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- DAZ 17/2000
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Arzneimittel und Therapie
Alzheimer-Demenz: AGE als neuer Angriffspunkt für Arzneimittel?
Die genaue Ätiologie einer Alzheimer-Erkrankung ist noch nicht vollständig geklärt. Wahrscheinlich sind an ihrer Entstehung mehrere Vorgänge beteiligt, und die Erkrankung ist das Ergebnis einer pathophysiologischen Kaskade, die zahlreiche Veränderungen im Zentralnervensystem verursacht. In jüngster Zeit wird den AGEs (Advanced Glyc(osyl)ation End Products) vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt, da ihre neurobiochemischen Eigenschaften zum einen viele pathologische Veränderungen bei Alzheimer-Patienten erklären können und zum anderen das Verständnis über die Interaktionen zwischen der Amyloidablagerung, oxidativem Stress und der Bildung neurofibrillärer Knäuel erleichtern.
AGE: heterogene Substanzgruppe
Die AGEs sind eine Gruppe heterogener Substanzen. Sie entstehen durch die irreversible Glykosilierung von Proteinen. Dabei reagieren Keton- oder Aldehydgruppen eines Zuckers mit freien Aminogruppen von Aminosäuren. Durch eine Vielzahl von Reaktionen, wie Dehydrierung, Kondensation, Fragmentation, Oxidation und Zyklisierungsreaktionen, werden hochmolekulare Heterozyklen gebildet, die Stickstoff und Sauerstoff enthalten und an Proteine gebunden sind. AGEs können aus Aminosäuren, Proteinen und Lipoproteinen entstehen. Vor allem langlebige Proteine werden auf diese Weise verändert. Das Gewebe des ZNS ist der wichtigste Ort für die AGE-Bildung.
Auslöser von oxidativem Stress
AGEs sind gegenüber proteolytischen Prozessen resistent, und sie können die Vernetzung von Polypeptiden induzieren. Sie können mit zahlreichen physiologischen Funktionen interferieren und zu der Entwicklung einer Alzheimer-Krankheit beitragen. So haben beispielsweise histochemische und immunoquantitative Untersuchungen gezeigt, dass in den senilen Plaques und neurofibrillären Knäueln bei Alzheimer-Patienten hohe Konzentrationen an AGEs auftreten. Des weiteren können AGEs oxidativen Stress auslösen, der wiederum neurodegenerative Prozesse induzieren kann. AGEs entfalten ihre Wirkungen entweder direkt aufgrund ihrer chemischen Eigenschaften oder indirekt durch rezeptorvermittelte Prozesse.
Lässt sich die AGE-Bildung hemmen?
Da die AGE-Hypothese relativ jung ist und noch viele Fragen abzuklären sind, liegen bislang nur wenige Untersuchungen vor, die sich mit einer Hemmung der AGE-Bildung befassen. Theoretisch könnte durch eine AGE-Hemmung die Alzheimer-Demenz verhindert oder zumindest abgeschwächt werden. In Frage kommen hierzu AGE-Inhibitoren, die bereits die Bildung von AGE unterbinden, oder ein Eingriff auf Rezeptorebene.
Unter AGE-Inhibitoren versteht man Substanzen, die das Cross-linking von Proteinen verhindern können. Zu ihnen gehört zum Beispiel das Nootropikum Tenilsetam, das sich von Piracetam ableitet. Es reagiert mit Zuckern und glykosilierten Proteinen und hemmt das Cross-linking von Proteinen. In klinischen Studien konnte bereits nachgewiesen werden, dass sich durch den Einsatz von Tenilsetam die kognitiven Fähigkeiten von Alzheimer-Patienten verbessern. Weitere AGE-Inhibitoren, deren Wirksamkeit und Wirkmechanismus gegenwärtig untersucht wird, sind Aminoguanidin und Carnosin.
Einer neuen Theorie zufolge spielen so genannte Advanced Glycation End Products (AGEs) eine zentrale Rolle in der Pathophysiologie der Alzheimer-Krankheit. Bestätigt sich diese Vorstellung, könnten neue therapeutische Ansätze wie AGE-Inhibitoren entwickelt werden.
Pathogenetische Faktoren bei der Entwicklung einer Alzheimer-Krankheit
- Amyloidablagerung
- Bildung neurofibrillärer Knäuel
- cholinerge Defizite
- oxidativer Stress
- verschlechterter Glucosemetabolismus
- Apoptose
- genetische Faktoren
- veränderte Calciumhömostase
- immunologische Veränderungen
- veränderte neurale Plastizität
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