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- DAZ 35/1998
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DAZ aktuell
Kritik auch vom DAV
Der Entwurf der Arzneimittel-Richtlinien, der neben Ausgrenzungen von Arzneimitteln aus der Kassenerstattung etliche Verordnungseinschränkungen, Erfolgskontrollen, Zusatzdiagnostik, mehr ärztlichen Dokumentationsaufwand oder nichtmedikamentöse Therapien fordert, ist von vielen Seiten unter Beschuß geraten (die DAZ berichtete).
Der DAV gibt die mangelnde Verfassungsmäßigkeit des Entwurfs zu bedenken. Der Gesetzgeber dürfe seine Aufgabe, wesentliche Fragen durch Gesetze zu regeln, nicht dadurch auf die Exekutive übertragen, in dem er dieser weite Ermessensspielräume lasse. Im Sozialgesetzbuch V seien lediglich Zielorientierungen (wie Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit der Versorgung) genannt worden. Lasse man den Bundesausschuß den Umfang des konkreten Leistungsanspruchs des Versicherten verbindlich regeln, werde der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes verletzt.
Nur Empfehlungscharakter
Darüber hinaus verweist der DAV auf den Unterschied zwischen Verordnungsausschlüssen und lediglich empfehlenden Richtlinien. Nur das Bundesgesundheitsministerium könne durch Verordnungen Ausgrenzungen von Arzneimitteln vornehmen, weitere Ausschlüsse, etwa durch das Gremium der Ärzte und Krankenkassen, sehe das Sozialgesetzbuch V nicht vor.
Fachlich zu beanstanden
Auch fachlich sei der Entwurf in weiten Bereichen nicht hinreichend begründet, so die Kritik der Apothekervertretung.
Differenziert geht der DAV, dessen Stellungnahme im Geschäftsbereich Pharmazie im Dachverband ABDA erarbeitet wurde, auf die vom Bundesausschuß postulierten Voraussetzungen für eine Arzneimitteltherapie ein. So heißt es im Entwurf: - Arzneimittel mit nicht ausreichend gesichertem therapeutischen Nutzen darf der Vertragsarzt nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnen. Dabei existiere keine Definition, die solche Arzneimittel hinlänglich beschreibe. Auch das vom Bundesausschuß geforderte -relevante Ausmaß der Wirksamkeit sei hinsichtlich des Nutzens nicht definiert, sondern uneinheitlich. So könne der therapeutische Nutzen zum Beispiel bei Krebspatienten eher bei einer verbesserten Lebensqualität als einer verlängerten Überlebenszeit liegen.
Gegen generelle Ausschlüsse
Bemängelt wird ferner die Formulierung, nach der ein Arzt prüfen soll, ob anstelle einer Verschreibung von Arzneimitteln nichtmedikamentöse Therapien in Betracht zu ziehen sind. Diese Forderung dürfe nicht zu einem Generalausschluß einer Arzneimitteltherapie führen, da auch bei nichtmedikamentösen Behandlungen deren Wirtschaftlichkeit unter Berücksichtigung der Patientencompliance geprüft werden müsse.
Als -unhaltbar bezeichnen es ABDA/DAV, daß ein verordnender Arzt bei einem individuellen Heilversuch die Zustimmung der zuständigen Krankenkasse einholen soll. Die Kasse sei -sicher nicht die geeignete Institution, um die Sinnhaftigkeit eines solchen Heilversuchs zu beurteilen, heißt es in der Stellungnahme der Apotheker. Unklar sei zudem, wie bei der Verordnung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen Phytotherapie, Homöopathie und Anthroposophie deren besondere Wirkungsweise berücksichtigt werde. Offen sei auch, wo ein Unterschied zwischen der Verschreibung isolierter Pflanzenwirkstoffe und auf den gleichen Gehalt standardisierter Phytopharmaka sein solle.
Synergien nutzen
Darüber hinaus schlägt der DAV vor, den Ärzten die nach Gesamtbehandlungskosten wirtschaftlichste Alternative zu empfehlen. Dies fehle im Entwurf völlig. Dabei könne etwa die Kombination verschiedener Behandlungsstrategien durch Synergie-Effekte wirtschaftlich sein.
Den Hinweis des Bundesausschusses im Entwurf zu Importen (- bei der Verordnung auch wirkstoff- und namensgleiche Importarzneimittel berücksichtigen) relativiert die Apotheker-Standesorganisation. Dies mache nur Sinn, wenn diese langfristig preisgünstiger und logistisch auch verfügbar seien. Schließlich könnten besondere Beschaffungskosten die Wirtschaftlichkeit ad absurdum führen.
Hinsichtlich der Preisvergleichsliste, die die Mediziner zur Hand nehmen sollen, wird deren Aktualisierung angemahnt. Der letzte Stand von 1992 sei nicht sachgerecht, da sich die Preise unterdessen dramatisch verändert hätten. Vor Inkrafttreten dieser Auflage sei daher die komplette Überarbeitung der Aufstellung nötig.l
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