Recht

H. HörathDie neugefasste Gefahrstoffverordnung &nda

Die 4. Änderungsverordnung zur Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) vom 18. 10. 1999 [1] hat eine Umstellung gebracht: Man findet die Einzelheiten über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung gefährlicher Stoffe und Zubereitungen nun nicht mehr in der Gefahrstoffverordnung, sondern in den entsprechenden EG-Richtlinien, von denen die Richtlinie 67/548/EWG für Apotheken die wichtigste ist [2]. Die Systematik wurde dabei nahezu unverändert gelassen. Inhaltlich hat sich zunächst nur sehr wenig geändert, sodass der Apotheker - wenn er die wenigen Änderungen der Richtlinie 98/98/EG berücksichtigt - die Gefahrstoffverordnung in ihrer bisherigen Form weiterverwenden kann.

EG-Richtlinien gelten direkt

Die GefStoffV ist in den vergangenen Jahren häufig geändert worden. Denn das Gefahrstoffrecht wird einerseits ständig an den technischen Fortschritt angepasst, andererseits enthält es viele europäische Normen, die ebenfalls laufend fortgeschrieben werden. Um diese Anpassungen in Zukunft zu erleichtern, hat der Bund mit der 4. Verordnung zur Änderung der Gefahrstoffverordnung vollkommen neue Wege beschritten. Während bisher die europäischen Richtlinien immer in nationales Recht umgesetzt worden sind, ist dies für die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung gefährlicher Stoffe und Zubereitungen nun nicht mehr der Fall.

Man findet die einzelnen Vorschriften dazu nicht mehr in der GefStoffV, sondern in den entsprechenden EG-Richtlinien. In der neu gefassten Gefahrstoffverordnung vom 15. 11. 1999 [3] wird insbesondere in den Abschnitten 1 bis 3 auf diese EG-Richtlinien hingewiesen.

Außerdem wurde für die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung gefährlicher Stoffe und Zubereitungen mit dem § 1a GefStoffV das Prinzip der so genannten Gleitenden Verweis-Technik eingeführt [4]. Das bedeutet, dass künftig auch alle Änderungen auf diesem Gebiet nicht mehr in nationales Recht umgesetzt und in die Gefahrstoffverordnung eingearbeitet werden, sondern dass sich der Anwender selbst um diese Änderungen, die im Amtsblatt der EG veröffentlicht werden [5], kümmern muss. Es wird künftig eine wichtige Aufgabe der Fachzeitschriften sein, rechtzeitig auf die einschlägigen Veröffentlichungen im Amtsblatt der EG hinzuweisen.

Zusammenfassend kann man festhalten, dass die 4. Änderung nur die Umstellung auf das neue Recht gebracht hat und dass sich durch diese Änderung inhaltlich so gut wie nichts geändert hat.

Welche Folgerungen ergeben sich daraus für den Apotheker (Tab. 1)? Wer nur die Inhalte der Gefahrstoffverordnung braucht, um z. B. einen Stoff richtig zu kennzeichnen, der kann zunächst mit dem alten Text der Gefahrstoffverordnung, ab 1. 7. 2000 unter Beachtung der Änderungen (Kasten), weiterarbeiten. Wer aber die Rechtsgrundlagen zitieren muss (z. B. die Kollegen bei Behörden), der kommt nicht umhin, sich mit dem neuen Recht gründlich auseinander zu setzen.

Die Änderungen in der Gefahrstoffverordnung

1. Abschnitt: Zweck, Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen Im 1. Abschnitt ist der § 2 "Anwendungsbereich" an die EG-Richtlinien angepasst worden. Neu ist der § 1a "Bezugnahme auf Richtlinien der EG"; er verweist auf den Anhang I (neu) mit den dort aufgeführten EG-Richtlinien [2] und enthält den gleitenden Verweis, d. h. wenn Richtlinien geändert oder an den technischen Fortschritt -angepasst werden, gelten sie nach Ablauf der festgelegten Umsetzungsfrist automatisch in der geänderten Fassung. Die Gefahrstoffverordnung braucht deshalb nicht mehr geändert zu werden, was für den Verordnungsgeber eine gewaltige Vereinfachung ist.

2. Abschnitt: Einstufung Der 2. Abschnitt ist vollkommen umformuliert und an das EG-Recht angepasst worden. Geringfügig geändert worden ist nur der § 4 "Gefährlichkeitsmerkmale" durch einen Hinweis auf die Richtlinie 67/548/EWG. Der § 4a "Einstufung von Stoffen" wurde voll an die RL 67/548/EWG, der § 4b "Einstufung von Zubereitungen" an die RL 88/379/EWG angepasst. Beide Paragraphen enthalten keine Einzelheiten mehr zur Einstufung; die stehen jetzt in den o. g. EG-Richtlinien. Ohne Kenntnis dieser beiden Richtlinien wird künftig die Einstufung gefährlicher Stoffe und Zubereitungen nicht mehr möglich sein.

3. Abschnitt: Kennzeichnung und Verpackung beim Inverkehrbringen Alle Paragraphen des 3. Abschnitts sind entweder an EG-Richtlinien angepasst worden (Tab. 2), wie § 5 Grundpflichten, § 6 Kennzeichnung von Stoffen, § 7 Kennzeichnung von Zubereitungen, § 12 Weitere Anforderungen an die Kennzeichnung und Verpackung, § 14 Sicherheitsdatenblatt, oder weggefallen, wie § 8 "Kennzeichnung von Erzeugnissen", § 9 "Ausführung der Kennzeichnung", § 11 "Ausnahmen von der Kennzeichnungspflicht", § 13 "Zusätzliche Anforderungen ...". Lediglich der § 10 "Verpackung" wurde nicht geändert.

Da die Abschnitte 2 und 3 keine beschreibenden Vorschriften mehr enthalten, sind auch die bisherigen Anhänge I bis III (Allgemeine Kennzeichnungsvorschriften für gefährliche Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse) entfallen.

Abschnitte 4 bis 9 und Anhänge Die folgenden Abschnitte der Gefahrstoffverordnung sind kaum geändert worden (s. Tab. 2):

  • 4. Abschnitt. Der § 15c wurde berichtigt; das Wort "fruchtschädigend" wurde durch das Wort "fortpflanzungsgefährdend" ersetzt.
  • 5. Abschnitt: Im § 16 "Ermittlungspflicht" wurde lediglich der Absatz 3 an die RL 91/155/EWG angepasst, im § 22 wurde das Wort "fruchtschädigend" durch "fortpflanzungsgefährdend" ersetzt, im § 23 "Verpackung und Kennzeichnung ..." wurde der Absatz 3 präzisiert.
  • 6. Abschnitt. Der § 35 "Begriffsbestimmungen" wurde an die RL 67/548/EWG angepasst, der Absatz 6 im § 36 "Zusätzliche Ermittlungspflichten ..." wurde geringfügig geändert.
  • 7. Abschnitt. Dem § 41 "Behördliche Anordnungen und Befugnisse" wurde ein neuer Absatz 11 angefügt; danach kann die zuständige Behörde verlangen, dass ihr ein Sicherheitsdatenblatt vorgelegt wird. Der § 42 "Ausnahmen von den Vorschriften des 3. Abschnitts" wurde geändert.
  • 8. Abschnitt. Der § 48 "Chemikaliengesetz - Kennzeichnung und Verpackung" wurde neu gefasst; die §§ 45 und 46 sind weggefallen.
  • 9. Abschnitt. Der § 53 "ISO- und DIN-Normen" ist weggefallen, vom § 54 "Übergangsvorschriften" sind nur die vier Absätze (2), (4), (10) und (21) übriggeblieben.
  • Die Anhänge I bis III "Allgemeine Bestimmungen ...", "Bestimmungen für gefährliche Zubereitungen" und "Zusätzliche Kennzeichnungsvorschriften" wurden aufgehoben. Aus Anhang III Nr. 11 wurde Anhang IV Nr. 21.
  • Der Anhang I neu "In Bezug genommene Richtlinien der EG" stellt das Kernstück der neugefassten Gefahrstoffverordnung dar, denn in ihm sind alle in der Verordnung in Bezug genommenen EG-Richtlinien mit Hinweisen auf die Fundstellen im Amtsblatt der EG [7] aufgelistet. Am wichtigsten ist hier die RL 67/548/EWG. In ihr finden wir die Vorschriften über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung gefährlicher Stoffe und Zubereitungen. Auf diese Richtlinie soll im Folgenden näher eingegangen werden. Die Richtlinie 67/548/EWG Die Richtlinie 67/548/EWG wurde bisher achtmal geändert (zuletzt mit RL 96/56/EG) und 25-mal angepasst (zuletzt mit RL 98/98/EG). Folgende Artikel und Anhänge der RL 67/548/ EWG sind für die Einstufung, die Kennzeichnung und für die Verpackung gefährlicher Stoffe und Zubereitungen künftig in der Apotheke wichtig:

    Art. 1 Ziele und Anwendungsbereich (bisher § 2 GefStoffV), Art. 2 Begriffsbestimmungen (bisher § 3 ChemG, § 4 GefStoffV), Art. 4 Einstufung (bisher § 4a GefStoffV, § 4b GefStoffV), Art. 22 Verpackung (bisher § 10 GefStoffV), Art. 23 Kennzeichnung (bisher § 6 GefStoffV, § 7 GefStoffV), Art. 24 Ausführung der Kennzeichnung (bisher § 9 GefStoffV), Art. 25 Ausnahmen von den Kennzeichnungs- und Verpackungsvorschriften (bisher TRGS 200), Art. 27 Sicherheitsdatenblatt (bisher § 14 GefStoffV). Anhang I: Liste der gefährlichen Stoffe und Zubereitungen - auch "EG-Stoffliste" genannt (bisher Bundesanzeiger), Anhang II: Gefahrensymbole und -bezeichnungen (bisher Anh. I Nr. 2 GefStoffV), Anhang III: R-Sätze R 1 - 67* und Kombinationen (bisher Anh. I Nr. 3 GefStoffV), Anhang IV: S-Sätze S 1 - 64* und Kombinationen (bisher Anh. I Nr. 4 GefStoffV), Anhang V: Prüfmethoden (bisher PrüfnachweisV vom 1. 8. 1994), Anhang VI: Allgemeine Anforderungen für die Einstufung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe und Zubereitungen (bisher Anh. I [Leitfaden] bis III), Anhang IX: A kindergesicherte Verschlüsse (bisher § 13 GefStoffV), B tastbare Warnzeichen (bisher § 13 GefStoffV).

    Da die Inhalte der Richtlinie 67/548/EWG deckungsgleich mit den bisherigen entsprechenden Vorschriften der Gefahrstoffverordnung sind, können für die praktische Arbeit in der Apotheke die Vorschriften der Gefahrstoffverordnung in alter Fassung zunächst weiterverwendet werden.

    Die Richtlinie 88/379/EWG

    Für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Zubereitungen gilt jetzt die Richtlinie 88/379/EWG ("Zubereitungsrichtlinie") vom 7. Juni 1988, zuletzt angepasst durch die 4. Anpassungsrichtlinie 96/65/EG und zuletzt geändert durch die RL 92/32/EWG. Diese Zubereitungsrichtlinie war bereits voll im Anhang II Nr. 1 GefStoffV in nationales Recht umgesetzt. Sie ist somit inhaltlich deckungsgleich mit Anhang II Nr. 1 GefStoffV. Wenn in Apotheken Zubereitungen eingestuft und gekennzeichnet werden müssen, so kann zur Zeit noch der Anhang II Nr. 1 GefStoffV verwendet werden.

    Schädlingsbekämpfungsmittel

    Die Einstufung und Kennzeichnung von Schädlingsbekämpfungsmitteln war bisher im Anhang II Nr. 2 der Gefahrstoffverordnung geregelt. Künftig sind Schädlingsbekämpfungsmittel nach der Richtlinie 78/631/EWG einzustufen und zu kennzeichnen. Durch diese Richtlinie ist auch die Definition des Begriffs "Schädlingsbekämpfungsmittel" geändert worden.

    Änderung der Apothekenbetriebsordnung

    Durch die 4. Änderungsverordnung zur Gefahrstoffverordnung ist auch § 14 Abs. 5 der Apothekenbetriebsordnung neu gefasst, aber inhaltlich nicht geändert worden. Er lautet nunmehr:

    "Arzneimittel mit gefährlichen physikalischen Eigenschaften, die keine Fertigarzneimittel sind, sind in entsprechender Anwendung der Gefahrstoffverordnung mit einem Gefahrensymbol, der Gefahrenbezeichnung, den Hinweisen auf die besonderen Gefahren und den Sicherheitsratschlägen zu kennzeichnen."

    Auch hier hat sich inhaltlich nichts geändert.

    Zusammenfassung

    Die 4. Änderungsverordnung zur Gefahrstoffverordnung hat im Wesentlichen nur die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung gefährlicher Stoffe und Zubereitungen neu geregelt, indem die wichtigsten Vorschriften auf diesem Gebiet nicht mehr in der Gefahrstoffverordnung selbst, sondern in den jeweiligen EG-Richtlinien stehen.

    Daher kann der Apotheker zunächst mit der Gefahrstoffverordnung in seiner bisher gültigen Form weiterarbeiten. Ab 1. 7. 2000 muss er aber die Änderungen der Richtlinie 98/98 EG (siehe Kasten 1) berücksichtigen.

  • Seit der 4. Änderungsverordnung zur Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) von Ende 1999 findet man die Einzelheiten über die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe nicht mehr in der Verordnung selbst, sondern in den entsprechenden EG-Richtlinien. Damit ist in Zukunft eine gleitende Umsetzung neuer Änderungen gewährleistet. Inhaltlich hat sich nur wenig in der neuen Fassung der GefStoffV geändert.

    Änderungen durch die RL 98/98/EG

  • 1. Anhang I der RL 67/548/EWG (= Stoffliste) wurde aktualisiert (s. Tab. 1); das Vorwort wurde geändert.
  • 2. Anhang III der RL 67/548/EWG wurde um folgende R-Sätze erweitert: R 66 Wiederholter Kontakt kann zu spröder oder rissiger Haut führen. R 67 Dämpfe können Schläfrigkeit und Benommenheit verursachen.
  • 3. Anhang IV der RL 67/548/EWG wurde um folgende S-Sätze erweitert: S 29 Nicht in die Kanalisation gelangen lassen. S 63 Bei Unfall durch Einatmen: Verunfallten an die frische Luft bringen und ruhigstellen. S 64 Bei Verschlucken Mund mit Wasser ausspülen (nur wenn Verunfallter bei Bewusstsein ist). S 27/28 Bei Berührung mit der Haut beschmutzte Kleidung sofort ausziehen und sofort abwaschen mit viel ... (vom Hersteller anzugeben). S 29/35 Nicht in die Kanalisation gelangen lassen; Abfälle und Behälter müssen in gesicherter Weise beseitigt werden. Die Umsetzungsfrist für die o. g. Änderungen wurde auf den 1. Juli 2000 festgelegt.
  • 4. Nach Artikel 23 der RL 67/548/EWG muss das Kennzeichnungsschild die dem Stoff zugeordnete EG-Nummer und den Vermerk "EG-Kennzeichnung" enthalten. Bis zum 31. Dezember 2000 ist das Inverkehrbringen von Stoffen mit den bisher vorgeschriebenen Angaben "EWG-Nummer" und "EWG-Kennzeichnung" erlaubt.
  • Änderungen und Anpassungen von Richtlinien der EG

    Änderungen erfolgen durch den Ministerrat und das Europäische Parlament; sie sind deshalb in zeitlicher Hinsicht sehr aufwendig. Anpassungen erfolgen durch die Kommission; mit ihrer Hilfe können Richtlinien schnell an den technischen Fortschritt angepasst werden ("Kommissions-Richtlinien").

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