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- DAZ 32/1998
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Die Seite 3
Sümpfe
Sümpfe
Die Zu- und Mißstände, die vor zwei Wochen aus Korbach an die Berufsöffentlichkeit gedrungen sind, lassen aufhorchen. Ein Apotheker geriert sich in großem Stil als Zugabenverteiler, Kunden und Patienten pilgern aus benachbarten Ortschaften in die Zugabenapotheke des nordhessischen Kreisstädtchens, um beschenkt und nicht beraten zu werden. Die Kolleginnen und Kollegen laufen Sturm bei der Kammer, die Berufsgerichtsbarkeit ist ausgeschöpft und blieb bisher wirkungslos. Und der Klageweg dauert an.
Daß Korbach nicht nur in Nordhessen liegt, sondern auch in anderen Bundesländern vorkommt, zeigten mehrere Anrufe von Apothekerinnen und Apotheker in der DAZ-Redaktion, die in ihrer Gemeinde ähnliche Situationen vorfinden müssen. Da wird nicht nur mit Zugaben um sich geworfen, sondern es werden auch noch andere Register der "Kundenbindung" gezogen. Eine Apothekerin berichtete, daß beispielsweise gerne die Nachtdienstgebühr von einigen ihrer Mitbewerber "vergessen" wird. Ein anderer Apotheker aus Nordrhein-Westfalen schilderte, daß sein Konkurrent die Privatrezepte gerne mit den berühmten "zehn Prozent" honoriert, und dies besonders gerne auch von den Beamten in Anspruch genommen wird. Obwohl auch diese Fälle der Kammer bekannt seien, geschehe nichts.
Das Korbacher Zugabeunwesen spült allerdings noch eine weitere Komponente eines Sumpfes an Mißständen an die Oberfläche: der Handel mit und das Verschieben von Krankenhausware durch einige krankenhausversorgende Apotheken. Die günstig eingekaufte Klinikware fließt allzu leicht in den Offizinbereich oder wird weiter an den Großhandel verhökert. Da wird gepoolt, gesammelt und geschoben. Rechtlich ist dem nur schwer beizukommen, Vertriebsbindungsverträge werden immer seltener abgeschlossen, die Einhaltung solcher Verträge nicht kontrolliert, Aufdrucke auf der Ware wie "Anstaltspackung" oder "Nur für die Klinik" und ähnliche, die ein Abfließen der Ware in die Offizin verhindern könnten, fehlen.
Wenn dieses Gebaren einer breiten Öffentlichkeit bekannt wird - angeblich soll bereits ein Hamburger Nachrichtenmagazin an entsprechenden Stories arbeiten -, ist der nächste gesundheitspolitische Skandal, in dem Apotheken ein schlechtes Image abgeben, im Anmarsch. Außerdem: Auswirkungen auf die Arzneimittelpreisverordnung sind nicht abwegig. Schade auch, daß die Ansicht, der größte Feind des Apothekers sei der Apotheker selbst, dadurch immer wieder bestärkt wird. Peter Ditzel
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