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Pharmaceutical Care - was die anderen machen

DEN HAAG (tmb). Der Kongreß des Weltapothekerverbands FIP (Fédération Internationale Pharmaceutique) in Den Haag (31. August bis 5. September 1998) hat wieder einmal deutlich gemacht, daß Pharmaceutical Care international als große Chance für die Neuorientierung des Apothekerberufes gesehen wird. Daraus ergibt sich die Gelegenheit, Erfahrungen aus dem Ausland auf Deutschland zu übertragen. Einige länderübergreifend verwertbare Arbeiten und Überlegungen zu dieser Thematik wurden auf einem Symposium über den Aufbau patientenbezogener Datensätze in der Gesundheitsfürsorge präsentiert.


Für die Klassifizierung von Krankheiten stehen verschiedene Darstellungsmöglichkeiten zur Verfügung, die insbesondere bei epidemiologischen Untersuchungen gute Dienste leisten. Demgegenüber fehlen bisher Klassifikationssysteme für die Bedürfnisse der Patienten und für medikationsbezogene Probleme, die deren Beschreibung und Untersuchung erleichtern könnten. Ansätze hierzu präsentierte Professor Bonnie Svarstad, Madison, Wisconsin, USA.

Klassifizierung medikationsbezogener Probleme


Während Systeme zur Beschreibung der Lebensqualität bereits Gegenstand vielfältiger Betrachtungen sind, konzentrierte sich Svarstad auf die Klassifizierung der medikationsbezogenen Probleme der Patienten. Dies soll den Apotheken helfen, solche Probleme zu erkennen und zu beschreiben. Diese Arbeit kann außerdem die Kommunikation unter den Gesundheitsberufen verbessern und neue Möglichkeiten für epidemiologische Untersuchungen schaffen. Svarstad sprach sich für übersichtliche Systeme aus, die einfach zu erlernen, anzuwenden und zu dokumentieren sind. Detaillierte Systeme gingen an den Ansprüchen der Praxis vorbei. Ein sehr großer Anteil der medikationsbezogenen Probleme ließe sich den folgenden drei Kategorien zuordnen:

  • Kenntnis des Patienten über den Sinn der Medikation und das Dosierungsschema,
  • Erinnerung des Patienten an die vorgesehenen Einnahmezeitpunkte,
  • patientenbezogener Outcome: Wirksamkeit und Verträglichkeit als pauschale Größen, nicht aufgegliedert nach einzelnen Nebenwirkungen, die vom Patienten oft nicht differenziert würden.


Weitergehende Untersuchungen könnten verschiedene Arten der Non-Compliance, technische Schwierigkeiten bei der Handhabung der Verpackung oder des Applikationssystems sowie die empfundene Qualität der Betreuungsleistung und die Lebensqualität betreffen.

Viel Erfolg mit wenig Aufwand


Vergleichsweise einfache Frageschemata eignen sich als wertvolle Screeningwerkzeuge zur Identifikation medikationsbezogener Probleme. Hier sei stets ein Kompromiß zwischen dem Umfang der Fragen und der praktischen Umsetzung im Apothekenalltag erforderlich. Entgegen der Annahme vieler Apotheker sei nicht zu erwarten, daß Patienten medikationsbezogene Probleme ungefragt äußern. Für die breite Anwendung von Pharmaceutical Care seien daher praktikable Screeningmittel brauchbarer als zeitaufwendige gezielte Patientenbefragungen. Ein wichtiges Hilfsmittel stellten kurze Fragebögen im Umfang von maximal ein bis zwei Seiten dar, die vom Patienten selbst auszufüllen seien. Diese sollten geschlossene und offene sowie direkte und indirekte Fragen enthalten. Nach dem Einsatz eines solchen Fragebogens bei Asthmapatienten zeigten sich die beteiligten Apotheker erstaunt, wie mit so geringem Aufwand so viele Informationen zu erhalten waren. Erfolg versprächen insbesondere einfache Befragungen, die in die normale Apothekenroutine integriert werden. Sie könnten auch helfen, die Kundenbindung zu verbessern.

Asthmatikertypisierung erleichtert Betreuungsprozeß


Eine Untersuchung an Asthmapatienten in dänischen Apotheken stellte Hanne Herborg, HillerŅd, Dänemark, vor. Dabei wurden Patienten mit Hilfe eines dreidimensionalen Schemas hinsichtlich der eigenen Lebenssituation, des Verhaltens im Umgang mit der Krankheit und der Therapie sowie der erreichten Beherrschung der Asthmasymptome eingestuft. Dabei ließen sich die meisten Patienten fünf verschiedenen Typen zuordnen, die unterschiedliche Aufmerksamkeit der Apotheker und verschiedene Strategien bei der Anwendung von Pharmaceutical Care erfordern. Optimistische Patienten mit guter gesundheitlicher Situation erwarten weiterhin Informationen über ihre Krankheit, obwohl kaum akute Probleme bestehen. Andere Patienten mit geringfügigen Symptomen könnten ihre Situation weiter verbessern, sind dazu aber nicht motiviert. Diese Gruppe erwartet keine besondere Betreuung, sollte aber vom Apotheker als Risikogruppe beobachtet werden. Der -Durchschnittsasthmatiker mit einem mittleren Maß hinsichtlich der Lebenseinschätzung und mittleren bis guten Werten in den anderen Beurteilungsmaßen ist durch realistische Einschätzungen geprägt und befindet sich in einer akzeptablen Position. Problematischer ist der unabhängige, aber unsichere Patient, der sich schlechter fühlt als dies durch seine objektiven Befunde angebracht wäre. Besondere Probleme bietet der enttäuschte Patient mit objektiv schlechtem Gesundheitszustand. Diese Patientengruppe verdient die höchste Priorität bei der Betreuung. So könne ein einfaches Modell helfen, das Patientengut zu strukturieren und die besonders betreuungsbedürftigen Patienten zu identifizieren. Andererseits könne jedes noch so aufwendige Frageschema an den Bedürfnissen einzelner Patienten vorbeifragen, so daß sich ein einfaches Schema als Einstieg in die Betreuung anbietet. Anzustreben seien wenige Fragen nach möglichst aussagekräftigen Informationen.

Der einzelne Patient zählt


Die individuelle Betreuung sollte sich nicht in objektiven Fragen zur Krankheit und zur Arzneimittelanwendung erschöpfen, sondern müsse auch die subjektive Sicht des einzelnen Patienten berücksichtigen. Gefragt sei nicht nur ein Experte, der den Patienten Faktenwissen über ihre Krankheit und die Therapie vermittelt, sondern noch mehr ein persönlicher -Coach, der die individuellen Schwierigkeiten herausfragt und hilft, die Therapie den persönlichen Bedürfnissen anzupassen.
Die Bedeutung der subjektiven, patientenbezogenen Betrachtungsweise wurde von Johan Beun, őt Harde, Niederlande, unterstrichen. Die Funktion der Apotheken sieht er weniger in der Distribution, sondern mehr in der medikationsbegleitenden Dienstleistung. Hierzu gehöre die persönliche Kommunikation anstelle der meist unverständlichen Beipackzettel. Zur Kommunikation gehöre auch die Zeit, die gebotene Information zu verarbeiten. Doch sei dies problematisch, solange die Kommunikationsleistung der Apotheker nicht honoriert werde. Die Bedürfnisse würden weiter steigen, da immer mehr schwerkranke oder sterbende Patienten zu Hause gepflegt werden. Daher bestehe wachsender Bedarf an pharmazeutischer Betreuungsleistung in der Wohnung des Patienten.

Kostenfrage ungeklärt


Im Rahmen der Diskussion wurde von britischen Symposiumsteilnehmern nach validen Daten über die Kosteneinsparung durch Pharmaceutical Care gefragt, da diese Voraussetzung für eine Honorierung seien. Von den Referenten wurde die insgesamt dürftige Datenlage zu dieser Frage bemängelt. Herborg kalkulierte die einzusparenden Kosten durch entfallende Hospitalisierung bei Asthmatikern mit etwa 10%, doch dürfte die verringerte Zahl an Krankheitstagen ökonomisch bedeutsamer sein. Alle Referenten betonten, daß die therapeutischen Verbesserungen im Interesse des Wohlbefindens der Patienten für sie wichtiger seien. Zur Finanzierbarkeit von Pharmaceutical Care und diesbezüglichen Datenerhebungen erläuterte Beun, daß etwa 8 bis 10% aller Apothekenkunden etwa 90% der relevanten Daten lieferten, was den Aufwand relativiere.l

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