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BVA-Fortbildung in Stuttgart
In dieser Ausgabe finden Sie folgende Themen:
Hire & Fire in Kleinbetrieben eingeschränkt
Viele Arbeitnehmer kennen dieses traumatische Erlebnis: Ohne Vorwarnung wird die Kündigung auf den Tisch geknallt. Es gab keine Abmahnung, kein Gespräch. Im nachhinein werden fadenscheinige Gründe angegeben, die die Notwendigkeit einer Kündigung jedenfalls nicht rechtfertigen. Viele Arbeitgeber greifen lieber zur "einfachen Lösung Kündigung", anstatt sich die Mühe zu machen, durch Konfliktbereitschaft und Aufrichtigkeit ein oftmals über Jahre gewachsenes Arbeitsverhältnis aufrechtzuerhalten.
Da das Bundesverfassungsgericht anscheinend dem Hire & Fire-Grundsatz gerade in Kleinbetrieben nicht noch mehr Vorschub leisten will, verlangt es nach seiner neuesten Rechtsprechung im Rahmen einer Überprüfung jeder Kündigung die Berücksichtigung von drei Kriterien.
Mehr Kündigungsschutz bei Bestehen eines Betriebsrates
Diese neue Rechtslage ist ein echter kündigungsschutzrechtlicher Anreiz zur Bildung eines Betriebsrats in einem Kleinbetrieb und damit in den meisten Apotheken außerhalb des Geltungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes. Unterläßt nun der Arbeitgeber die Information des Betriebsrates zu den drei Kriterien, weiß der Arbeitnehmer, daß die Kündigung in jedem Fall nach dem Betriebsverfassungsgesetz unwirksam ist. Informiert der Arbeitgeber unvollständig, kann der Arbeitnehmer im Regelfall davon ausgehen, daß der Arbeitgeber den Kündigungsschutzprozeß nicht gewinnen kann, weil er die fehlenden Tatsachen mangels vorheriger Betriebsratsanhörung in dieses Verfahren nicht mehr wirksam einführen kann.
Zur Erinnerung: Nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) muß die ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt sein. Es müssen nachweisbare betriebs-, personen- oder verhaltensbedingte Gründe vorliegen, die vom Arbeitsgericht auf ihre soziale Rechtfertigung hin überprüft werden. Für Kleinbetriebe gilt dieser Kündigungsschutz des Arbeitnehmers nicht. Wenn z.B. in einer Apotheke keine 11 Mitarbeiter bzw. nach dem alten KSchG 6 Mitarbeiter beschäftigt sind, dann kann gegen die Kündigung nur dann geklagt werden, wenn besondere Kündigungsschutzbestimmungen wie für Schwangere, Behinderte etc. gelten.
Das alte Kündigungsschutzgesetz gilt für Mitarbeiter, in deren Apotheke am 30. September 1996 und zum Kündigungszeitpunkt sechs Arbeitnehmer beschäftigt waren (mit mehr als 10 Stunden wöchentlich), noch bis zum 30. September 1999.
Genaugenommen greift das neue Kündigungsschutzgesetz dann erst ab 101/4 Mitarbeitern. Es zählen jetzt aber auch Teilzeitkräfte bis zu 10 Wochenstunden mit, und zwar immer als 1/4 Mitarbeiter. Arbeitnehmer bis 20 Wochenstunden kommen mit 1/2 und bis 30 Wochenstunden mit 3/4 in Ansatz.
Wenn Sie mehr zum Thema Kündigung wissen möchten, rufen Sie die BVA-Rechtsabteilung an. Wir beraten Sie und prüfen in jedem Fall die Erfolgsaussichten einer Klage. Vorher bemühen wir uns um eine gütliche Einigung mit dem Arbeitgeber. Die Verhandlungsposition von Mitarbeitern in Kleinbetrieben wird nun hoffentlich mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und den entsprechenden Entscheidungen der Arbeitsgerichte gestärkt.
Anja Borstelmann, Rechtsanwältin, Geschäftsführerin, BVA
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