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Gesundheitszentrum Apotheke: Muß die "heilige Kuh" geschlachtet werden?
Bereits im Jahr 1994 beauftragte der Bundesrat die Bundesregierung zu prüfen, "inwieweit die Apothekenbetriebsordnung von Detailregelungen befreit und auf Rahmenvorgaben beschränkt werden kann, die ggf. durch berufsständische Regelungen zu ergänzen sind". Auslöser für diese Überprüfung sei möglicherweise, so Schmall, u.a. auch der Eindruck gewesen, die Apothekenbetriebsordnung sei für die Weiterentwicklung der Apotheke zum Gesundheitszentrum ein Hemmschuh. Die Frage allerdings sei, wie eine Apotheke als Gesundheitszentrum aussehe. Nach Ansicht des Bundesrates gehörten neben der Arzneiversorgung auch die gesundheitsbezogene Beratungskompetenz dazu, z.B. in Ernährungsfragen und in allgemeiner gesundheitlicher Prävention. Vor diesem Hintergrund sehe er keine Bestimmungen von seiten der Apothekenbetriebsordnung, die der Entwicklung der Apotheke in Richtung Gesundheitszentrum entgegenstünden, merkte Schmall deutlich an.
Soll das Labor abgeschafft werden? Bei der Forderung des Bundesrates nach einer Befreiung der Apothekenbetriebsordnung von Detailregelungen denken einige Apothekerinnen und Apotheker an die Abschaffung des Labors, an das Schlachten einer "heiligen Kuh", wie Schmall es salopp formulierte. Damit verbunden wäre ein Raumgewinn und die Einsparung von personellen Ressourcen und Kosten. Der BAK-Präsident warnte jedoch davor, auf das Labor verzichten zu wollen. So müsse z.B. das Labor immer in Verbindung mit der Rezeptur und Defektur gesehen werden. Ohne Labor könnten keine Rezepturen mehr angefertigt werden, da die Prüfung der Ausgangssubstanzen nicht mehr möglich wäre. Schmall hält eine Herstellung von Arzneimitteln ohne vorherige Prüfung allein aus Sicherheitsgründen für nicht akzeptabel, auch im Sinne des Verbraucherschutzes. Darüber hinaus dokumentiere die Prüfung die naturwissenschaftliche analytische Ausbildung: Fiele das Labor weg, bestünde nach Schmall die Gefahr, daß die analytische Ausbildung in der Approbationsordnung reduziert werde. Für unrealisierbar hält Schmall zudem Regelungen, wonach nur einzelne Apotheken die Anfertigung von Rezepturen übernehmen könnten - dies würde die Diskussion um den Versand von Rezepturen beleben, den Befürwortern eines Versandhandels würde Vorschub geleistet. Letztlich würde die Abschaffung des Labors auch zu einer Generaldebatte über die Arzneimittelpreisverordnung führen, denn das heutige Preisbildungssystem beruht bekanntlich auf einer Mischkalkulation, bei der die Kosten für Arzneiprüfung enthalten sind. Schmalls Fazit: Kein Verzicht auf das Labor, aber der Apotheker soll auch nicht Wächter eines modernen Glasmuseums sein. Die Apothekenbetriebsordnung könnte dahingehend geändert werden, daß die einschlägigen Anlagen entfallen und statt dessen der Apotheker lediglich verpflichtet wird, die für die anfallenden Prüfungen benötigten Geräte und Substanzen vorrätig zu halten.
Soll die Aufzählung apothekenüblicher Waren entfallen? Eine Deregulierung wünschen sich die Länder beim Katalog apothekenüblicher Waren (§25 ApBetrO). Keine Aufzählung mehr, sondern nur noch eine Generalklausel im Sinne gesundheitsbezogener Produkte wird angestrebt. Die Berufsordnungen sollten dann Detailregelungen enthalten, die von den Kammern zu überprüfen seien. Darin sieht Schmall allerdings keinen positiven Fortschritt, Streitigkeiten seien hier vorprogrammiert. Die Kammern könnten keine polizeilichen Aufgaben gegenüber ihren Mitgliedern wahrnehmen. Mit solchen Vorschlägen wollten sich die Aufsichtsbehörden womöglich nur der lästigen Querelen um das Erscheinungsbild der Apotheken und das Nebensortiment entledigen und den Apothekerberuf mit seiner Glaubwürdigkeit sich selbst überlassen: Heilberuf oder Krämer? Nach Ansicht von Schmall sollte jeder in seiner Apotheke durch die Einrichtung, durch Warenpräsentation, Zusammensetzung und Umfang seines Nebensortiments und vor allem durch sein Dienstleistungsangabot "die Waage auf der Seite ,Heilberuf belasten". Eine praktikable Möglichkeit, die Aufsicht zu entlasten, sieht der BAK-Präsident beispielsweise in der Etablierung eines Qualitätsmanagementsystems in der Apotheke.
Soll die pharmazeutische Dienstleistung gesondert honoriert werden? Eine Domäne des Apothekers ist und wird in Zukunft noch stärker die Information und Beratung sein, insbesondere im Bereich der Selbstmedikation. Gerade hier trügen, wie Schmall herausstellte, die Apotheker im Hinblick auf die Frage "Selbstmedikation ja oder nein, d.h. Anraten eines Arztbesuches" eine ganz besondere Verantwortung. Der Trend zur Selbstmedikation werde sich zudem verstärken. Sachkompetenz des Apothekers sei gefragt, insbesondere bei der Überprüfung der Eigendiagnose des Kunden, dem Rat zum Arztbesuch und der Auswahl eines geeigneten Präparates für die Selbstmedikation. Pharmazeutischer Sachverstand sei aber auch bei der Kooperation mit dem Arzt angesagt, z.B. im Rahmen von Pharmaceutical Care. Es gelte, den Ärzten das Fachwissen des Apothekers so anzubieten, daß sie einen unmittelbaren Nutzen daraus ziehen könnten, z.B. durch Verordnungsanalysen. Bedenken von Kritikern, der Apotheker schade sich mit der Suche nach billigen Arzneimitteln selbst, hielt Schmall entgegen, daß diese Aufgabe von anderen übernommen würde, wenn es der Apotheker nicht selbst tue. Schmall wörtlich: "Ich halte es für dringend geboten, daß wir Apotheker sowohl den Ärzten als auch den Krankenkassen entsprechende konkrete Angebote machen, wie wir dazu beitragen können, daß Arzneimittel therapieadäquat und zugleich wirtschaftlich eingesetzt werden." Solche speziellen pharmazeutischen Dienstleistungen sollten gesondert honoriert werden - und zwar aus den erzielten Kosteneinsparungen.
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