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Die Krankenkassen haben wenige Tage vor der Bundestagswahl noch einmal ausgeteilt - gegen Apotheker und Ärzte - und mehr Macht gefordert - für sich selbst, versteht sich. Sie haben gemeinsame Positionen in Bonn vorgestellt, die im Apothekenbereich Erinnerungen an das -rote Strategiepapier von September 1994 aufkommen ließen.
War das unverhüllte Wahlwerbung für die SPD? Ein plumpes -wählt alle Schröder war natürlich nicht zu hören, gleichwohl machen die Kassen aus ihrer Kritik an der Regierung keinen Hehl und hoffen auf einen Regierungswechsel, von dem sie sich viel versprechen. Wolfgang Schmeinck vom BKK-Bundesverband wollte die Aussagen nicht als Wahlaufruf für eine bestimmte Partei verstanden wissen, AOK-Chef Dr. Hans Jürgen Ahrens fügte hinzu, diese Forderungen gebe es ja schon länger, aber erhellend ist da schon der Blick auf die erste Seite des Papiers: -Gemeinsame Positionierung der Spitzenverbände der Krankenkassen im Vorfeld der Bundestagswahl 1998. Im Verlauf der Pressekonferenz fiel dann doch der Satz, die Kassenvorstellungen lägen näher bei der SPD und dem Deutschen Gewerkschaftsbund als bei anderen. Noch Fragen?
Nun wird die Welt nicht gleich aus den Angeln gehoben, wenn die Krankenkassen ihre Meinung kundtun, die über weite Strecken auch bekannt ist. Aber einige unerfreuliche Angriffe auf das Apothekensystem haben sie auf diese Weise wieder aus der Versenkung geholt.
Ärgerlich war das Vorgehen des BKK-Chefs Wolfgang Schmeinck, die Zahl der Apotheken als kostentreibenden Faktor hinzustellen. Das ist unverständlich. Den Krankenkassen kann die Zahl der Offizinen gleichgültig sein. Ob die Rezepte in 21 500 Einrichtungen eingelöst werden oder in mehr oder weniger, hat keine Auswirkungen für sie. Merken tun dies die einzelnen Apothekenleiterinnen und -leiter, deren Umsatz fällt oder steigt, denn der Kuchen wird dann unterschiedlich aufgeteilt. Anders sieht es bei der Zahl der Ärzte aus. Ein gewisser Zusammenhang mit der Zahl der Mediziner und der der Arzneimittelverordnungen ist nicht von der Hand zu weisen.
Zu kritisieren ist auch die Haltung des BKK-Vorstandsvorsitzenden, die jüngste Änderung der Arzneimittelpreisverordnung nicht würdigen zu wollen. Wer hatte denn in derem Vorfeld so gern auf die Apothekenspannen hingewiesen, die bei teuren Medikamenten nicht zu rechtfertigen seien? Jetzt ist die Streckung erfolgt, der Apothekenfestzuschlag deutlich gesenkt, und da in Zukunft tendenziell mehr teure Arzneimittel als preisgünstige auf den Markt kommen werden, ergibt sich für die Kassen auch langfristig ein erhebliches Sparpotential. Da ist einiges im Sinne der Krankenkassen erfolgt, das könnten sie dann auch öffentlich anerkennen.
Wenn auch nicht die gesamte Palette der Apothekenangriffe aus dem roten Papier von 1994 aufgenommen wurde - die angeblich teuere -atomistische Apothekenstruktur ist wieder dabei, ebenfalls die Forderung nach Aufhebung von Fremd- und Mehrbesitz. Warum der negative Touch? Schließlich stellt exakt diese Struktur die flächendeckende Versorgung sicher, nicht nur in Städten, sondern auch auf dem Land. Und sie ist, in Kombination mit dem pharmazeutischen Großhandel, schnell. Die Krankenkassen sollten sich mit Blick auf ihre Versicherten daran erinnern.
Trotz vorhandener Defizite - wie Doppel- und Dreifachuntersuchungen und mangelnde Verzahnung einzelner Sektoren - stellt das derzeitige System eine gute Versorgung der Bevölkerung sicher. Mit Apotheken mittendrin.
Susanne Imhoff-Hasse

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