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Arzneimittel und Therapie
Trovafloxacin: Neue Waffe im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen
Die Gruppe der Fluorochinolone umfaßt mittlerweile eine Vielzahl von Substanzen, die aufgrund ihrer antibakteriellen Wirksamkeit und Pharmakokinetik in verschiedene Gruppen eingeteilt werden (siehe Tabelle). Ihre bakterizide Wirkung entsteht durch Hemmung der bakteriellen DNA-Gyrase (Topoisomerase II) und Topoisomerase IV, wobei bei gramnegativen Bakterien die Gyrasehemmung und bei grampositiven Bakterien die Hemmung der Topoisomerase IV im Vordergrund steht. Bakterien benötigen die Gyrase vor allem zur Transkription, Vermehrung und Reparatur der DNA. Die Topoisomerase IV spielt eine wichtige Rolle bei der Aufteilung der DNA während der Zellteilung. Der Wirkmechanismus der Fluorochinolone unterscheidet sich grundsätzlich von den Wirkmechanismen anderer Antibiotikagruppen, weshalb Kreuzreaktionen z.B. mit Aminoglykosiden, Beta-Lactamen oder Makroliden kaum auftreten. Resistenzentwicklungen sind natürlich auch bei den "neuen" Fluorochinolonen nicht auszuschließen. Allerdings wird das Auftreten von klinisch relevanten Resistenzen dadurch erschwert, daß nicht nur ein Mutationsschritt im bakteriellen Genom, sondern mehrere stattfinden müssen.
Verbesserte antimikrobielle Aktivität Im Januar diesen Jahres wurde das neue Fluorochinolon Trovafloxacin in den USA unter dem Handelsnamen Trovan® zugelassen. In Europa wurde die Substanz im Rahmen eines zentralen europäischen Verfahrens geprüft und bereits positiv bewertet. Die mikrobielle Wirksamkeit von Trovafloxacin bei gramnegativen Bakterien ist der von Ciprofloxacin vergleichbar. Darüber hinaus besitzt Trovafloxacin auch eine gute Wirksamkeit im grampositiven Bereich. In verschiedenen Studien konnte im Vergleich zu den bisher auf dem Markt befindlichen Fluorochinolonen eine verbesserte Aktivität gegen Pneumokokken (auch bei bereits penicillinresistenten), Staphylokokken und Enterokokken nachgewiesen werden, ebenso bei atypischen Erregern wie Mykoplasmen, Chlamydien und Legionellen. Trovafloxacin ist außerdem das erste Chinolon, bei dem eine klinisch relevante anaerobe Wirksamkeit gezeigt werden konnte.
Gute Verträglichkeit in Studien Die Verträglichkeit von Trovafloxacin wurde im Rahmen von kontrollierten klinischen Studien der Phase I bis III bei insgesamt 8054 Patienten geprüft. Als häufigste Nebenwirkungen traten Benommenheit, Übelkeit und Kopfschmerzen auf, in den meisten Fällen (mehr als 90%) waren die Beschwerden mild bis mäßig ausgeprägt. Photosensibilisierung, die unter einigen Chinolonen beobachtet wird, stellte bei der Gabe von Trovafloxacin kein Problem dar. Schwerwiegende Nebenwirkungen, wie beispielsweise Psychosen, wurden unter Trovafloxacin nur in Einzelfällen beobachtet. Bei Kindern in der Wachstumsphase, während der Schwangerschaft und Stillzeit sollte Trovafloxacin jedoch trotz der vergleichsweise geringen Nebenwirkungsrate nicht eingesetzt werden.
Indikation: Atemwegsinfektionen Ein Schwerpunkt des Einsatzes von Trovafloxacin ist die Therapie von Atemwegsinfektionen, wie Pneumonien, Sinusitis und chronische Bronchitis. Ein weiterer Schwerpunkt ist der chirurgische Bereich mit aeroben und anaeroben Infektionen, beispielsweise komplizierte Infektionen im Bauchraum oder Haut- und Weichteilinfektionen, für deren Behandlung sich Trovafloxacin aufgrund seiner Anaerobierwirkung eignet. Gleiches gilt für den gynäkologischen Bereich, bei dem anaerobe Infektionen ebenfalls eine große Rolle spielen. Eine Zulassung für die Indikation Harnwegsinfektionen ist für Trovafloxacin dagegen nicht vorgesehen, da sich hier keine Vorteile gegenüber bisher eingesetzten Chinolonen gezeigt haben.
Pharmakokinetische Daten Trovafloxacin zeichnet sich durch eine lange Halbwertszeit (11 h) und eine gute Bioverfügbarkeit (ca. 88%) aus. Die Serumspiegel verlaufen nach oraler und parenteraler Gabe nahezu gleich, was ein problemloses Umsteigen von oraler auf intravenöse Gabe oder umgekehrt ermöglicht. Die Proteinbindung von Trovafloxacin liegt bei 76%, verstoffwechselt wird überwiegend durch Konjugation, der oxidative Metabolismus über Cytochrom P450 spielt kaum eine Rolle. Die Ausscheidung erfolgt vor allem über die Galle, nur 23% werden über die Nieren ausgeschieden.
Anwendung und Dosierung Aufgrund der langen Halbwertszeit reicht eine einmal tägliche Gabe von Trovafloxacin aus. Im allgemeinen wird eine 200-mg-Dosis, intravenös oder oral, empfohlen, für schwere Infektionen steht daneben auch eine 300-mg-Form für die parenterale Applikation zur Verfügung. Die empfohlene Anwendungsdauer für Trovafloxacin liegt bei 7 bis 14 Tagen.
Quelle Prof. Dr. Norbert Lehn, Regensburg, Prof. Dr. Hartmut Lode, Berlin, Prof. Dr. René Gordon Holzheimer, Halle, Dr. Christine Schellhorn, Karlsruhe; Pressekonferenz: "Trovafloxacin: Eine neue Ära in der Antibiotikatherapie"; Berlin, 10. bis 11. März 1998, veranstaltet von Pfizer GmbH, Karlsruhe. Dr. Beatrice Rall, Stuttgart
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