DAZ aktuell

Schmaler Grat: Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel

Die rechtlichen Schwierigkeiten bei der Abgrenzung von Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln standen im Mittelpunkt eines Referates von Rechtsanwalt Wolfgang Reinsch auf dem diesjährigen Pharma Recht-Tag in Frankfurt.

Dabei wurde deutlich, daß die zutreffende Einordnung in die jeweilige Produktgruppe aufgrund der unterschiedlichen Rechtsfolgen in der Praxis von großer Bedeutung ist. Nahrungsergänzungsmittel unterfallen dem Lebensmittelrecht und werden daher rechtlich grundlegend anders behandelt als Arzneimittel. Für sie gelten z.B. nicht die strengen Anforderungen des Arzneimittelgesetzes über das Erfordernis der Zulassung (§21 AMG) oder der Packungsbeilage. Auch hängt die Reichweite der Eingriffsbefugnisse der für die Überwachung zuständigen Landesbehörden davon ab, ob es sich bei dem in den Verkehr gebrachten Mittel (bloß) um ein Nahrungsergänzungsmittel oder um ein Arzneimittel handelt. So ist z.B. die zuständige Überwachungsbehörde insbesondere gem. §69 AMG zu einschneidenden Maßnahmen ermächtigt, sie kann die Untersagung des Inverkehrbringens oder einen Rückruf des betroffenen Produkts anordnen, wenn ein Mittel als Nahrungsergänzungsmittel auf den Markt kommt, obwohl es sich begrifflich um ein Arzneimittel handelt. Im Hinblick auf die grundlegend unterschiedliche Behandlung von Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln findet sich zunehmend Kritik, daß der Begriff Nahrungsergänzungsmittel weder in Deutschland noch in den weiteren überwiegenden Teilen der Europäischen Union rechtlich abschließend definiert sei.

Rechtsunsicherheiten

Der Vortrag von Rechtsanwalt Wolfgang Reinsch wies auf diese Problematik und die damit verbundene ausgeprägte Rechtsunsicherheit hin. Er zeigte auf, daß hierdurch sogar der freie Warenverkehr im europäischen Binnenmarkt gefährdet wird.
Mangels einer normierten Begriffsdefinition hat die Abgrenzung von Arzneimitteln und Lebensmitteln aufgrund der objektiven Zweckbestimmung des Produkts zu erfolgen, d.h., es ist danach zu fragen, ob das entsprechende Produkt nach seiner überwiegenden Bestimmung Zwecken des §2 Abs.1 AMG dient. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich anhand objektiver Maßstäbe, für die die Verkehrsauffassung maßgeblich ist. Hierzu hat sich im Laufe der Zeit in der Rechtsprechung ein Kriterienkatalog entwickelt.
Insbesondere bei Vitamin- und Mineralstoffpräparaten bereitet die Einordnung Schwierigkeiten, maßgeblich ist dabei u.a. die Höhe der jeweiligen Dosierung. Stoffe, die üblicherweise vom Körper selbst hergestellt werden, sind in der Regel keine Arzneimittel, weil die hinzugefügten Stoffe insoweit als Ersatz dienen und damit nach ihrer überwiegenden Zweckbestimmung nicht zum Verzehr bestimmt sind.
Abschließend wies Reinsch in seinem Referat auf Initiativen europäischer Wirtschaftsverbände zur Definitionsabgrenzung von Nahrungsergänzungsmittel hin. Insbesondere Diskussionspapiere der Europäischen Kommission aus den Jahren 1991 und 1997 lösten bereits große Resonanz aus, und es erscheint wahrscheinlich, daß eine Regelung auf EU-Ebene getroffen wird, die auch Vitamin- und Mineralstoffpräparate berücksichtigt.

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