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Andrea Fischer neue Gesundheitsministerin
Am Dienstagvormittag (20. Oktober) wurde der Koalitionsvertrag der neuen Regierung unterzeichnet, der anschließend nach Redaktionsschluß dieser Ausgabe offiziell in Bonn vorgestellt wurde.
Am vergangenen Wochenende hatten Sozialdemokraten und Bündnisgrüne ihre Koalitionsverhandlungen unter anderem zur Gesundheitspolitik abgeschlossen. Zeitungsberichten zufolge wird die neue Koalition in diesem Bereich schrittweise vorgehen.
Entlastung bei den Zuzahlungen
Chronisch Kranke und ältere Versicherte sollen bei den Selbstbehalten entlastet werden, wobei Beträge noch nicht festgelegt wurden. Gleichzeitig wird auch die Koppelung von Beitrags- und Zuzahlungserhöhungen gestrichen, die nur bis Jahresende ausgesetzt war, ebenso die Dynamisierung entsprechend der Lohnentwicklung. Künftig soll Zahnersatz als Sachleistung wieder eingeführt werden, auch für die ab 1978 geborenen. Ein Vorschaltgesetz soll die Ausgaben der Kassen vorläufig begrenzen. Das Krankenhaus-Notopfer in Höhe von jährlich 20 Mark wird gestrichen.
Positivliste kommt
Ab 2000 wollen SPD und Grüne eine Strukturreform im Gesundheitswesen umsetzen. Dann soll die Liste verordnungsfähiger Arzneimittel (Positivliste) kommen. Geplant sind darüber hinaus ein Globalbudget für die Krankenkassen, die Stärkung der Rolle der Hausärzte und deren verbesserte Zusammenarbeit mit Fachärzten. Zudem sollen sich die Krankenkassen an Klinikinvestitionen beteiligen, die bisher Ländersache waren.
Keine Einschränkungen bei der Lohnfortzahlung
Die Einschränkungen bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und beim Kündigungsschutz sollen umgehend wieder aufgehoben werden. Die Rücklagen der Pflegeversicherung sollen in einen verzinslichen Kapitalstock fließen, gleichzeitig ist an Leistungsverbesserungen zum Beispiel für die Betreuung Demenzkranker gedacht.
Die zu erwartenden Mehrausgaben bei der Krankenversicherung wollen SPD und Grüne durch die Ausweitung der Versicherungspflicht für geringfügig Beschäftigte (620-Mark-Jobs, neue Länder: 520 Mark) und für Scheinselbständige finanzieren. Vor allem dauerhaft Erwerbstätige sollen in die Sozialkassen einzahlen, an Ausnahmen wie zum Beispiel Studenten in den Semesterferien wird gedacht.
Bis zum Jahr 2002 sollen durch Ökosteuern die Sozialversicherungsbeiträge unter 40 Prozent sinken, die heute bei 42,3 Prozent liegen.
Die neue Gesundheitsministerin
Die 38jährige Andrea Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) wird neue Bundesgesundheitsministerin und damit Nachfolgerin von Horst Seehofer (CSU). Fischer ist seit 1994 Abgeordnete des Deutschen Bundestags und sozialpolitische Sprecherin der Fraktion. Bei den jüngsten Bundestagswahlen war sie von ihrer Partei als Berliner Spitzenkandidatin nominiert worden.
Die Wahlberlinerin wurde im westfälischen Arnsberg geboren, sie arbeitete nach Abitur und Ausbildung mehrere Jahre als Offset-Druckerin sowie als Korrektorin in Hamburg und Berlin. 1985 trat sie den Grünen bei. Zwischen 1985 und 1990 studierte sie Volkswirtschaft an der Freien Universität Berlin und war während des Studiums für die "tageszeitung" sowie für den Westdeutschen Rundfunk tätig.
Im Anschluß an ihr Studium arbeitete Fischer als wissenschaftliche Mitarbeiterin einer Berliner Abgeordneten der Grünen im Europaparlament, ab 1991 im Wissenschaftszentrum Berlin, ab 1993 in der Grundsatzabteilung "Zukunftsfragen der sozialen Sicherheit" der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin.
Schwerpunkte ihrer bisherigen Arbeit lagen bei der Rentenpolitik, der bedarfsabhängigen Grundsicherung, Pflege, Asylbewerberleistungen und Behindertenpolitik. In der Gesundheitspolitik gilt die Diplom-Volkswirtin bisher als unbeschriebenes Blatt. Fischer ist das jüngste Mitglied im neuen Kabinett.
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