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Wir brauchen mehr Studienplätze (DAZ-Interview mit Professor Ammon)

MERAN (diz). Jungapprobierte, die gerade ihr Pharmaziestudium abgeschlossen haben, finden auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere in der öffentlichen Apotheke, ohne Wartenzeiten eine Stelle. Es gibt einen Bedarf für Apothekerinnen und Apotheker - und dennoch werden an einigen Universitäten die Ausbildungsplätze in Pharmazie knapp gehalten oder sogar gestrichen. Über die Situation in der Pharmazie Tübingen sprachen wir mit Prof. Dr. H. P. T. Ammon, Lehrstuhl für Pharmakologie, Tübingen.

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Herr Ammon, Sie sind Altpräsident der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG) und wurden im Rahmen des Fortbildungskongresses der Bundesapothekerkammer in Meran mit der Max-Lesmüller-Medaille ausgezeichnet. Herzlichen Glückwunsch zu dieser Auszeichnung! Mit dieser Medaille der Bundesapothekerkammer werden Sie für Ihre Verdienste um die deutsche Pharmazie, insbesondere auch um die Apotheke, geehrt. Wie kommt es da aber, dass Sie gerade in Tübingen seit Jahren rückläufige Studentenzahlen in der Pharmazie haben; ist das nicht irgendwie paradox?

Ammon:

Dies ist in der Tat paradox und zwar insofern, als die Pharmazie in Tübingen mit über sechs Studenten pro Studienplatz die meisten Bewerber in der ganzen Bundesrepublik aufweist.

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Ist das nicht ein Zeichen für die Begehrtheit eines pharmazeutischen Studienplatzes in Tübingen? Und das kann wohl nicht nur mit dem Reiz der Studentenstadt Tübingen erklärt werden, denn es gibt auch andere sehr attraktive Studienorte, an denen man Pharmazie studieren kann.

Ammon:

Wenn Sie das so meinen, so freut uns dies, aber diese Botschaft scheint leider nicht dorthin zu dringen, wo die Weichen für die Anzahl der Studienplätze gestellt werden.

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Aber hatten Sie nicht vor vielen Jahren in Überlastzeiten sogar 56 Studenten pro Semester aufnehmen können bzw. müssen?

Ammon:

Dies ist richtig, wir konnten dies mit den nötigen Sach- und Personalmitteln auch bewältigen.

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Wie kommt es dann, dass Sie dies jetzt nicht mehr verkraften können?

Ammon:

In den letzten Jahren wurden permanent Personalstellen gestrichen. Nach dem Curricular-Normwert ist es die Anzahl der akademischen Personalstellen, die letztlich darüber entscheidet, wieviele Studenten einen Studienplatz bekommen. Und so sind wir jetzt bei etwa 35 Neuanfängern in diesem Semester angelangt. Durch bereits beschlossene Stellenkürzungen in den nächsten Jahren aufgrund des sog. Solidarpaktes zwischen der Universität und dem Land Baden Württemberg werden wir aber letztlich unter 30 Studienplätzen pro Semester landen.

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Dass Stellen nach dem Solidarpakt gestrichen werden, lässt sich nachvollziehen. Aber wäre es da nicht sinnvoll, dass Stellen dort gestrichen werden, wo der Bedarf diese nicht mehr benötigt?

Ammon:

Das ist auch unsere Auffassung. Sie hat sich leider an unserer Universität nicht durchgesetzt.

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Ihr Institut ist Teil der Fakultät für Chemie und Pharmazie. Von der Chemie hört man, dass der Zustrom an Studenten - übrigens nicht nur in Tübingen, sondern im ganzen Bundesgebiet - rapide zurückgegangen ist. Da sollten doch Personalkapazitäten freigesetzt werden, die innerhalb einer Fakultät dann von einem Teilbereich - hier Pharmazie - genutzt werden könnte, bei dem eine hohe Nachfrage nach Studienplätzen besteht.

Ammon:

Dies sehen wir genauso.

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Und warum geschieht dann nichts?

Ammon:

Wie Sie wissen, stellen in unserer Fakultät die Professoren der Pharmazie eigentlich nur eine Minderheit dar. Bei Abstimmungen zu diesem Thema, bei dem es um Umverteilung von Besitzständen geht, sind wir daher unterlegen.

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Aber das ist doch der Öffentlichkeit schwer zu vermitteln, insbesondere auch deswegen, da der Bedarf an Pharmazeuten in der Apotheke keineswegs gedeckt ist und Abgänger der Pharmazie auch in der Industrie mit offenen Armen aufgenommen werden.

Ammon:

Wir sehen dies ebenso, können uns aber mit dieser Argumentation kein Gehör verschaffen.

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Vielen Dank, Herr Professor Ammon, für dieses Gespräch und dass Sie deutlich auf diese Missstände hingewiesen haben!

Jungapprobierte, die gerade ihr Pharmaziestudium abgeschlossen haben, finden auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere in der öffentlichen Apotheke, ohne Wartezeiten einen Arbeitsplatz. Es gibt einen Bedarf für Apothekerinnen und Apotheker – und dennoch werden an einigen Universitäten die Ausbildungsplätze in Pharmazie knapp gehalten oder gestrichen. Über die Situation in Tübingen sprachen wir mit Prof. Dr. H.P.T. Ammon.

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