Kommentar

Schweizer Revolution

Die Schweizer Apothekerinnen und Apotheker, unsere "außereuropäischen" alpenländischen Nachbarn, basteln schon seit über zwei Jahren an einem neuen Preisbildungssystem für Arzneimittel. Sie wollen weg von den üblichen Aufschlägen auf Arzneimittel, hin zu einem differenzierten System, das die fachliche Beratungsleistung und auch besondere Dienstleistungen des Apothekers honoriert. Mittlerweile liegt ein ausgefeiltes Preisbildungssystem vor, das als Abgeltungssystem bezeichnet wird und eine neue Zusammensetzung des Arzneipreises aufweist. Der Grundgedanke dabei war, herauszustellen, welcher Anteil des Arzneipreises auf den Herstellerabgabepreis entfällt, auf die Logistikleistung des Großhandels und der Apotheke sowie für die Infrastruktur nötig ist und - darauf kam es den Schweizern besonders an - welcher Anteil schließlich für die Beratungsleistung des Apothekers abfällt. Ein Beweggrund für die deutliche Aufsplittung des Preises war das in der Schweiz typische Dispensierrecht der Ärzte, die bisher schon Beratungsleistungen mit den Kassen abrechnen konnten. Mit dem neuen System werden die beratenden Leistungen des Apothekers mit denen der Ärzte gleichgestellt. Darüber hinaus soll zusammen mit der Änderung des Preisbildungssystems das Substitutionsrecht geändert werden. Wofür wohl die Mehrzahl der deutschen Pharmazeuten dankbar wäre, soll im Alpenland schon bald Wirklichkeit werden: sie dürfen substituieren - allerdings, und das ist der Pferdefuß, nicht nur das eine Generikum gegen das andere austauschen, sondern auch ein Originalpräparat gegen ein Generikum, sofern der Arzt das nicht ausdrücklich ausschließt. Um diese gegen den eigenen Umsatz gerichtete Tätigkeit zu versüßen, versucht man hier noch einen Anreiz einzubauen, indem man die Substitution honoriert. Natürlich hat man bei der Schaffung des neuen Systems viel hin- und hergerechnet, wie es sich denn letztendlich auf die Apothekenerlöse auswirkt. Das Preisniveau der Arzneimittel wird bei der Umstellung auf das neue System sinken - das konnte dieses System den Kassen schmackhaft machen, dem Schweizerischen Apothekerverband brachte das Kritik von Seiten seiner Mitglieder ein. Langfristig jedoch erhalten die Apotheker damit eine neue Rolle im Gesundheitswesen und sie können über einzelne Stufen des Systems, z. B. über eine Erhöhung der Honorierung ihrer Beratungsleistung, gesondert verhandeln. Noch ist nicht sicher, ob das neue System Anfang des nächsten Jahres in Kraft treten kann. Möglicherweise lösen die Schweizer Vorstellungen Diskussionen über den Arzneipreis in der EU, auch bei uns, aus. Peter Ditzel

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