnmengen und gesteigertem Appetit mit Gewichtsverlust aufzuklären. Erforderlichenfalls sollte der Einsatz von Antidiabetika erwogen werden. Anzeichen schwerer Hautreaktionen unter Alpelisib wie Stevens-Johnson-Syndrom und Erythema multiforme können neben fortschreitendem Hautausschlag auch Fieber, grippeähnliche Beschwerden oder Schleimhautläsionen sein. Die Betroffenen sollten umgehend und effektiv behandelt werden. Gegebenenfalls kann ein dauerhaftes Absetzen von Alpelisib erforderlich sein. Die Behandlung mit dem PI3Kα-Inhibitor ist zudem mit dem Auftreten von teilweise schweren Fällen von Pneumonitis bzw. akuter interstitieller Lungenerkrankung assoziiert. Die Patienten sollten daher auf neu aufgetretene oder sich verschlechternde Atemwegssymptome wie Husten oder Dyspnoe achten. Durch Alpelisib ausgelöste schwere Diarrhöen können Dehydratationen und akute Nierenschädigungen zur Folge haben. Bei den meisten Betroffenen ist neben einer verstärkten oralen Flüssigkeitszufuhr der Einsatz von Antidiarrhoika wie Loperamid zur Symptombeherrschung angeraten. Insbesondere bei Patienten, die neben Alpelisib auch Bisphosphonate oder Denosumab erhalten, besteht ein erhöhtes Risiko für Osteonekrosen des Kiefers. Bei neuen oder sich verschlechternden Symptomen wie Zahnbeweglichkeit, Schmerzen oder Schwellungen im Mund sowie bei nicht heilenden Mundgeschwüren oder Absonderungen ist ärztlicher Rat einzuholen.
Schwangerschaft und Stillzeit
Alpelisib ist derzeit nur für postmenopausale Frauen indiziert und darf nicht während der Schwangerschaft oder von nicht verhütenden, gebärfähigen Frauen eingenommen werden. Tierexperimentelle Studien haben embryotoxische, fetotoxische und teratogene Wirkungen sowie Reproduktionstoxizität gezeigt. Im Zweifelsfall sollte vor Therapiebeginn ein Schwangerschaftstest durchgeführt werden. Wenn Alpelisib dennoch bei gebärfähigen Frauen zum Einsatz kommt, müssen sie während und bis mindestens eine Woche nach dem Ende der Alpelisib-Behandlung eine zuverlässige Kontrazeption in Kombination mit einer Barrieremethode anwenden. Männliche Patienten mit Sexualpartnerinnen, die schwanger sind bzw. schwanger werden könnten, sollten während und bis mindestens eine Woche nach dem Ende der Therapie beim Geschlechtsverkehr ein Kondom verwenden. Es ist nicht bekannt, ob Alpelisib in die Muttermilch übergeht. Wegen der Gefahr schwerer Nebenwirkungen auf den Säugling wird empfohlen, während der Behandlung und bis mindestens eine Woche nach der letzten Dosis nicht zu stillen.
Handelspräparat Piqray®
Hersteller
Einführungsdatum
Zusammensetzung
50 mg, 150 mg bzw. 200 mg Alpelisib
Sonstige Bestandteile
mikrokristalline Cellulose, Mannitol (Ph. Eur.), Carboxymethylstärke-Natrium (Typ A) (Ph. Eur.), Hypromellose, Magnesiumstearat (Ph. Eur.) [pflanzlich], Eisen(III)-oxid (E172), Eisen(II,III)-oxid (E172), Titandioxid (E171), Macrogol 4000, Talkum
Packungsgrößen, Preise, PZN
28 Filmtabletten à 150 mg, 3139,28 Euro, PZN 16020105;
56 Filmtabletten à 150 mg, 6222,63 Euro, PZN 16020111;
28 Filmtabletten à 200 mg, 6222,63 Euro, PZN 16020134;
56 Filmtabletten à 50 bzw. 200 mg, 6222,63 Euro, PZN 16020157
Indikation
postmenopausale Frauen und Männer mit einem Hormonrezeptor-positiven, humanen epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor-2-negativen, lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Mammakarzinom mit PIK3CA-Mutation in Kombination mit Fulvestrant, bei Fortschreiten der Erkrankung nach endokriner Therapie als Monotherapie
Dosierung
Die empfohlene Dosis beträgt einmal täglich 300 mg Alpelisib.
Kontraindikationen
Überempfindlichkeit gegen Alpelisib
Unerwünschte Wirkungen
In der Zulassungsstudie kam es bei mehr als der Hälfte der Patienten zu erhöhten Plasmaglucose- (79,2%), Kreatinin- (67,6%) und Gamma-Glutamyltransferase-Werten (53,2%), Diarrhö (59,5%), Hautausschlägen (51,8%) sowie zu reduzierten Lymphozyten-Zahlen (55,3%).
Wechselwirkungen
Bei gleichzeitiger Behandlung mit Inhibitoren von BCRP wie Eltrombopag, Lapatinib oder Pantoprazol ist Vorsicht geboten. Alpelisib kann die metabolische Clearance gleichzeitig gegebener Arzneimittel induzieren, die von CYP2B6, CYP2C9 und CYP3A abgebaut werden, und die metabolische Clearance gleichzeitig applizierter Arzneimittel hemmen, die von CYP2C8, CYP2C9, CYP2C19 und CYP3A4 abgebaut werden.
Warnhinweise, Vorsichtsmaßnahme
Unter der Behandlung mit Alpelisib wurden anaphylaktische Reaktionen, schwere Hautreaktionen, Hyperglykämien, Pneumonitis, akute interstitielle Lungenerkrankungen, Osteonekrosen des Kiefers sowie schwere Diarrhöen mit entsprechenden klinischen Folgen wie Dehydratation und akute Nierenschädigung beobachtet.
Literatur
[1] Fachinformation zu Piqray®, Stand Juli 2020
[2] André F, Ciruelos E, Rubovszky G, Campone M et al. Alpelisib for PIK3CA-mutated, hormone receptor-positive advanced breast cancer. N Engl J Med 2019;380(20):1929-1940
[3] EPAR summary for the public. Piqray® Alpelisib. EMA/298596/2020; European Medicines Agency; www.ema.europe.eu
01.09.2020