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Was wann wo
Universität München: 1. Lesmüller-Vorlesung
Grußworte Prof. Dr. M. Zenk, Hausherr und Dekan der Fakultät für Chemie und Pharmazie der Universität München, begrüßte die Vielzahl der Ehrengäste, allen voran den Festredner, S. Magnifizenz Prof. Dr. jur. Andreas Heldrich, Rektor der Ludwigs-Maximilians-Universität München. Zenk zitierte das Paulus-Wort "Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb" und betonte, wie wichtig in einer Zeit, wo der Staat zusehends verarme und sich im Bürgertum großes Vermögen ansammle, das private Mäzenatentum sei. Entgegen der heutigen Gewohnheit des Verprassens konnten die Stifter wegen ihres eher bescheidenen Lebens, großherzig vorausschauend, ein großes Finanzvolumen dem Wohle und der Entwicklung der Pharmazie zukommen lassen. Es sind die Toten, die die Lebenden lehren sollen, sagte Zenk voll Dank für Dr. August Lesmüller. Dr. Vogel übermittelte die Grüße von Frau Dr. Anni Lesmüller, die aus Gesundheitsgründen dem Festakt fernbleiben mußte. Ohne Aufhebens um ihre eigene Person sei das Hauptanliegen der Stifterin die Erfüllung des Vermächtnisses ihres vor vier Jahren verstorbenen Mannes, Dr. August Lesmüller. Die Stiftung hat den Zweck, das Fach Pharmazie mit seinen vielen Ausprägungen in Wissenschaft und Praxis und die Bedeutung und den Stellenwert des Apothekers im Gesundheitswesen und in der Gesellschaft zu fördern und zu festigen; sie soll daneben den Name der alten Apothekerfamilie Lesmüller in München und in der Pharmazie auf Dauer fest verankern.
Wer war August Lesmüller? Vogel zeichnete dann das Lebensbild des Apothekers und Lebensmittelchemikers Dr. August Lesmüller (1906 bis 1994), in 4. Generation Besitzer der traditionsreichen und renommierten Münchner Engel-Apotheke, deren bekanntes Wahrzeichen in der Theatinerstraße seit Anfang des letzten Jahrhunderts die goldenen Engelsfiguren des klassizistischen Bildhauers Schwanthaler sind. Der Wiederaufbau der im Krieg völlig zerstörten Engel-Apotheke und des "Lesmüller-Hauses" an alter Stelle war sein erstes Anliegen nach der Rückkehr aus dem Krieg. Neben seiner Apothekentätigkeit war Dr. Lesmüller über viele Jahre in vielen Positionen der beruflichen Selbstverwaltung engagiert tätig gewesen. Er war bei allem Traditionsbewußtsein stets aufgeschlossen für die vielen Wandlungen der Pharmazie und des Apothekenwesens in den letzten Jahrzehnten. In einer Zeit, die in vieler Hinsicht wenig Wert auf wohlverstandene Traditionen legt, sei die Errichtung der Dr. August und Dr. Anni Lesmüller-Stiftung von ganz herausragender Bedeutung, betonte Dr. Vogel.
Ziele der Stiftung
Prof. Dr. Karl Thoma, der sich in früheren Jahren mit dem Stifter Dr. August Lesmüller noch persönlich über die Zielsetzung der Stiftung hatte beraten können, erläuterte die Möglichkeiten der Verwirklichung der Stiftungsziele, wie sie in der Stiftungsurkunde vom 21.August vergangenen Jahres verankert sind: Förderung der pharmazeutischen Wissenschaft durch
• Gewährung von Zuschüssen für Forschungsarbeiten, die nicht ausreichend mit staatlichen Mitteln finanziert werden,
• Ausschreibung von Preisen für beispielhafte Leistungen im Bereich Pharmazie und
• Unterstützung durch Beihilfen zur Realisierung von pharmazeutischer Forschung und Weiterbildung an Hochschulen und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen.
Auch im 21. Jahrhundert, so Professor Thoma, dürfe man kein Füllhorn über Wissenschaft und Forschung erwarten. Drittmittel, wie sie die Stiftung ermögliche, seien heute die wichtigsten Voraussetzungen bei der Planung neuer Forschungsprojekte. Vor allem hoch motivierten jungen Leuten soll das Stiftungsvermögen zukommen, und so gilt die erste Ausschreibung einem Reisestipendium für Habilitanden an ausländische Universitäten.
Ein weiteres Projekt, das in der Offizinpharmazie angesiedelt ist, wird sich mit der pharmazeutischen Betreuung bei chronischen Erkrankungen befassen. Es betrifft im Sinne der Stiftungssatzung den Schwerpunkt "Arzneimittel und Aufgabenstellung des Apothekers". Die Einführung einer jährlichen "Lesmüller-Vorlesung" mit wissenschaftlichen und gesellschafts-relevanten Vorträgen diene dem Kontakt zwischen Stiftung und Öffentlichkeit und solle gleichzeitig den Stifter ehren.
Zukünftige Finanzierung der Universitäten Mit dem Vortrag zum Thema "Die Finanzierung der deutschen Universitäten im 21. Jahrhundert" eröffnete Prof. Dr. A. Heldrich, Leiter des Instituts für Internationales Recht, diesen Zyklus. Er knüpfte an den in diesen Wochen erwarteten Beschluß zur Reform des Hochschulgesetzes an, das die Zügel der staatlichen Aufsicht zwar lockere und den Universitäten mehr Autonomie verspreche, sie aber gleichzeitig in den Rang wirtschaftlicher Unternehmen hieven wolle, wo die Mittel - gemäß den Maximen der Wirtschaft - in Abhängigkeit zur Forschungsleistung erbracht werden, wo Produktionsziffern zählen und Leistung am Umsatz gemessen wird. Professsor Heldrich bezeichnete die Reform als politische Verirrung, die alles in Frage stelle, was bisher lieb und teuer war. Der Einzug marktwirtschaftlichen Denkens in die Uni sei nicht überraschend, betonte der Redner, denn generell sei heute ein Rückzug des Staates aus der "Daseinsvorsorge" zu erkennen - er nannte Post und Bahn als Beispiele -, nur wenige Leistungen der öffentlichen Hand seien noch kostenlos. Noch sei jedoch die Privatisierung der Universitäten kein Diskussionsthema, an der Trägerschaft des Staates führe auch im 21. Jahrhundert kein Weg vorbei. Einige Zahlen wurden genannt: Im WS 97 standen 36000 Studenten an deutschen Privatuniversitäten 1,8 Mill. Einschreibungen an staatlichen Universitäten gegenüber; nicht unbeträchtlich ist allerdings die Zahl der Langzeit-, Zweit- oder sogar Drittstudien. Viele Unis - führend sind München, Köln und Heidelberg - und spezielle Fächer sind zum Bersten über-, andere, etwa in den neuen Bundesländern, unterbelegt, und manche Fakultäten sind bundesweit mangels Interesse nicht ausgelastet. Universitäten können jedoch nicht wie Wirtschaftsunternehmen schnell auf "Nachfrageschwankungen" reagieren, derzeit gibt es noch keine Lösung für ihre gleichmäßige Auslastung. Vordringliches Problem sei weiterhin die studentische Betreuung durch Schaffung entsprechender Stellenreserven. Die Betreuungsrelation (Studenten zu Assistenten) schwankt stark in Deutschland; der errechnete Durchschnitt liegt bei 18:1 (USA 10:1), das Extrem bei 53:1. Die derzeitige Finanzierungslücke im Hochschulwesen wird auf 9 Milliarden DM geschätzt. Zwei Möglichkeiten zur Überwindung dieser Lücke bieten sich nach Meinung des Festredners an: Kostensenkung oder Einnahmenerhöhung. Vor der ersten warnte er jedoch: Senkung der Studentenzahlen durch rigorosere Anforderungen bringe wenig Entlastung, eher einen erhöhten Arbeitsaufwand, etwa durch Nachprüfungsverfahren; sie schaffe zudem neue Probleme auf dem Arbeitsmarkt. Auch die Reduzierung der Fächervielfalt bringe nicht den erwarteten Erfolg. Mehr verspreche eine Aufspaltung großer Universitätskörper in praktikablere kleine Universitäten nach dem Muster der Sorbonne in Paris. Dort wurde die große Alma Mater in 16 eigenständige Universitäten unterteilt. Heldrich sieht den Weg aus der Misere eher in der Einnahmenerhöhung der Universitäten. Von den USA könne man da einiges lernen, z.B. das Merchandising (Universitäten als Werbeträger). T-Shirts und Kaffetassen mit Uni-Emblem sind auch in Deutschland schon vorstellbar, weniger jedoch Umbenennungen auf zug- und zahlungskräftige Namen statt der gewohnten geschichtsträchtigen Namen. Ernst zu nehmen sei das amerikanische Vorbild der Alumni, der spendenfreudigen Absolventen, die ihrer ehemaligen Bildungsstätte langanhaltend verbunden bleiben. Eine dankbare Loyalität gegenüber der beanspruchten Bildungsstätte vermisse man in Deutschland - nach dem Motto: "Was nichts kostet, ist auch nichts wert." Dem könne mit verschiedenen Aktivitäten, etwa den schon vielerorts praktizierten Verabschiedungszeremonien, entgegengewirkt werden. Wieder Studiengebühren einzuführen - im Gespräch sind 1000 DM pro Semester - oder eine weitgehende Privatisierung der Universitäten seien trotz aller Finanzprobleme nicht das Mittel der Wahl. Sie könnten zu einer Abschreckung finanzschwächerer Studenten führen und soziale Kluften und Ressentiments aufbrechen lassen, die in den vergangenen Jahrzehnten mühsam abgebaut wurden. Denn auch in Zukunft sei man auf die Bereitschaft der gesamten Bevölkerung angewiesen, die Finanzierung des Universitätswesens mitzutragen. Daß diese Bereitschaft vorhanden ist, zeigt in beispielgebender Weise die Dr.August und Dr.Anni Lesmüller-Stiftung. Für sie gilt das Fazit, das man kürzlich in einem Leitartikel mit dem Thema "Zum Stiften anstiften" lesen konnte: "Stiftungen sind Pioniere einer wenigstens etwas besseren Welt." Dr. R. Seitz
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