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Arzneimittel und Therapie
Medikamentöse Tumortherapie: Neue Lösungen für die Anwendung gefordert
Andererseits darf der "Off-Label-Use" aber nach den geltenden Arzneimittelrichtlinien von der gesetzlichen Krankenversicherung eigentlich nicht erstattet werden. Probleme, die sich aus dieser Konstellation ergeben, und mögliche Lösungsansätze wurden bei einem von der Firma Lilly unterstützten Symposium im Rahmen der Jahrestagung der Deutschen und Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie diskutiert.
Viele Zytostatika sind nur für einzelne Tumorarten zugelassen
Der Onkologe steht sehr oft vor dem Problem, dass viele Zytostatika nur für einzelne Tumorarten zugelassen sind. Zunehmend sind dies eher seltenere Erkrankungen, da sich so die Kosten der Zulassungsstudien in Grenzen halten lassen. Oft zeigt sich dann in der klinischen Praxis oder in kleinen Phase-I/II-Studien, dass die Medikamente auch bei anderen Tumoren wirksam sind.
In Therapieoptimierungs-Studien, die im Rahmen der Regelversorgung durchgeführt werden, versucht man letztlich, diese Ergebnisse abzusichern. Streng genommen, so Dr. J. Geldmacher vom Ausschuss Arzneimittel des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, verbieten aber die Arzneimittelrichtlinien den Kassen die Finanzierung einer solchen Therapie bei nicht zugelassener Indikation.
Keine Erprobung auf GKV-Kosten
Dies galt bereits für die alten Arzneimittelrichtlinien, die eine "Erprobung von Medikamenten" auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung untersagten. Die neuen Richtlinien, die aufgrund einer einstweiligen Verfügung des Landgerichts Hamburg vorläufig zurückgezogen wurden, sehen den "individuellen Heilversuch", der vom medizinischen Dienst der Krankenkassen genehmigt werden muss, als Ausweg aus diesem Dilemma vor.
"Die Krankenkassen haben großes Interesse, den medizinischen Fortschritt schnell und auf breiter Front zugänglich zu machen", versicherte Dr. Ch. Straub vom VdAK, Siegburg. Dass der "Off-Label-Use" von Medikamenten - nicht nur in der Onkologie - schon bisher nicht zulässig war und trotzdem regelmäßig praktiziert wurde, sei von Ärzten und Kassen gleichermaßen zu verantworten. Ein offenbares Problem sei dies aber erst jetzt, da sich angesichts der angespannten Finanzlage der Druck von Seiten der Politik erhöhe.
Lösungsansätze
Die Erstattung auf der Basis des individuellen Heilversuchs dürfte allerdings einen hohen bürokratischen Aufwand mit sich bringen. Straub stellte zwei elegantere Lösungen zur Diskussion:
- Als "kausale Therapie" könnte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in einem Verwaltungsakt eine Erweiterung der Zulassung für Arzneimittel beschließen, für die entsprechendes wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorliegt.
- Als "symptomatische Therapie" könnte der Medizinische Dienst der Spitzenverbände (MDS) die Fachgesellschaften nach Indikationen außerhalb der Zulassung von Medikamenten fragen, dort die wissenschaftliche Evidenz prüfen lassen und auf dieser Basis eine Ausnahmeliste erstellen, die durch den Bundesausschuss verabschiedet wird.
Übernahme der US-amerikanischen Zulassungs-Strategie?
Ein Ausweg aus dem Dilemma könnte in der Übernahme der US-amerikanischen Zulassungsstrategie liegen. Dort steht der potenzielle therapeutische Nutzen eines Medikaments sehr viel mehr im Vordergrund, während bei tödlichen Krankheiten die Risiken geringer bewertet werden als in der Bundesrepublik.
Deshalb wird in den USA im Falle solcher Indikationen häufig schon ein Zulassung auf der Grundlage von Phase-II-Studien gewährt. Das amerikanische Vorgehen, das seinen Ausdruck in der ständig überarbeiteten "American Pharmacopoe" findet, wäre vor allem in der Onkologie eine durchaus praktikable Lösung für das Problem des "Off-Label-Use".
"Clearing House"
Eine Initiative der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) zur Therapieoptimierung ist das "Clearing House". Dieses mit namhaften Fachleuten besetzte Gremium sollte nach den Worten von R. Bredenkamp, DKG, Frankfurt, eine Indikationsliste erstellen, um den begründeten Einsatz verkehrsfähiger Arzneimittel außerhalb zugelassener Indikationen in der Onkologie sicherzustellen. Änderungen von Gesetzen oder Zulassungsverfahren seien langwierig, so Bredenkamp; das "Clearing House", auch wenn es vielleicht keine optimale Lösung darstelle, könne jedoch kurzfristig dem Bundesausschuss bei diesen Problemen wichtige Zuarbeit leisten.
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