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Arzneimittel und Therapie
Entacapon: peripher wirksamer COMT-Hemmer
COMT-Hemmer inhibieren spezifisch das Enzym Catechol-O-Methyl-Transferase, das Levodopa zu unwirksamem 3-O-Methyl-Dopa abbaut. Sie sind deshalb, ähnlich wie die inzwischen unentbehrlichen Decarboxylasehemmer, nur bei gleichzeitiger Gabe von Levodopa wirksam. Ihr Effekt: Die Bioverfügbarkeit von Levodopa wird erhöht. Da jedoch nicht die Peak-Konzentration, sondern die AUC insgesamt verbessert wird, kommt es letztlich auch zu einer Verschiebung von einer pulsatilen hin zu einer kontinuierlicheren Rezeptorstimulation. Dies wirkt sich günstig auf das Auftreten von motorischen Fluktuationen, Dyskinesien und On-Off-Phänomenen aus, wie sie in späteren Stadien der Erkrankung und nach längerer Levodopa-Therapie auftreten. Indiziert sind COMT-Hemmer deshalb als Add-on-Therapie bei Patienten, die unter Levodopa/Decarboxylasehemmer unter den beschriebenen End-of-dose-Phänomenen leiden. Daß COMT-Hemmer durchaus ihre Berechtigung haben, zeigt der Blick auf die Häufigkeit von Dyskinesien unter Levodopa/Decarboxylase-Therapie: Immerhin leiden nach fünf Jahren bereits 45 Prozent der Parkinson-Patienten unter Dyskinesien, nach zehn Jahren sind es 65,7 Prozent und nach 15 Jahren liegt die Zahl bei 87,8 Prozent.
Kein Einfluß auf zerebrale Vorgänge
Der neue COMT-Hemmer Entacapon ist eine hydrophile Verbindung, die die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden kann. Sie wirkt deshalb im Gegensatz zu Tolcapon nur peripher. Mögliche Wechselwirkungen mit den komplizierten Vorgängen im Gehirn sind nicht zu erwarten. In einer therapeutischen Dosis von 200 Milligramm läßt sich die periphere COMT zu 40 bis 60 Prozent inhibieren. Dosen zwischen 5 und 800 mg zeigen eine lineare Dosis-Wirkungs-Beziehung. Die Wirkung auf Levodopa macht der Blick auf die Serum-Spiegel deutlich: Die Peak-Konzentration bleibt weitgehend unverändert, während sich die AUC verbessert. Dadurch steigt auch die im Gehirn verfügbare Levodopa-Menge an.
Verlängerung der On-Phasen um knapp zwei Stunden
Entacapon wurde inzwischen an über 2000 Patienten in mehr als 50 klinischen Studien untersucht. In zwei plazebokontrollierte Untersuchungen wurde die Wirkung an insgesamt 376 Patienten mit Morbus Parkinson geprüft, die unter End-of-dose-Phänomenen litten. Innerhalb von 8 bis 24 Wochen verbesserte sich die On-Zeit der Patienten im Mittel von 9,3 auf 10,7 Stunden (Plazebo: 9,2 auf 9,4 Stunden) bzw. von 60 Prozent pro Tag auf 66,8 Prozent pro Tag (Plazebo: 60,8 auf 62,8 Prozent pro Tag). Die Off-Zeiten verringerten sich entsprechend. Diese für Gesunde auf den ersten Blick geringfügige Erhöhung der On-Zeiten von ein bis zwei Stunden täglich bedeutet für den Parkinson-Patienten ein deutliches Plus an Lebensqualität.
Tips für Beratung und Therapie
- {te}Insbesondere zu Beginn einer Therapie mit COMT-Hemmern treten vermehrt dopaminerge Begleiterscheinungen, wie Dyskinesien, Übelkeit oder Halluzinationen auf. Die Ursache dafür liegt auf der Hand: Dem Gehirn steht durch den verlangsamten Levodopa-Abbau zu viel Dopamin zur Verfügung. Es gilt deshalb, die Levodopa-Zufuhr individuell zu reduzieren.
- Die Wirkung der COMT-Hemmer setzt bereits am ersten Behandlungstag ein. Die Wirksamkeit wird dann innerhalb von vier Wochen nur noch geringfügig gesteigert. Umgekehrt endet der Effekt nach Absetzen des Medikaments sofort. Der Arzt, aber auch der Patient können innerhalb kurzer Zeit erkennen, ob die Therapie "anschlägt". Ein Therapieversuch erfordert deshalb nur wenig Toleranz vom Patienten.
- Schwere Diarrhöen scheinen unter Entacapon seltener zu sein als unter Tolcapon. Sollten dennoch gravierende Durchfälle auftreten, muß der COMT-Hemmer abgesetzt werden. Ein erneuter Versuch nach vier Wochen mit einer niedrigeren Dosierung ist allerdings möglich. Zur Behandlung der Durchfälle wird Loperamid empfohlen.
- Ein klinisch signifikanter Anstieg der Transaminasen in der Leber war unter Entacapon bislang ebenso selten wie unter Plazebo. Nach den neuesten Erfahrungen mit Tolcapon, das bei einzelnen Patienten schwere Leberschäden verursacht hat, wird dennoch empfohlen, auch unter Entacapon die Leberwerte regelmäßig zu kontrollieren. Konkret bedeutet dies eine Überprüfung zu Beginn der Therapie sowie nach drei, sechs, neun, zwölf und 24 Wochen. Dann können, falls kein positiver Befund besteht, die Abstände vergrößert werden.
- Der Urin kann sich unter Entacapon stärker als unter Tolcapon rötlich verfärben.
- Entacapon muß mit jeder Levodopa-Dosis eingenommen werden. Ideal wären deshalb Präparate, bei denen der COMT-Hemmer mit Levodopa/Decarboxylasehemmer kombiniert wäre.
{zt>Parkonson im Internet
Informationen über die Parkinson-Krankheit finden sich im Internet zuhauf. Zahlreichen Patienten-Selbsthilfegruppen dient es als Informations- und Kommunikationsmedium. Ab Januar 1999 startet nun der geschlossene Online-Dienst multimedica (http://www.multimedica.de), der sich als Plattform für Ärzte und Apotheker versteht, ein besonderes Projekt: Die Infoline Parkinson soll einen umfassenden Überblick über das neurologische Krankheitsbild und seine unterschiedlichen Facetten geben. Basisinformationen für "Neueinsteiger" sind ebenso enthalten wie neueste Forschungsergebnisse, die für Spezialisten interessant sind. Aufgegriffen werden zusätzlich Infos, die Patienten und deren Angehörige über das Internet abfragen können. Außerdem im Angebot: Online-Anmeldung für Kongresse und Einsicht in die jeweiligen Abstracts sowie die unkomplizierte Möglichkeit der Literatur-Recherche in medline.
Quelle
Dr. Kari Reinikainen, Espoo/Finnland, Prof. Dr. Heinz Reichmann, Dresden; Launch-Symposium "Entacapon - Die neue Perspektive in der Parkinson-Therapie", Prien am Chiemsee, 7. November 1998, veranstaltet von Orion Pharma, Espoo, Finnland.
Dr. Beate Fessler, München
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