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10. AMG-Novelle verabschiedet – Push für Nachzulassung kommt
Im Beratungsverfahren war es zu Änderungen des Regierungsentwurfs durch die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gekommen. Bekannt wurde, dass sich Bundeskanzler Gerhard Schröder nach einem Besuch bei einem pharmazeutischen Unternehmen noch für Modifikationen einsetzte.
Sowohl in der Packungsbeilage als auch in der Fachinformation wird künftig bei den Medikamenten, die noch nicht nach dem Arzneimittelgesetz von 1978 zugelassen sind, der Hinweis aufgenommen: "Dieses Arzneimittel ist nach den gesetzlichen Übergangsvorschriften im Verkehr, die behördliche Prüfung auf pharmazeutische Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit ist noch nicht abgeschlossen."
Änderung bei Importen
Bei parallel-importierten Arzneimitteln soll nicht mehr der Name des Importeurs auf dem Blister aufgedruckt werden. Das diene dem Abbau von Handelshemmnissen für Importeure, meinten die Regierungsfraktionen.
Kürzere Frist
Darüber hinaus wird die Mängelbeseitigungsfrist für die Firmen zwölf Monate betragen. Die ursprünglich dafür vorgesehenen sechs Monate waren von der pharmazeutischen Industrie heftig kritisiert worden. Zur Zeit hat ein Unternehmen 18 Monate, innerhalb derer es Einwände zu seinem Nachzulassungsantrag beseitigen kann. Das wollten SPD und Grüne auf sechs Monate verkürzen.
Zudem wird das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn/Berlin verpflichtet, in geeigneten Fällen anstelle des Mängelbescheids eine Nachzulassung mit Auflagen auszusprechen.
Industrie verhalten
Die Industrie hat unterdessen die Zulassungsbehörde und das Bundesgesundheitsministerium zu effizienten Verfahrensregelungen aufgefordert. Ansonsten drohe die Verlängerung der endlosen Geschichte. Für den Bundesverband der pharmazeutischen Industrie nannte dessen Hauptgeschäftsführer Dr. Hans Sendler die geplante Neuregelung bei den Blistern von Importeuren "problematisch". Die Angabe des Importeurs sehe europäisches Recht vor. Damit setze sich der deutsche Gesetzgeber vermeidbaren Beanstandungen der Europäischen Union aus, meinte Sendler, der darüber hinaus mangelnde Transparenz beklagte. Dann werde dem Verbraucher nicht klar, wer das Arzneimittel in Verkehr bringe.
Der BPI begrüßte allerdings ebenso wie der Bundesfachverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) einige Regelungen wie die verlängerte Mängelbeseitigungsfrist. Der BAH in Bonn sprach nach den zuletzt erfolgten Änderungen am ursprünglichen Entwurf von einer "sachgerechten und angemessenen" Lösung. Einzelne Punkte böten jedoch weiterhin Anlass zu Kritik und bürdeten den Herstellern Kosten auf.
Deutliche Kritik äußerten beide Pharmaverbände an dem Hinweis in der Packungsbeilage auf die noch nicht abgeschlossene Prüfung. Das verunsichere die Verbraucher und stelle Jahrzehnte lang bewährte Mittel als fragwürdig dar. Damit würden die Firmen für die Versäumnisse der Zulassungsbehörde bestraft. Sowohl BPI als auch BAH wollen ihre Bedenken gegenüber den Bundesländern im Bundesrat artikulieren.
SPD: Sicherheit steigt
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Horst Schmidbauer sprach von einer Stärkung der Sicherheit auf dem Arzneimittelmarkt. Die rotgrüne Regierungskoalition habe erledigt, was die alte Regierung seit langem hätte zum Abschluss bringen müssen. Denn 1990 hätte die Nachzulassung nach den EU-Richtlinien beendet sein müssen. Die Nachzulassung werde so gestrafft, dass sie nun zügig abgeschlossen werden könne, so Schmidbauer.
Opposition dagegen
CDU-Gesundheitspolitiker befürchteten in einer ersten Reaktion das Verschwinden etlicher Präparate der besonderen Therapierichtungen vom Markt. Nach Angaben von Wolfgang Lohmann und Annette Widmann-Mauz sind etwa 1800 chemisch definierte und ein Großteil der 4500 Kombinationspräparate von dem Streichen der Änderungsmöglichkeit der arzneilich wirksamen Bestandteile betroffen. Beide kritisierten auch den geplanten Hinweis auf die noch nicht abgeschlossene behördliche Prüfung. Das habe nichts mit Verbraucherinformation zu tun, sondern stigmatisiere Arzneimittel, die noch im Nachzulassungsverfahren hingen. Dabei liege die Reihenfolge der Bearbeitung beim BfArM nicht im Ermessen der Firmen. Insgesamt gefährde die 10. AMG-Novelle viele mittelständische Betriebe und beschränke die Therapievielfalt in Deutschland.
Nachzulassung - es geht weiter
Das BfArM in Bonn/Berlin hat sich die Erledigung der Nachzulassung bis 2005 zum Ziel gesetzt. 12 590 Anträge auf Nachzulassung hingen Anfang Mai noch im Stau. Die zehnte Novelle des Arzneimittelgesetzes hat zum Ziel, das Verfahren zu beschleunigen. Darüber hinaus muss die Bundesregierung in der 10. AMG-Novelle Beanstandungen der Europäischen Kommission umsetzen, die das deutsche System gerügt hatte.
In Kraft treten kann die 10. AMG-Novelle voraussichtlich am 1. Juli. Von den mehr als 12 500 Medikamenten, die noch nicht nach dem AMG zugelassen sind, entfallen fast 7000 auf die "2004"-Präparate. Den Herstellern war damals mit der 5. AMG-Novelle die Möglichkeit eingeräumt worden, bei Verzicht auf die fiktive Zulassung die Produkte noch bis 2004 abzuverkaufen. Die jetzt geplante 10. AMG-Novelle sieht vor, dass auch die "2004"-Präparate wieder im Prozess der Nachzulassung landen.
Hinweis in Packungsbeilage
Das kommt als Hinweis in die Packungsbeilage und Fachinformation: "Dieses Arzneimittel ist nach den gesetzlichen Übergangsvorschriften im Verkehr, die behördliche Prüfung auf pharmazeutische Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit ist noch nicht abgeschlossen." Ursprünglich hatten Sozialdemokraten und Bündnisgrüne einen Hinweis auf "Altarzneimittel" favorisiert, dann aber davon Abstand genommen.
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