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Budgets 1999: Wie Ärzte bei Arzneien sparen sollen
Schwerkranke erhalten auch künftig uneingeschränkt ihre Arzneimittel, viele Patienten müssten jedoch auf bisher gewohnte Arzneimittel aus Budgetgründen verzichten, erklärte Dr. Jürgen Bausch von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Die Ärzte müssten sparen, auch wenn sie die Budgets für falsch und für 1999 zu knapp berechnet hielten, so Bausch. Unter anderem wird überall da, wo bisher noch Originalpräparate verschrieben wurden, die konsequente Umstellung auf Generika möglichst im unteren Preisdrittel propagiert (siehe ausführlich AZ Nr. 38 vom 20. September).
Konkret wurden mögliche Einsparungen bei 20 Wirkstoffen vorgestellt. Würden beispielsweise Captopril-Präparate konsequent als Generika im günstigen unteren Preisdrittel verschrieben, könnten bei einem Umsatz von 310 Millionen Mark (Wert von 1998) fast 130 Millionen Mark eingespart werden . Allein bei den 20 führenden generischen Wirkstoffen ließen sich durch Umstellung auf den unteren Mittelpreis mehr als 900 Millionen Mark sparen, sagte Rolf Stuppardt vom IKK-Bundesverband stellvertretend für die gesetzlichen Krankenkassen.
Die 20 genannten Wirkstoffe sind: Captopril, Metoprolol, Heparin, Diclofenac, Nitrendipin, Isosorbidmononitrat, Ranitidin, Glibenclamid, Cromoglicinsäure, Molsidomin, Insulin, Aciclovir, alpha-Liponsäure, Flunisolid, Tramadol, Clotrimazol, Salbutamol, Prednisolon, Nystatin und Budesonid.
Keine Bagatellarzneimittel mehr
Erinnert wird an bestehende gesetzliche Ausschlüsse - wie die für Abführmittel und Mittel gegen Reisekrankheit - sowie (nach §34 Absatz1 Sozialgesetzbuch V), beispielsweise die ausgegrenzten Erkältungspräparate für Erwachsene über 18 Jahre. Konkret wird dazu gezählt:
- chemisch definierte Expektoranzien (Acetylcystein, Ambroxol, Bromhexin, Carbocistein, Cineol, Guaifenesin und Emser Salz)
- pflanzliche Expektoranzien (zum Beispiel Extrakte aus Efeu, Primel, Thymian, etherische Öle wie Eucalyptus, Myrtol)
- Kombinationen von Expektoranzien mit anderen Wirkstoffen (zum Beispiel mit Antibiotika, Antitussiva)
- Homöopathische Expektoranzien
Zu den ausgeschlossenen Mund- und Rachentherapeutika für Erwachsene wird konkret aufgezählt:
- Antiseptika (zum Beispiel Aluminiumsalze, Cetylpyridinium, Chlorhexidin, Dequalinium, Hexetidin, Povidon-Jod)
- Pflanzliche Mittel (etherische Öle, Extrakte aus Kamille, Myrrhe, Salbei)
- Kombinationen von Antiseptika mit anderen Wirkstoffen (zum Beispiel mit Antibiotika, Lokalanästhetika)
Keine Anabolika
Die Arzneimittelrichtlinien (AMR) sollen streng angewendet werden, mit Vorrang nichtmedikamentöser Maßnahmen vor den Arzneimitteln in bestimmten Fällen. Patienten mit Leberschäden durch Alkoholmissbrauch sollen aufhören zu trinken und nicht Medikamente zur Therapie der Leber verschrieben bekommen. In einer Tabelle werden die Einschränkungen (Ziffer 17.2 der Arzneimittelrichtlinien) aufgezählt. Anabolika dürfen nicht verschrieben werden (Ziffer 17.1 der AMR), auch keine fixen Kombinationen aus Vitaminen mit anderen Stoffen.
So genannte umstrittene Mittel
"Prüfen Sie eingehend die medizinische Notwendigkeit einer Arzneimitteltherapie," heißt es im Aktionsprogramm weiter. Bei "umstrittenen" Arzneimitteln sollen die Mediziner prüfen, ob deren Verordnung nötig ist oder ob den Patienten anders geholfen werden kann. Falls Versicherte Arzneimittel, die nicht medizinisch notwendig seien, trotzdem wünschen, müssten sie es selbst bezahlen. Die Präparate würden auf Privatrezepten verschrieben, die die Krankenkassen auch nachträglich nicht erstatten dürften.
Zwar werden solche Präparate aufgelistet, es wird jedoch zugleich darauf hingewiesen, dass innerhalb der Indikationsgebiete nicht jedes der auf dem Markt befindlichen Präparate als "umstritten" gelte. "Folgen Sie nicht allein unkritisch den Hinweisen der pharmazeutischen Industrie", heißt es ebenfalls im Programm, Ärzte sollen beispielsweise im Arzneiverordnungsreport nachschlagen. Als Beispiele für so genannte umstrittene Arzneimittel werden durchblutungsfördernde Mittel, Immunstimulanzien oder Venentherapeutika erwähnt.
Schrittinnovationen
Als Schrittinnovationen werden pharmakologische, in ihrer klinischen Relevanz häufig nur marginale Weiterentwicklungen bezeichnet. Der Vorteil der Neuentwicklungen gegenüber den bisherigen Substanzen sei nicht erwiesen oder nur grenzwertig. Deren Verordnung soll daher zurückgedrängt werden. Aus den Wirkstoffgruppen sollen die Ärzte nicht nur medizinisch, sondern auch nach ökonomischen Gesichtspunkten auswählen. Sie sollen abwägen, ob beispielsweise die bessere Compliance einer Einmalgabe den höheren Preis gegenüber einer preiswerteren zweimaligen Gabe rechtfertige. Für Medikamente innerhalb der gleichen Indikationsgruppe soll dasselbe gelten, zum Beispiel ACE-Hemmer versus AT-1-Rezeptorantagonisten.
Konkret wurden sechs Wirkstoffgruppen mit ihrem Gesamtumsatz, den Preisen der einzelnen Wirkstoffe für ihre Tagesdosen (DDD-Preis) und den Abweichungen des jeweiligen DDD-Preises vom Gruppendurchschnitt aufgelistet. Es sind: HMG-CoA-Reduktasehemmer, Dihydropyridinderivate, ACE-Hemmer, Protonenpumpenblocker, Betarezeptorenblocker und Makrolide, weitere Gruppen sollen folgen.
Teure Wirkstoffe im Visier
Darüber hinaus werden zehn teure Wirkstoffe aufgelistet, bei denen die Ärzte eine zweite Meinung in ihrer Kassenärztlichen Vereinigung einholen sollen. Dies sind die Wirkstoffe:
- Alglucerase, Imiglucerase
- Biphosphonate
- Botulinumtoxin
- Erythropoietine (außer bei renaler Anämie)
- Hypophysenhormone sowohl für die In-vitro-Fertilisation, als auch Wachstumshormone bei Kindern und Erwachsenen
- Hyposensibilisierungsmittel
- Immunglobuline
- Immunsuppressiva (außerhalb der Transplantationsnachsorge)
- Interferone
- Ribavirin
Auch für Heilmittel wurden Maßnahmen angekündigt. Massagen oder Wärmeanwendungen bei Verspannungen könnten nicht mehr länger zu Lasten der GKV verordnet werden. Hier sei der Patient selbst mit Schwimmen und Gymnastik gefordert. Auch Sauna oder Höhlentherapie darf nicht verschrieben werden.
Sparkurs bei Arzneimittelverordnungen
Die Bundesgesundheitsministerin hat mit Vertretern der Ärzte und Krankenkassen am 16. September in Berlin Details vorgestellt, wie die Ärzte den angekündigten harten Sparkurs bei Arzneiverordnungen fahren sollen. Dies seien Handlungsempfehlungen, die alle gemeinsam trügen. Mitte August hatten sich Ministerin, niedergelassene Ärzte und gesetzliche Krankenkassen auf das so genannte Aktionsprogramm geeinigt, da sich in mehreren Kassenärztlichen Vereinigungen abzeichnete, dass die Ausgabengrenzen zum Jahresende überschritten werden. Per Gesetz gelten für dieses Jahr die Budgets von 1996 erhöht um 7,5 Prozent. Wird mehr verordnet, haften die Ärzte mit ihrem Honorar bis maximal fünf Prozent des Betrags. Darüber hinaus gehende Überschreitungen gehen zu Lasten der Krankenkassen.
Umstellung auf Generika
Eine Maßnahme des Aktionsprogramms zur Einhaltung der Arznei- und Heilmittelbudgets 1999 ist die Umstellung auf Generika. Den Ärzten wird empfohlen, dort, wo sie noch Originalpräparate verordneten, die Medikation auf ein Präparat im unteren Preisdrittel des Generikamarktes umzustellen. In einer Tabelle werden 20 Wirkstoffe mit ihrem Umsatz und Einsparpotential angegeben. Die Wirkstoffe: Captopril, Metoprolol, Heparin, Diclofenac, Nitrendipin, Isosorbidmononitrat, Ranitidin, Glibenclamid, Cromoglicinsäure, Molsidomin, Insulin, Aciclovir, alpha-Liponsäure, Flunisolid, Tramadol, Clotrimazol, Salbutamol, Prednisolon, Nystatin und Budesonid.
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