Randnotitz

Sparen mit Arzneimüll?

Unglaublich, aber wahr: Bertel Berendes, ein Landarzt aus dem Lippischen, tut sich dadurch hervor, dass er nicht aufgebrauchte Arzneimittelpackungen, die ihm seine lieben Patienten in die Sprechstunde zurückbringen, an andere Kranke weitergibt. Der "Spardoktor" will dadurch das Budget schonen und den Krankenkassen helfen, Arzneikosten zu sparen. Jetzt musste er sich vor Gericht für sein illegales Tun verantworten. Am vergangenen Donnerstag fand eine Verhandlung vor dem Oberlandesgericht im westfälischen Hamm statt. Schon im Vorfeld hatten ihm Anhänger und Fans Briefe geschrieben und Unterschriftenaktionen gestartet, um seine hanebüchene Barfuß-Pharmazie zu unterstützen. Selbst einen Fanbus soll man organisiert haben, um die Leute zum Gerichtstermin zu karren. Für uns Apotheker ist die Sachlage klar: Dieser Landarzt verstößt gegen Arzneimittel- und Wettbewerbsrecht, die Arzneimittelsicherheit ist in Gefahr. Denn eine Garantie dafür, dass ein Arzneimittel - das bereits im Besitz von Kranken war und von denen geöffnet wurde - unbeschädigt, unversehrt, verdorben oder verfallen ist, kann dieser Spardoktor nicht übernehmen. Jeder kann sich selbst ausmalen, wie Laien mit Arzneipackungen umgehen und wo sie sie lagern. Ganz zu schweigen von theoretisch denkbaren Manipulationen an den Arzneimitteln und möglichen Fälschungen. Erstaunlicherweise erhält der Landarzt Unterstützung auch von Kollegen: Wie einem Bericht der Stuttgarter Nachrichten zu entnehmen ist, hält Horst Pomp, umweltbeauftragter Arzt der Essener Krankenhäuser, die Argumente der Apotheker an den Haaren herbeigezogen, da die Medikamente größtenteils tropensicher verpackt seien. Der Freiburger Umweltmediziner Daschner stellt sich sogar gegen das "skandalöse" Vorgehen der Apotheker und bescheinigt dem Herrn Berendes ein tadelloses Vorgehen aus medizinischer, wirtschaftlicher und hygienischer Sicht. Selbst unser Apotheker-Kollege Glaeske, in Diensten von Krankenkasseninstituten, sieht "kein Problem, solange es sich um fest verpackte Medikamente handelt". Das Gericht war der Meinung, dass der Arzt nicht gegen Wettbewerbsrecht verstößt. Ja, sind wir in Deutschland schon auf den Arzneimüll gekommen? Fragen Sie mal Ihre Patienten, ob sie die aufgedröselte Arzneipackung haben wollten, die bei Opa Schulze auf dem Leberwurstteller oder neben dem Gebiss im Glas gelegen hat oder vielleicht sogar in den Nachttopf gefallen ist. Peter Ditzel

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