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Bericht
Der Euro steht vor der Tür
Anders verläuft die Umstellung bei Börsengeschäften. Bereits ab Januar 1999 gehören Kursnotierungen von Mark, Franc oder Lira auf den Devisentafeln der Vergangenheit an, an deren Stelle wird der Euro treten. Auch sämtliche Börsenkurse werden vom ersten Handelstag des neuen Jahres an in Euro notiert.
Die Einführung des Euro wird von Wirtschaftsexperten in bezug auf den künftigen europäischen Aktienmarkt überwiegend positiv gewertet. Ein wichtiges Argument für den Euro ist der Wegfall des Wechselkursrisikos. Die Statuten der Europäischen Zentralbank (EZB) und die personelle Zusammensetzung des Zentralbankrates sprechen für einen guten Start des Euro und eine stabile Geldpolitik für "Euroland".
Innerhalb der EWU werden die nationalen Aktienmärkte und die Konjunkturzyklen einzelner Länder an Bedeutung verlieren. Für den Anleger wird es zunehmend wichtiger, seine Investments grenzüberschreitend zu planen. Dabei kommt es darauf an, Unternehmen derselben Branche aus unterschiedlichen EWU-Staaten miteinander zu vergleichen: beispielsweise aus der Elektrobranche Siemens (D), Alcatel (F) und Philips (NL). Nationale Börsenindizes wie der DAX werden in "Euroland" zugunsten solcher Indizes, die den europäischen Markt abbilden, unwichtiger. Investoren orientieren sich statt dessen an neuen Kursbarometern wie beispielsweise dem Dow Jones Euro STOXX 50, der die 50 wichtigsten "Blue Chips" aus den Staaten der EWU repräsentiert.
Für Aktionäre gilt vermutlich ab 1.Januar die von der neuen Bundesregierung geplante verlängerte Frist für Spekulationsgewinne bei Aktiengeschäften. Verkaufte ein Aktionär bisher sein Papier innerhalb von sechs Monaten nach Kauf mit Gewinn, so war dieser Gewinn steuerpflichtig. Geplant ist hier eine rückwirkende Verlängerung dieser Frist von sechs auf zwölf Monate. Bis zum 31. 12. 1998 kann ein Anleger, der beispielsweise am 1. Juni 1998 seine Aktien erworben hat, diese ab 2. Dezember 1998 verkaufen, ohne ggf. einen Kursgewinn versteuern zu müssen. Hält er das Papier aber über das Jahresende 1998 hinaus in seinem Depot, soll ab 1. 1. 1999 die verlängerte Spekulationsfrist gelten, so daß er die Aktien dann skurrilerweise erst ab 2. Juni 1999 wieder verkaufen kann, wenn er den Fiskus am Kursgewinn nicht beteiligen möchte. Freilich spielt diese Regelung für den langfristig orientierten Anleger nur eine untergeordnete Rolle.
Mittlerweile sind durch einen kürzlich ergangenen Verwaltungserlaß des Bundesfinanzministeriums die Einzelheiten der steuerlichen Behandlung von Aktienrückkäufen durch Unternehmen geklärt worden. Seit Mai 1998 dürfen börsennotierte Unternehmen bis zu zehn Prozent ihrer eigenen Aktien zurückkaufen. Seitdem haben sich nach Angaben des Deutschen Aktieninstituts bereits 63 Unternehmen auf der Hauptversammlung bei ihren Aktionären eine entsprechende Ermächtigung eingeholt, darunter BASF, Metallgesellschaft SAP, Schering, SGL Carbon und Stada. Durch Aktienrückkäufe steigen sowohl die Eigenkapitalrendite als auch der Gewinn pro Aktie, da bei der Berechnung dieser Parameter die zurückgekauften Aktien abgezogen werden. Allein die Ankündigung, daß Aktien zurückgekauft werden sollen, beflügelt in der Regel die Kurse dieser Werte. Schering, Stada und Kögel haben bereits mit der Transaktion begonnen, weitere Unternehmen werden folgen.
Eine unvermindert wichtige Einflußgröße für die Entwicklung der hiesigen Aktienmärkte bleiben die Finanzkrisen in den Schwellenländern. Die Wirtschaftseinschätzungen für Japan bleiben weiterhin pessimistisch, zahlreiche Staaten Asiens kämpfen mit der Rezession und auch aus Rußland und Lateinamerika könnte neues wirtschaftliches Ungemach drohen. So ist nach der vergangenen Berg- und Talfahrt auch im kommenden Börsenjahr bei den Anlegern Mut zum Risiko gefragt.
Dr. Regine Schmidt
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