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Prisma
Gefühlvolles auf der Fensterbank
Was man durch Experimente mit Musik, Licht und Duftstoffen schon seit langem vermutet, hat sich nun auch auf molekularbiologischer Ebene nachweisen lassen: Pflanzen können sehen, schmecken, riechen, fühlen und hören. Grundlage für die pflanzliche Sinneswelt sind Phytohormone, die in den Ästen und Blättern schwimmen und in den Pflanzenstengeln wie in einem Nervensystem geleitet werden. Ähnlich wie bei Mensch und Tier agieren diese Hormone über verschiedene Rezeptoren. So konnte beispielsweise 1996 in der Spitze von Maiskeimlingen ein Rezeptor lokalisiert werden, der dem Sehprotein Rhodopsin in den Stäbchen der menschlichen Netzhaut ähnelt und der den Pflanzen die Orientierung zum Licht ermöglicht. Die Fähigkeit zu riechen und Duftstoffe zu verströmen ist wahrscheinlich die wichtigste Kommunikationsform von Pflanzen und dient gleichzeitig der Abwehr von Gefahren. Die Reaktion auf Berührung läßt sich eindrucksvoll am Beispiel von fleischfressenden Venusfliegenfallen oder den empfindlichen Mimosen belegen.
Es steckt also sehr viel mehr in Geranien und Co. als auf den ersten Blick vermutet werden könnte, und gutgemeinte Ratschläge, man solle doch mit seinen Tomaten sprechen, damit sie besser wachsen, sind vor diesem Hintergrund auch nicht mehr so abwägig. Übrigens: Pflanzen sind Klassikfans; wer seinen Ficus liebt, sollte ihn daher lieber mit Bach oder Brahms als mit Heavy Metal beschallen. ral
Quelle: Der Spiegel 45/1998, S. 254ff
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