Die Seite 3


{hd}Knoblauch-Ausverkauf
Mittlerweile ist es nicht mehr nur ein Gerücht, der Hersteller bestätigte es auf Anfrage: Lichtwer verkauft sein Knoblauchpräparat Kwai ab Oktober auch außerhalb der Apotheke. Die zusammen mit den Apotheken partnerschaftlich aufgebaute Knofelmarke wird nun in den Regalen von Schlecker, DM-Markt & Co. verramscht. Die Firma, die viel Geld in die wissenschaftliche Erforschung dieser "Zwiebel" gesteckt hat, sieht sich zu diesem Schritt gezwungen, weil der Knoblauchmarkt in der Apotheke stark rückläufig ist, andere Knoblauchpräparate in den Drogeriemärkte sahnen mittlerweile als Trittbrettfahrer ab. Da will der Berliner Kwai-Hersteller nicht mehr tatenlos zusehen und die Flucht nach vorne antreten. Von diesem Präparat hänge der Erfolg des mittelständischen Unternehmens ab und der Erhalt von Arbeitsplätzen, so begründet Lichtwer seinen Schritt. Den Apotheken soll diese Entscheidung mit einer neuen Werbekampagne und ähnlich günstigen Konditionen wie den Großabnehmern versüßt werden.
Ob die Apotheker diese süß umhüllte Knoblauch-Pille schlucken werden? Erste Reaktionen aus der Offizin lassen erkennen: es riecht gewaltig, man fühlt sich, gelinde gesagt, auf den Arm genommen. Die Älteren von uns erinnern sich noch heute an den Seitensprung von Multibionta in den freiverkäuflichen Markt. Das bescherte anderen bis dahin unbekannteren Vitaminmarken ein unerwartetes Umsatzplus in der Apotheke.
Natürlich werden der Firma Lichtwer mit der Belieferung von 10000 bis 15000 weiteren Abverkaufsstätten hohe Umsätze in die Kasse fließen, Cash-Geld, das sich gut für den geplanten Börsengang des Unternehmens in den Bilanzen ausweisen läßt ("pipeline filling"). Doch was ist in zwei, drei Jahren, wenn sich die Preisspirale des Knoblauch-Wettbewerbs in den Dromärkten nach unten dreht?
Neben diesen eher kurzfristigen Marktverschiebungen bereitet mir eine mögliche langfristige Entwicklung stärkere Kopfschmerzen. Andere Pharmafirmen könnten, angelockt durch denkbare Anfangserfolge von Kwai im Dromarkt, ebenfalls auf den Gedanken kommen, für geeignete Produkte - z. B. Vitamine, Mite-Phytos oder Apothekenkosmetik - den Switch von der Apothekenpflicht in die Freiverkäuflichkeit wagen. Die Folge: Ein für die Selbstmedikation wichtiges Sortiment in der Apotheke bricht weg, die Apotheke büßt Umsätze ein, wird abhängiger von den GKV-Umsätzen und in den Augen der Kunden zur Abgabestelle allein für rezeptpflichtige Arzneimittel - ein Weg, den die Apotheke heute so nicht gehen will und auch nicht gehen darf.
Ob sich Lichtwer mit dieser Aktion einen Gefallen getan hat? Da kommen Zweifel auf. Knoblauch-Ausverkauf in der Apotheke - eine Flucht nach vorne, die schnell einen Schritt zurück bedeuten kann.
Peter Ditzel

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