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Arzneimittel und Therapie
Säuglingsnahrung: Intelligentere Kinder durch mehrfach ungesättigte Fettsäure
Die essenziellen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind für einen funktionierenden Stoffwechsel unentbehrlich. Dies gilt bereits für die Entwicklung des Embryos. Unproblematisch ist die Versorgung mit Linol- und Linolensäure. Nicht immer erhält das Ungeborene jedoch ausreichende Mengen der langkettigen, mehrfach ungesättigten ungesättigten Fettsäuren (LC-PUFA = long chain polyunsaturated fatty acids), wie Arachidonsäure (AA) und vor allem Docosahexaensäure (DHA). Grundsätzlich können diese zwar im Organismus aus den Vorstufen gebildet werden. Stoffwechselstudien an Säuglingen haben jedoch gezeigt, dass dieser Metabolismus im kindlichen Organismus äußerst ineffizient ist. Vor allem ein Defizit an DHA scheint in der vorgeburtlichen und frühkindlichen Entwicklung problematisch zu sein.
LC-PUFA fördert das Sehvermögen
Besonders wichtig scheint DHA für die Entwicklung der Sehschärfe zu sein. So lassen sich Korrelationen zwischen dem DHA-Status von Neugeborenen und der späteren Sehschärfe ziehen. Wird die Sehschärfe gestillter Babys, die mit der Muttermilch ausreichend DHA erhalten, und Flaschenbabys mit einem DHA-Defizit im Alter von vier bis fünf Monaten verglichen, schneiden die gestillten Babys besser ab. Es wird vermutet, dass die Effekte von LC-PUFA auf visuelle Funktionen von der günstigeren Zusammensetzung von Membranlipiden, insbesondere dem DHA-Gehalt retinaler und neuraler Membranen, herrühren.
Kleine Einsteins durch LC-PUFA?
Gestillte Säuglinge sind aber auch in ihrer intellektuellen Entwicklung den Flaschenbabys voraus. Dies allein auf den DHA-Gehalt in der Muttermilch zurückzuführen, würde der Komplexität der kindlichen Entwicklung sicher nicht gerecht werden. Es gibt allerdings Hinweise darauf, dass eine ausreichende Versorgung mit LC-PUFA günstig für die Entwicklung kognitiver Fähigkeiten ist. Eine Vergleich zeigte: Babys, deren Nahrung mit AA und DHA angereichert war, konnten Spielzeug schneller entdecken und zu sich heranziehen als Babys, die mit Formelnahrung ohne LC-PUFA groß geworden waren.
Alles deutet derzeit darauf hin, dass eine ausreichende Versorgung mit LC-PUFA für die Entwicklung des Kindes von Vorteil ist. Dass aus einem Baby später ein Einstein junior wird, ist allerdings auch bei DHA-reicher Säuglingsnahrung eher unwahrscheinlich.
Ausreichend DHA für Schwangere und Stillende
Die Konsequenzen liegen auf der Hand: Werdende und stillende Mütter sollten darauf achten, dass sie mit der Nahrung ausreichende Mengen an DHA zu sich nehmen. Das ist allerdings schwieriger als es auf den ersten Blick erscheint. Denn: Wer isst schon gerne zweimal pro Woche fetten Fisch. Hering, Wildlachs und Makrele, aber auch mageres Fleisch gelten als gute DHA-Lieferanten. Das Angebot an Lebensmitteln, die mit DHA angereichert sind, ist hierzulande - anders als in England oder Dänemark - noch gering.
Doch keine Panik! Säuglinge, die gestillt werden, werden auch in Deutschland ausreichend mit den notwendigen Fettsäuren versorgt. Muttermilch, die zu 50 Prozent aus Fett besteht, liefert die essentiellen Vorläufer-Fettsäuren Linolsäure und Linolensäure, aber auch beträchtliche Mengen an DHA und AA. Der Anteil an DHA in der Muttermilch liegt bei 0,2 bis 0,5 Prozent. Bei Frauen, die sich überwiegend von Fisch und Meeresfrüchten ernähren, kann er auf bis zu 2 Prozent ansteigen.
Säuglingsnahrung: am besten DHA-angereichert
Säuglingsmilchnahrungen, insbesondere für die ersten Monate, wurden zwar schon immer der Muttermilch so gut wie möglich angepasst. Um den Bedarf an Fettsäuren zu decken, enthalten sie allerdings traditionell nur Linol- und Linolensäure, im Gegensatz zur Muttermilch jedoch weder DHA noch AA. Säuglinge, die mit diesen Formelnahrungen gefüttert werden, haben niedrigere DHA-Blut- und Gewebespiegel als Säuglinge, die Muttermilch erhalten. Günstiger sind daher Säuglingsmilchnahrungen, die mit DHA und AA angereichert sind. Sie gewährleisten eine ähnlich gute Versorgung der Säuglinge mit langkettigen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren wie die Muttermilch. Untersuchungen haben gezeigt, dass sie den LC-PUFA-Status normalisieren, ohne dass ungünstige Effekte befürchtet werden müssen.
Die Stiftung Kindergesundheit empfiehlt aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse, dass Säuglinge möglichst gestillt werden sollten - und zwar mindestens über vier bis sechs Monate. Babys, die aus welchem Grund auch immer nicht gestillt werden können, sollten mit einer Formelnahrung gefüttert werden, die der Muttermilch möglichst ähnlich ist und daher auch entsprechende Mengen an DHA und AA enthalten sollte.
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