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Arzneimittel und Therapie
Robert Koch-Institut: Warnung vor Antibiotikaeinsatz in der Tiermast
Das Bundesministerium für Gesundheit hat daraufhin auf ein Verbot für den Einsatz des Glykopeptidantibiotikums Avoparcin als Futterzusatz zur Beschleunigung der Gewichtszunahme von Tieren hingewirkt, das für Deutschland vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im Januar 1996 ausgesprochen wurde. Im führenden amerikanischen Wissenschaftsjournal Science wurde jetzt eine Übersichtsarbeit des RKI-Wissenschaftlers Wolfgang Witte zu diesem Thema veröffentlicht [Science 279, 996-997 (1998)].
Deutlicher Rückgang glykopeptid-resistenter Enterokokken Durch weitergehende Untersuchungen der von Prof. Witte geleiteten Arbeitsgruppe am RKI konnte ein deutlicher Rückgang des Auftretens glykopeptidresistenter Enterokokken in Fleischprodukten nachgewiesen werden. So waren noch 1994 alle untersuchten Proben des im Handel angebotenen Geflügels massiv von glykopeptidresistenten Enterokokken besiedelt, während dies 1997 nur noch bei 25 Prozent der untersuchten Proben der Fall war. Im selben Zeitraum ist auch beim Menschen ein Rückgang des Befalls mit den resistenten Bakterien zu verzeichnen gewesen. Wurden diese 1994 noch bei 12 Prozent der gesunden, nicht hospitalisierten Menschen gefunden, so trat der Erreger 1997 nur bei 3,3 Prozent der Probanden auf. Aufgrund dieses Rückgangs kann auch erwartet werden, daß glykopeptidresistente Enterokokken deutlich weniger häufig in Krankenhäuser eingeschleppt werden, wo sie bislang bei vorgeschädigten Patienten immer wieder zu schwersten Infektionen führen. Eine mit der Situation vor dem Verbot von Avoparcin für die Tiermast vergleichbare Lage ist auch bei anderen Antibiotika anzutreffen. Eine Resistenz gegenüber dem Antibiotikum Virginiamycin konnte beispielsweise bei Krankheitserregern gefunden werden, die beim Menschen Infektionen ausgelöst hatten, noch bevor es überhaupt zur Behandlung von Patienten eingesetzt wurde. Virginiamycin wurde aber schon lange als Wachstumsförderer in der Tiermast eingesetzt. Das entsprechende Resistenzgen konnte von den Wissenschaftlern des RKI bei Enterokokken von Masttieren und Fleischprodukten nachgewiesen werden.
Auf antibiotische Mastbeschleuniger verzichten! "Die am RKI in Wernigerode erzielten Forschungsergebnisse legen nahe, zukünftig auf antibiotische Mastbeschleuniger in der Tiermast völlig zu verzichten, um nicht mehr kalkulierbare Risiken für die Gesundheit des Menschen zu vermeiden," meint Prof. Reinhard Kurth, Leiter des Robert Koch-Instituts. In Schweden ist zum Beispiel der Einsatz von Antibiotika in der Tiermast seit 1986 verboten. Die Resistenzentwicklung bakterieller Infektionserreger gegen Antibiotika wird durch zwei Hauptkomponenten bestimmt: das Vorhandensein übertragbarer Resistenzgene einerseits und andererseits den Selektionsdruck, dem die Erreger durch den Einsatz von Antibiotika ausgesetzt sind. Krankenhauspatienten, die naturgemäß für Infektionen besonders empfänglich sind und deshalb mit Antibiotika behandelt werden müssen sowie industriemäßig gehaltene Masttiere sind derzeit die beiden wesentlichen Reservoire der Antibiotikaresistenz. Neben dem Einsatz zur Therapie und Prophylaxe infolge von Infektketten, die sich in großen Mastbeständen sehr rasch ausbreiten können, werden erhebliche Mengen antibakterieller Wirkstoffe in der Tiermast auch als Wachstumsförderer eingesetzt.
Quelle Presseinformation des Robert Koch-Instituts, Berlin
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