BVA-Info

Steuerliche Anerkennung von Erziehungsleistungen

Das wird Verheiratete mit Kindern freuen: Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass Verheiratete gegenüber Alleinerziehenden steuerlich nicht benachteiligt werden dürfen. Damit hat es das geschafft, was Politiker aller Coleur seit Jahren als Lippenbekenntnisse von sich geben, aber nie umgesetzt haben, nämlich Erziehungsleistungen, die von einem Teil der Bevölkerung erbracht werden, anzuerkennen. Damit ist ein Stück Steuergerechtigkeit geschaffen worden, aber auch eine erhebliche finanzielle Entlastung von Eltern.

In dieser Ausgabe finden Sie folgende Themen:

Steuerliche Anerkennung von Erziehungsleistungen

Betreuungsbedarf und Erziehungsbedarf


Mit seinem aufsehenerregenden Urteil hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) am 19. Januar Ehepaare mit Kindern steuerlich erheblich besser gestellt. Nach diesem Urteil soll es zukünftig nicht mehr möglich sein, dass Alleinerziehende mit Kindern, Unverheiratete oder getrennt lebende Partner steuerlich bevorzugt werden. Diese konnten bisher z.B. Kinderbetreuungskosten geltend machen, was Verheirateten nicht möglich war. Mit dem Urteil wird zum bisherigen steuerfreien Existenzminimum künftig ein Betreuungsbedarf und ein Erziehungsbedarf hinzugerechnet werden müssen.
Hintergedanke dieser Entscheidung ist, dass Familien mit Kindern steuerlich weniger leistungsfähig sind als Kinderlose. Im Kern bedeutet die Entscheidung des BVerfG eine längst überfällige steuerliche Anerkennung der Kindererziehung. Aus dem Urteil: "Die Kinderbetreuung ist eine Leistung, die auch im Interesse der Gemeinschaft liegt und deren Anerkennung verlangt."

Hohe Steuerausfälle erwartet


Alle Parteien haben das Urteil begrüßt. Insbesondere die SPD/Grüne-Regierung hat jetzt allerdings ein Problem: Erste Berechnungen führen zu Steuerausfällen von über 20 Milliarden DM. Diese müssen irgendwo herkommen, entweder durch Einsparungen oder durch Steuererhöhungen. Nicht möglich ist es aufgrund des Urteils, Alleinerziehende wieder schlechter zu stellen, also eine Anpassung nach unten vorzunehmen.

Ohne gesetzliche Regelung: Pauschalbeträge per Verfassung


Vielmehr hat die Regierung nun bis zum 1. Januar 2000 Zeit, per Gesetz den Betreuungsbedarf auf alle Eltern auszudehnen, egal ob verheiratet, ledig, geschieden oder was auch immer. Gibt es zum 1. Januar 2000 keine Regelung, hat das BVerfG per Verfassung Pauschalbeträge für Kinder vorgesehen, und zwar 4000 DM für das erste und 2000 DM für jedes weitere Kind.

Für Wiege und Bett


Beim Haushaltsfreibetrag, der bisher ebenfalls nur nichtehelichen Lebensgemeinschaften mit Kind(ern) zustand, soll die bisherige "Diskriminierung" Verheirateter zum 1. Januar 2002 gesetzlich abgeschafft werden. Andernfalls gibt es auch hier einen Pauschalbetrag in Höhe von 5616 DM. Der Haushaltsfreibetrag soll erhöhte Aufwendungen ausgleichen, die zur Erweiterung des Haushaltes und der Wohnung zugunsten von Kindern notwendig werden.

Achtung: Vorläufigkeitsvermerk!


Inwieweit bisherige Kinderbetreuungskosten rückwirkend geltend gemacht werden können, ist derzeit noch umstritten. Offenbar ist dies aber in den Fällen möglich, in denen der Steuerbescheid nur vorläufig erfolgt ist und die in den Jahren zwischen 1985 und 1996 lagen (Handelsblatt vom 25. Januar 1999). Sicher ist: Bis eine gesetzliche Regelung vorliegt, werden Steuerbescheide in diesem Punkt nur vorläufig erlassen. Das bedeutet, dass ein endgültiger Bescheid erst dann ergeht, wenn das Gesetz fertig ist, so dass mit weiteren Erstattungen zu rechnen ist. Wenn in den neuen Bescheiden der Vorläufigkeitsvermerk fehlt, sollte sofort Einspruch eingelegt werden. Viele Finanzämter haben bereits in der Vergangenheit nur vorläufige Bescheide ausgestellt, da die Entscheidung des BVerfG noch ausstand. Auch in den Fällen, in denen gegen einen Steuerbescheid wegen einer ganz anderen Sache Einspruch erhoben wurde, sind noch rückwirkende Erstattungen möglich. Gegen einen bereits ergangenen endgültigen Bescheid ist jedoch kein Einspruch mehr möglich.
Insa Heyde, BVA Bundesvorstand, Bereich Presse


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.