DAZ aktuell

Arzneihaftung: Regelungsdruck vorhanden

BONN (im). Patienten sollen besser vor Arzneimittelschäden geschützt werden. Sie sollen leichter als bisher Ansprüche auf Schadenersatz geltend machen und Entschädigungen aus einem Fonds der pharmazeutischen Unternehmen beanspruchen können. Dies sind die Ziele eines Gesetzentwurfs der SPD-Bundestagsfraktion, die damit dem Thema Haftungsregelung wieder einen Schub gibt. Am 5. März fand im Bundestag sowohl die erste Beratung des SPD-Entwurfs als auch der 8. Novelle des Arzneimittelgesetzes (AMG-Novelle) statt. Es ist nach wie vor offen, ob im Entwurf der 8. AMG-Novelle die verschärfte Haftung der Hersteller aufgenommen wird, was im parlamentarischen Verfahren noch geschehen könnte. Die Bundesregierung setzt allerdings auf einen übergreifenden Gesetzentwurf, der noch in diesem Monat im Kabinett vorgelegt werden soll.

Die Vorgeschichte Die Sozialdemokraten verweisen darauf, daß gesetzgeberische Konsequenzen aus dem HIV-Skandal um verseuchte Blutprodukte Ende der 80er Jahre nach wie vor fehlen. Dabei habe der Bundestags-Untersuchungsausschuß der vergangenen Wahlperiode damals Forderungen aufgestellt, die kurzfristig umgesetzt werden sollten. So sollten künftig auch mittelbar Geschädigte wie die Opfer von Sekundärinfektionen erfaßt und die Beweisführung durch die Geschädigten erleichtert werden, damit auf den Opfern nicht neben dem Schaden noch die Beweisführung laste. Ein Anspruch auf Schmerzensgeld wurde darin ebenso gefordert wie ein Entschädigungsfonds der Pharma-Unternehmen.

SPD: Jetzt handeln Die SPD hat in der vergangenen Woche einen Entwurf zur Änderung des Haftungsrechts des Arzneimittelgesetzes (AMG) vorgelegt. Ist der Schädiger identifizierbar, soll es bei der geltenden Individualhaftung bleiben, modifiziert durch die Beweislastumkehr zugunsten des Geschädigten. Danach soll der pharmazeutische Unternehmer beweisen, daß schädliche Wirkungen nicht auf sein Medikament zurückgehen. Gelingt ihm der Nachweis, daß sein Präparat generell nicht geeignet ist, Schäden zu verursachen, oder daß diese nicht aus der Entwicklung, Herstellung oder der Arznei-Information herrühren, ist der Anspruch des Geschädigten gescheitert. Kann der Unternehmer das nicht beweisen, wird vermutet, daß die Verletzung der Rechtsgüter des Geschädigten durch das Medikament verursacht wurde. In den Fällen, in denen der Schädiger nicht zu identifizieren ist, weil der Geschädigte zum Beispiel Arzneimittel verschiedener Hersteller eingenommen hat, soll der Fonds der Industrie zahlen. Das Bundesgesundheitsministerium solle mit dem Bundesjustizministerium Vorschriften dazu erlassen. Diejenigen Personen, die während der klinischen Prüfung eines Arzneimittels geschädigt werden, sollen imselben Umfang Schadenersatz beanspruchen können wie Personen, die durch zugelassene Präparate Verletzungen erlitten. Auch sekundär Geschädigte sollen in den Schutzbereich des Arzneimittelgesetzes aufgenommen werden, dies gelte zum Beispiel für Infektionen durch Personen, die wiederum durch Arzneimittel infiziert wurden.

AMG-Novellen Zur Zeit laufen mehrere Novellen des AMG. Die 7. AMG-Novelle, die Regelungen zur Zulassung enthält, ist am 4. März in Kraft getreten. Die 8. AMG-Novelle ist umfassender und regelt unter anderem das Verbot des Arzneiversands sowie Doping, sie steht noch am Anfang des parlamentarischen Verfahrens. Es ist nach wie vor offen, ob hier die verschärfte Haftung der Hersteller aufgenommen wird, was im weiteren Verlauf noch geschehen könnte. Das Bundesjustizministerium arbeitet bekanntlich an einer übergeordneten Neuregelung, die auch andere Bereiche wie das Atomrecht einschließen würde. Befürworter einer Neuregelung der Arzneihaftung befürchten allerdings, daß diese so auf die lange Bank geschoben wird. Auch vor diesem Hintergrund drängt die SPD auf eine Lösung im Arzneimittelgesetz. Anfang der 80er Jahre wurden durch Blutprodukte über 2000 Menschen in Deutschland mit HIV infiziert. Ein Untersuchungsausschuß des Bundestags hatte diese Ereignisse 1993 und 1994 untersucht und Verbesserungsvorschläge unter anderem für das Transfusionswesen gemacht. Die meisten dieser Vorschläge wurden umgesetzt, die für ein neues Haftungsrecht jedoch noch nicht.

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