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- DAZ 41/1998
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Was wann wo
Social Pharmacy Workshop
Historisches
In seinem Eröffnungsvortrag gab Lars-Einar Fryklöf, Herausgeber des Journal of Social Administrative Pharmacy und Mitbegründer des Social Pharmacy Workshops im Jahr 1980, einen Überblick über die Entwicklung dieses Workshops in den letzten zwei Jahrzehnten. Beim Berliner Workshop 1994 wurde erstmals ein Teachers Day eingeführt, der vor dem
eigentlichen Workshop einen Erfahrungsaustausch für diejenigen ermöglicht, die die Sozialpharmazie an den Universitäten vertreten.
Sozialpharmazie in Belgien
Gert Laekeman, Professor am Institut für Pharmazie der Löwener Universität, beschrieb die Situation der Sozialpharmazie als patientenorientierte Pharmazie in Belgien. Die Universität bietet Kurse in Kommunikation, Pharmakotherapie und -epidemiologie für die Pharmaziestudenten an.
In diesem Jahr begann das Projekt Pharmacy 2000+" der Flämischen Pharmazeutischen Gesellschaft, in dem der Apotheker eine aktive Mittlerrolle zwischen Patient und Arzneimittel übernehmen soll. Verstärkte Beratung und schriftliche Informationsmaterialien dienen als Instrumente für eine Verbesserung der Kommunikation zwischen Patienten und Apotheker. Im Rahmen der Selbstmedikation werden Beratungsstandards in verschiedenen Apotheken getestet. Gleichzeitig wurden Pilotprojekte zur Förderung von Arzt-Apotheker-Gesprächskreisen initiiert, die die Pharmazeutische Betreuung von Patienten begleiten.
Interaktive Arbeit in den Workshops
Dem Wunsch der Teilnehmer entsprechend, wurde thematischen Workshops mit 10 bis 15 Teilnehmer und zwei Workshopleitern aus unterschiedlichen Bereichen von Wissenschaft und Praxis breiter Raum gewidmet. Insgesamt standen acht Workshops zur Auswahl, die gleichzeitig Themenschwerpunkte der gegenwärtigen Forschungsarbeit reflektierten:
- Interprofessioneller peer review und Qualitätskontrolle in der klinischen und ambulanten Praxis,
- Messung der Lebensqualität bei schizophrenen Patienten,
- Pharmazeutische Betreuung und Verhaltensänderung (behavioral outcome),
- Lebensqualität in der pharmakoepidemiologischen und -ökonomischen Forschung,
- Theorien zur Qualitätsentwicklung und Strategien ihrer Anwendung im Rahmen der Pharmaceutical-Care-Forschung,
- Methoden der Datenerfassung bei der Beratungstätigkeit,
- Entwicklung und Validierung eines Instruments zur Bewertung der Kommunikation zwischen Apothekenmitarbeitern und Patienten,
- Evaluierung von outcomes in der öffentlichen Apotheke am Beispiel der Beratungstätigkeit.
Einen besonderen Schwerpunkt in den Diskussionen bildeten die Bewertung der Beratungsqualität des Apothekenpersonals im Rahmen der Selbstmedikation. Die Bedeutung der Selbstmedikation nimmt weltweit zu, nicht zuletzt als Folge der Bemühungen, Arzneimittelkosten zu reduzieren. Somit wächst die Verantwortung des Apothekers, den Patienten umfassend zu informieren, die Bedürfnisse des Patienten zu erkennen und eine sichere qualifizierte Arzneimittelauswahl zu treffen.
Unter der Leitung von P. Bissel und P. Ward diskutierten die Workshopteilnehmer die folgenden Qualitätskriterien zur Bewertung der Beratungsleistung:
- Allgemeine Kommunikationsfähigkeiten zwischen Apothekenpersonal und Patient (z. B. Gebrauch non-verbaler Kommunikation, Feedback vom Patienten).
- Welche Informationen hat der Apotheker von dem Patienten erhalten? (Wurden genug Fragen gestellt, um eine Arzneimittelempfehlung zu geben? (Wie sind Erwartungshaltung und Wissenstand des Patienten zu beurteilen? Wurde auf die Wünsche des Patienten eingegangen?)
- Wie hat der Apotheker die Informationen von dem Patienten erhalten? (Wurden offene oder geschlossene Fragen verwendet? Wie relevant waren die erhaltenen Informationen? Wurden wichtige Informationen nicht erhalten?)
- Welche Informationen sind zusätzlich erforderlich, um den Patienten kompetent zu beraten? (Wie ist die Lebensqualität des Patienten? Handelt es sich um einen Stammpatienten? Wurde die finanzielle Situation des Patienten berücksichtigt?)
- Waren die gegebenen Empfehlungen des Apothekenpersonals sinnvoll und vernünftig? (Gab es Erklärungen zum Arzneimittel und seiner Wirkung? Wurde der Nutzen und das Risiko des Arzneimittels erläutert? Treffen Beratung und Empfehlung des Apothekers die Bedürfnisse des Patienten? Wurden dem Patienten spezielle Anleitungen gegen?)
- Wie wurden die Empfehlungen gegeben? (War die Terminologie für den Patienten verständlich? War die Informationen klar genug? Hat der Patient die Informationen verstanden?)
- War die Arzneimittelauswahl sinnvoll? (Ist das für diesen Patienten richtige Produkt ausgewählt worden?)
- Wurde Rücksprache gehalten, war sie sinnvoll und notwendig? (Ist Vertraulichkeit eingehalten worden? Wie reagiert der Kommunikationspartner?)
In der Diskussion stellte sich heraus, daß zur Ermittlung möglicher Kommunikationsdefizite zwischen Apothekenpersonal und Patient weitere Untersuchungen notwendig sind, die bei der Entwicklung geeigneter Beratungsstandards hilfreich sein können. Die für entsprechende Studien können sowohl vom Apothekenpersonal als auch vom Patienten erhoben werden. Vor- und Nachteile von Methoden, wie Fragebögen für das Apothekenpersonal (self-report), Interview, Beobachtung, Video- oder Bandaufzeichnungen, wurden diskutiert. Die Workshopteilnehmer kamen zu dem Ergebnis, daß keine Methode allein ausreichend ist: Nur eine Kombination verschiedener Methoden bei unterschiedlichen Zielgruppen (hier: Apothekenpersonal und Patient) führt zu einer Minimierung von Fehlerquellen bei der Datenerhebung und läßt eine Qualitätsbewertung der pharmazeutischen Beratungsleistung zu.
Betont wurde der Vorteil von Beobachtungsstudien in Apotheken. So hatte eine Arbeitsgemeinschaft der University of Manchester unter der Leitung von Prof. Dr. Peter Noyce Beratungsgespräche des Apothekenpersonals mit Patienten beobachtet und auf Tonbändern aufgezeichnet. Da die Beratungsgespräche im Zusammenhang mit weiteren in der Apotheke stattfindenden Tätigkeiten standen, konnten sie als Teil eines in der Apotheke ablaufenden Gesamtprozesses bewertet werden.
Evaluierung von Apothekendaten
Mit der Evaluierung von in Apotheken erhobenen Daten beschäftigten sich Mary Tully und Majorie Weiss in ihrem Workshop. Neben traditionellen Therapiezielen wie reduzierte Morbidität und Mortalität werden heute auch eine erhöhte Lebensqualität, Patientenzufriedenheit und ein verbesserter Gesundheitsstatus angestrebt. Den Nutzen einer pharmazeutischen Intervention durch Veränderungen am Patienten nachzuweisen, ist methodisch relativ schwierig, denn andere Einflüsse, die auf den Patienten einwirken und z. B. seine Lebensqualität verbessern, müssen ausgeschlossen werden. Die Qualität solcher Ergebnisse hängt von den gewählten Meßinstrumenten ab. Als Kriterien einer Methode gelten ihre
- Validität
- Zuverlässigkeit,
- Empfindlichkeit und,
- Genauigkeit.
Zusammenfassend wurde festgestellt, daß die Festlegung der therapeutischen Ziele und die Auswahl der Methoden, mit denen die Therapieerfolge gemessen und bewertet werden sollen, die Grundlagen bilden, zuverlässige und qualitativ hochwertige Daten zu erhalten. Dabei erweist sich die Zusammenarbeit von Experten (Mediziner, Pharmazeuten, Soziologen) und auch Patienten als hilfreich und sinnvoll.
Lebensqualität
Hugo Robays, Universität Gent, und Frank Peys, Belgisches Institut für Gesundheitsökonomie, gingen in ihrem Workshop auf die zahlreichen methodischen Probleme ein, die bei der Messung und Bewertung von Lebensqualität auftreten. Die derzeit benutzten Fragebögen, die entweder allgemein gehalten oder krankheitsspezifisch gestaltet sind, erfordern gewöhnlich einen hohen Zeitaufwand bei der Datenerfassung und Auswertung. Der an sich wünschenswerten Reduktion auf wenige, aber aussagekräftige Fragestellungen steht jedoch die Mehrdimensionalität der Lebensqualität gegenüber, die nicht nur von den allgemein akzeptierten Domänen", sondern auch von Erwartungshaltungen und Vergleichsmöglichkeiten beeinflußt wird.
Versucht man, Lebensqualität bei schizophrenen Patienten zu bestimmen, stößt man an zusätzliche Grenzen, da die Wahrnehmung der Wirklichkeit krankheitsbedingt gestört ist. Bestimmte Fragen, etwa zur psychischen Leistungsfähigkeit, können deshalb irrelevant sein oder vom Kranken als Provokation aufgefaßt werden, so daß auch die Aussagen von engen Bezugspersonen berücksichtigt werden müssen. Generell muß bei psychisch kranken Patienten äußerst einfühlsam vorgegangen werden. Dennoch können auch allgemeine Fragebögen wie der SF-36 Aussagen liefern, wenn die Ergebnisse mit der Normpopulation" verglichen werden kann. Werden Fragebögen zur Lebensqualität mehrfach hintereinander eingesetzt, lassen sich unter Umständen Aussagen über die Effektivität verschiedener therapeutischer Ansätze treffen.
Pharmaceutical Care
Han de Gier, Niederlande, stellte in seinem Vortrag die Ergebnisse einer Literaturrecherche in Medline und in den International Pharmaceutical Abstracts zu Pharmaceutical-Care-Studien dar, wobei der spezielle Focus auf das jeweilige Studienergebnis gelegt wurde. Nur 19% der gefundenen Publikationen hatten direkte Veränderungen beim Patienten, wie die Verbesserung der Lebensqualität durch die Intervention des Apothekers, zum Ziel. De Gier machte deutlich, wie schwierig es ist, geeignete Methoden zu finden, um die Lebensqualität eines Patienten zu beurteilen. Auch etablierte, validierte Fragebögen, wie der SF-36 Health Status Survey, sind nicht immer geeignet, eine durch pharmazeutische Intervention erreichte veränderte Lebensqualität im Vergleich zum Ausgangsstatus nachzuweisen.
TOM-Asthma in Dänemark
Hanne Herborg stellte die dänische TOM(Therapeutic Outcomes Monitoring)-Asthma-Studie vor. An den TOM-Asthma-Studien nehmen acht europäische Länder teil, wobei die deutsche TOM-Asthma-Studie in Hamburg unter Leitung der ABDA durchgeführt wird. Die Implementierung von Pharmaceutical Care in den Apothekenalltag und die Ermittlung eines Nutzens einer pharmazeutischen Betreuung für Asthmapatienten gehören zu den Zielen. Arzneimittelbezogene Probleme sollen identifiziert und Problemlösungsstrategien entwickelt und umgesetzt werden. Weiterhin sollen der Therapieerfolg und die Lebensqualität der Patienten verbessert und die Arzneimittelsicherheit erhöht werden.
Wirkung von Arzneimitteln
Michael Montagne ging auf die Wirkung von Arzneimitteln ein, die nicht nur auf die pharmakologische Aktivität des Arzneistoffes zurückzuführen ist, sondern auch auf die individuelle Wahrnehmung des Patienten und sein Wissen über ein Arzneimittel. So kann z. B. eine unterschiedliche Beschriftung desselben Arzneimittels bei Patienten zu unterschiedlichen Wirkungen führen. Daher sollten zur Interpretation von Arzneimittelwirkungen sowohl pharmakologische als auch patientenspezifische Effekte des Arzneimittels berücksichtigt werden.
Ausblick
Im Jahr 2000 wird der Social Pharmacy Workshop in Kuopio, Finnland, stattfinden. Die University of Sydney, Australien, soll Gastgeber des 12. Workshops im Jahr 2002 sein. Somit wird dieser internationale Workshop weiterhin helfen, die Sozialpharmazie weltweit zu festigen.
Ebenfalls dazu beitragen soll ein International Social Pharmacy Network, das mit einer eigenen Website im World Wide Web vertreten sein soll. Vertreter des Fachgebietes können sich dort mit ihren Forschungsschwerpunkten vorstellen, Kurse anbieten und Kursmaterial einstellen. Zusätzliche Informationen zu Socrates oder Links zu anderen wissenschaftlichen Gesellschaften, z. B. der Euro-DURG, sollen Schritt für Schritt aufgebaut werden.
Editha Räuscher
Institut für Pharmazie der Humboldt-Universität, Arbeitsgruppe
Pharmakoepidemiologie/Sozialpharmazie
Goethestraße 54
13086 Berlin
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