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Bundestagsdebatte: Fischer verteidigt Verschiebebahnhof
Für die Maßnahme, durch die Arbeitsminister Walter Riester jährlich 1,2 Milliarden Mark in seinem Etat spart, übernehme sie die Verantwortung, sagte Fischer. Den Beitragszahlern, die auch Steuerzahler seien, sei im Übrigen die Entschuldung des Bundes nicht gleichgültig. Zur Kompensation setzt Fischer auf die Einnahmen aus den 630-Mark-Jobs, die höher als erwartet seien. Zum ersten Mal seit sechs Jahren seien im ersten Quartal des Jahres die beitragspflichtigen Einnahmen um über zwei Prozent gestiegen, wobei jeder Prozentpunkt Zuwachs Mehreinnahmen für die gesetzliche Krankenversicherung von 2,4 Milliarden Mark bedeute. Daher seien die 1,2 Milliarden Mark an Mehrbelastung zu verkraften und keine "Milchmädchenrechnung". Im Kabinett sei darüber hinaus vereinbart worden, dass in dieser Legislaturperiode keine weiteren Verschiebebahnhöfe geschähen. Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen) nannte den Kompromiss annehmbar. Immerhin sei zunächst die doppelte Belastung der GKV (2,4 Milliarden Mark) geplant gewesen. Horst Schmidbauer sagte für die SPD, seine Partei wolle versuchen, zu erreichen, "dass dieser Kelch an der solidarischen Krankenversicherung vorbeigeht". Er bemängelte, die Opposition habe keine Alternativen dazu vorgelegt. Schmidbauer verwies wie Regina Schmidt-Zadel auf die Verschiebebahnhöfe des damaligen Gesundheitsministers Horst Seehofers (CSU). Seit der damaligen Senkung der Beitragsbemessung für die Bezieher von Arbeitslosengeld und -hilfe auf 80 Prozent des Bruttolohns seien den gesetzlichen Kassen pro Jahr fünf Milliarden Mark entzogen worden.
Opposition: Dreister Zugriff
Die Opposition dagegen rief Ministerin Fischer zur Rücknahme der Pläne auf. Wolfgang Lohmann (CDU) bezweifelte die Durchsetzungsfähigkeit von Andrea Fischer im Kabinett des Kanzlers. Seinen Worten zufolge belaufen sich die Mehrbelastungen für die Krankenkassen durch verschiedene politische Maßnahmen wie etwa durch die Rentenreform insgesamt auf 5,3 Milliarden Mark. Beitragssatzanhebungen seien unweigerlich die Folge. Die Bundesregierung müsse sich fragen lassen, ob sie das Ziel stabiler Beiträge aufgegeben habe. Der Liberale Detlef Parr sprach von einem "dreisten Griff in die Taschen der Versicherten und Arbeitgeber". Zu der Zeit, als die Ministerin sich "mit diesem üblen Schachzug" einverstanden erklärte, habe in Berlin das Bündnis Gesundheit 2000 gegen die Folgen rot-grüner Gesundheitspolitik demonstriert. Die Beschäftigten des Gesundheitswesens würden durch die Federstrichaktion der Ministerin zusätzlichen Belastungen ausgesetzt. Wegen der willkürlichen Ausgabenbegrenzung müssten medizinische Leistungen eingeschränkt werden, die Ärzte würden zum Verschreiben billigster Generika gezwungen, meinte Parr.
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