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Hoechst + Rhône-Poulenc = Aventis

Der neue Stern am Himmel der börsennotierten Pharmawerte heißt Aventis. Er wird aus der Fusion von Hoechst AG und Rhône-Poulenc S.A. hervorgehen. Nach 135 Jahren verschwindet mit dem Namen und dem traditionellen Unternehmen Hoechst ein Stück deutscher Firmengeschichte.


Auf der gemeinsamen Pressekonferenz am 1. Dezember wurde ersichtlich, daß die beiden Konzerne in einem zweistufigen Prozeß vereinigt werden sollen. Zunächst werden die "Life-Science-Aktivitäten" der beiden Fusionspartner zusammengelegt, d. h. die jeweiligen operativen Bereiche Pharma und Pflanzenschutz sowie Tiergesundheit. Geplante Kostenersparnis: jährlich 2 Milliarden DM. Beide Unternehmen werden separat als Aventis Hoechst und Aventis Rhône-Poulenc an der Börse notiert. Der zweite Schritt ist dann bis zum Jahre 2001 die vollständige Verschmelzung zu einem Konzern, nachdem sich beide Unternehmen von ihren Chemiesparten getrennt haben.
Mit Aventis entsteht der weltweit größte Pharmakonzern mit einem Umsatz von rund 32 Milliarden DM und 95000 Mitarbeitern. Aventis rangiert damit noch vor den bisherigen "Top 3" der Pharmawelt, nämlich Merck (USA), Glaxo-Wellcome (GB) und Novartis (CH). Der geplante Forschungsetat des neuen Unternehmens liegt etwa ein Drittel über dem von Glaxo-Wellcome.
Rhône-Poulenc hat durch die Fusion eine Sorge weniger, nämlich die vor einer feindlichen Übernahme vor allem durch ein britisches oder US-amerikanisches Unternehmen. Immerhin befanden sich Ende 1997 mehr als die Hälfte der Anteilsscheine von Rhône-Poulenc in der Hand von Großanlegern in den USA und in Großbritannien. Die bekanntermaßen unterschiedlichen Ansichten zwischen Franzosen und Amerikanern in Managementfragen legten schon länger einen Zusammenschluß mit einer deutschen Adresse nahe. Mit den Vorständen deutscher Pharmahersteller sei der Umgang ohnehin unkomplizierter, wie Jean-René Fourtou, Präsident von Rhône-Poulenc, nach Angaben der FAZ bereits vor zwei Jahren bemerkte. Fourtou bezeichnete Hoechst schon damals als seinen Wunschpartner. Die "Chemie" zwischen den beiden Firmenchefs stimmt offensichtlich, das persönliche Verhältnis ist von gegenseitiger Wertschätzung geprägt. Die Einigkeit in der Spitze ist eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen der Fusion. In der Zwischenzeit war auch über einen Zusammenschluß von Rhône-Poulenc mit dem zweitgrößten französischen Pharmakonzern Sanofi nachgedacht worden. Dieser wurde aufgrund zu hoher sozialer Kosten jedoch nicht weiter verfolgt.
Marktbeobachter sehen die Verbindung eher als "Vernunftehe" denn als "Wunschhochzeit" und bemerken dazu, daß sowohl Hoechst als auch Rhône-Poulenc derzeit nicht allzu gut dastehen. Zum einen werden die Unternehmen als hoch verschuldet und vergleichsweise ertragsschwach bezeichnet, andererseits mangelt es beiden an genügend innovativen Entwicklungen in der Forschungspipeline.
Dennoch ist Rhône-Poulenc ein in Frankreich gerade auch beim Kleinanleger äußerst beliebtes Unternehmen. Die Aktie ist mit mehr als einer Million Kleinaktionären nach der France Télécom die zweitwichtigste "Volksaktie" der Franzosen.
Positiv gewertet werden von den meisten Wertpapierspezialisten die Aussichten für die künftigen Sektoren Pflanzenschutz und Sera des neuen Unternehmens, die als jeweilige Nischenanbieter weltweit führend sein werden.
Die Beschäftigten beider Firmen, Gewerkschafter und Betriebsräte stehen den Fusionsplänen skeptisch gegenüber. Aventis wird, auch aus steuerlichen Gründen, als Aktiengesellschaft nach französischem Recht mit juristischem Sitz in Straßburg konzipiert. Im Aufsichtsrat werden keine Arbeitnehmer vertreten sein. Mehrere tausend Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel.
Dr. Regine Schmidt

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