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Arzneimittel und Therapie
Topische Glucocorticoidtherapie: Effektiv und nebenwirkungsarm
Schätzungsweise jeder dritte Heuschnupfen-Patient wird irgendwann in seinem Leben ein Asthma bronchiale entwickeln. Laut Statistik leiden derzeit schon 19 bis 38% der allergischen Rhinitiker unter Asthma; umgekehrt zeigen 28 bis 78% der Asthmatiker auch nasale Symptome. Da sich die Prävalenz der allergischen Rhinitis innerhalb von 8 Jahren (von 1988 bis 1996) verdoppelt hat, ist mit einem weiteren Anstieg des mit Heuschnupfen assoziierten Asthmas zu rechnen.
Den Etagenwechsel zum Asthma vermeiden
Auch wenn 40% der Bevölkerung das sogenannte Atopik-Gen (Gen C5AC11) von Geburt an in sich tragen, ist es dennoch möglich, die Wahrscheinlichkeit für einen Etagenwechsel von der allergischen Rhinitis zum Asthma zu senken. Dazu sind besonders in der Säuglingsphase bestimmte Verhaltensregeln wichtig, denn es ist vor allem der frühe Allergenkontakt, welcher zur IgE-Induktion führt. Empfohlen wird:
- 6 Monate stillen;
- frühen Kontakt mit Hühnereiweiß verhindern;
- Hausstaubmilben-Reservoire in der Wohnung ausrotten;
- Kontakt mit behaarten Haustieren meiden;
- auf dem Land leben ist gesünder.
Hyposensibilisierung ist wirksam
Eine spezifische Immuntherapie kann bei Allergikern ebenfalls einen Beitrag zur Asthma-Prävention leisten: Die PAT-Studie ergab, dass monosensitive Kinder nur noch halb so oft eine bronchiale Hyperreaktivität entwickeln, wenn sie über mindestens zwei Jahre eine Hyposensibilisierung erhalten.
Auch für die Therapie mit Antihistaminika sind in der ETAC-Studie (Cetirizin) wie auch in der PREVENTIA1-Studie (Loratadin) Hinweise erbracht worden, dass eine medikamentöse Asthmaprotektion bei risikobehafteten Kindern möglich ist.
Für topische Glucocorticoide, welche bei allergischer Rhinitis die effektivste Symptomlinderung erzielen, liegen noch keine entsprechenden Studien zur Asthmaprävention vor. Ihre pharmakologischen Wirkungen (Zytokin-Reduktion, Hemmung der Eosinophilie), insbesondere Studienergebnisse zur Unterdrückung des Asthma-assoziierten ECP (eosinophiles kationisches Protein) durch Mometason-Nasenspray (Nasonex), deuten jedoch darauf hin, dass auch mit diesen Pharmaka eine Asthmaprotektion möglich sein könnte.
Oft mit Allergie vergesellschaftet: chronische Sinusitis
Ähnliche Entzündungsmechanismen wie bei allergischen Erkrankungen liegen auch der chronischen Sinusitis zugrunde (Prävalenz in der westlichen Welt 12%). Diese ist definiert als entzündliche Schleimhautschwellung der Nasennebenhöhlen, die länger als 3 Monate pro Jahr anhält oder häufiger als dreimal jährlich eine akute Exazerbation zeigt. Auf Dauer gehen die entzündlichen Prozesse mit einem Umbau des nasalen Epithels bis zum Flimmerhärchen-Verlust und einer geschwächten Reinigungskapazität einher.
Neben infektiösen Auslösern gelten Schleimhautschwellungen, wie sie beispielsweise bei persistierenden Allergien auftreten, als häufigste Ursache. So beobachtet man bei über 80% der Patienten mit langjähriger Hausstaubmilbenallergie auch entzündliche Schwellungszustände der Nasennebenhöhlen.
Mit nasalem Steroid gezielt gegen Sinusitis
Mit einer rechtzeitigen antiallergischen und antiinflammatorischen Behandlung können die entzündlichen, hyperplastischen Veränderungen im Nasennebenhöhlensystem vermindert und die physiologische Belüftung der Nebenhöhlen wieder hergestellt werden. Hierzu gelten moderne topische Corticoide aufgrund ihrer therapeutischen Sicherheit als Mittel der Wahl.
Mometason ist der erste Vertreter einer neuen Generation nasal applizierbarer Corticoide. Die Substanz zeigt die höchste relative Rezeptoraffinität und weist eine gute lokale Wirksamkeit auf, während die systemischen Konzentrationen nach nasaler Applikation unterhalb der Nachweisgrenze liegen. Daher ist die Substanz auch für Kinder und in der Langzeittherapie geeignet.
Das Längenwachstum und die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse werden nachweislich nicht beeinflusst. Eine Nasenschleimhautatrophie wurde in Studien selbst nach zwölfmonatiger Behandlungsdauer nicht beobachtet. Dagegen konnte eine pathologisch umgebaute, hyperplastische Schleimhaut unter Mometason wieder regeneriert werden. Eine amerikanische Studie über 11 Monate ergab, dass sich die Frequenz rezidivierender Sinusitiden mit zweimal täglich 200 mg Mometason-Nasenspray deutlich (um rund 60 Tage) verringern lässt.
Bessere Heilung nach Polypen-Operation
Setzt die antiinflammatorische Behandlung bei Sinusitis zu spät oder nicht ausreichend ein, kann es zu Nasenpolypen als Extremform der Schleimhauthyperplasie kommen. Dann sind meist operative Maßnahmen erforderlich, die heute in der Regel minimal-invasiv als funktionelle endoskopische Sinus-Chirurgie (FESS) durchgeführt werden. Der Operationserfolg hängt jedoch auch entscheidend von der postoperativen Wundheilung und einer unterstützten Regeneration des respiratorischen Epithels ab.
Hier ist der topische Einsatz eines modernen Corticoids besonders wichtig, um proinflammatorische Zytokine (z.B. ECP) herunterzuregeln, ohne die heilungsfördernden Wachstumsfaktoren (PDGF, TGF-beta, ECF) zu hemmen. Da das Steroid hierbei auf eine verwundete Schleimhaut mit freien Fibroblasten und geschädigter Barrierefunktion trifft, ist eine Substanz mit vernachlässigbarer systemischer Bioverfügbarkeit von Vorteil.
Parallelfall auf der Haut: atopisches Ekzem
Auch zur Behandlung allergisch ekzematöser Hauterkrankungen wie der atopischen Dermatitis (=Neurodermitis, atopisches Ekzem) stellen topische Steroide heute nach wie vor die wichtigsten Medikamente dar. Um dem komplexen pathologischen Geschehen dieser Erkrankung gerecht zu werden, ist die rationale Therapie vielschichtig angelegt und wird an den individuellen Krankheitsverlauf angepasst. Teilweise obskure Behandlungsansätze, die nur einen einzigen pathogenetischen Aspekt der Krankheit berücksichtigen, sind unzureichend und oft sogar schädlich, da sie für den Patienten eine unnötig lange Leidenszeit bedeuten und ihm eine wirksame Behandlung vorenthalten.
Häufig reicht schon die Basistherapie aus
Nach Ansicht von Dermatologen sollte heute jeder Patient mit atopischer Dermatitis eine Basistherapie erhalten, die bei schwächeren Ekzemformen oft schon ausreichend ist. Sie besteht aus drei Elementen:
- Intensive, fettende Pflege ("the fatter, the better") der für gewöhnlich empfindlichen und trockenen Haut, vor allem im Winter
- Antihistaminika zur Unterdrückung des Juckreizes
- Topische Corticoide mit geringem atrophogenen Risiko
Mit der neuen Corticoid-Generation stehen heute Substanzen zur Verfügung, die wegen ihres geringen atrophogenen Potenzials selbst an der Kinderhaut und in Langzeitstudien keine klinisch relevante Atrophie mehr hervorrufen. Nach einer sechswöchigen Mometason-Behandlung (Ecural) entsprach die Hautdicke – ermittelt mit hochauflösendem Ultraschall – der bei einer reinen Vehikel-Behandlung. Dennoch versucht man – v.a. im Gesicht – Cortisonsalben nur kurzfristig oder in ausschleichender Intervalltherapie anzuwenden. Damit kann ein akuter Schub meistens ausreichend behandelt und die Remission über längere Zeit aufrechterhalten werden.
Provokationsfaktoren identifizieren und eliminieren
Für Patienten, die auf die Basistherapie nicht ausreichend ansprechen oder unter schweren Ekzemformen leiden, stehen weitergehende therapeutische Maßnahmen zur Verfügung. Dazu zählen z.B. die UV-Bestrahlung (mit Dosen unterhalb der Erythemschwelle), PUVA oder das Immunsuppressivum Ciclosporin. Außerdem müssen in diesen Fällen durch eine intensivierte Diagnostik die individuellen Provokationsfaktoren identifiziert und nachfolgend aus dem Alltag eliminiert werden.
Bei den Allergenen und Provokationsfaktoren des atopischen Ekzems handelt es sich entgegen landläufiger Meinung selten um chemische Zusatzstoffe, sondern vielmehr um Substanzen, die natürlicherweise in der Umwelt vorkommen: Wolle, Tierhaare, Pollen, Hausstaubmilben, Schimmelpilze, Milch, Eier, Staphylokokken, Herpes, Pityrosporum. Beim integrativen Therapiekonzept der Neurodermitis werden zudem auch psychische Belastungen und diätetische Faktoren mit berücksichtigt.
Fettfeuchte Verbände lindern schnell den Juckreiz
Feuchte Umschläge werden bei entzündeter, juckender Haut aufgrund der Verdunstungskälte als angenehm empfunden. Um zu verhindern, dass dabei die Haut des Neurodermitikers noch weiter austrocknet, haben sich fettfeuchte Verbände, sogenannte "wet-wrap dressings", bewährt.
Insbesondere nässende, verkrustete oder aufgekratzte Hautveränderungen bei Kindern lassen sich mit dieser Methode günstig beeinflussen. Der Effekt dieser Verbandstechnik beruht auf einer verbesserten Penetration der Salbenzubereitung durch die Haut. Hinzu kommt eine mechanische Kratzbarriere, wodurch der Circulus vitiosus aus Juckreiz-Kratzen-Entzündung-Ekzem-Juckreiz durchbrochen wird.
Da für fettfeuchte Verbände auch wirkstofffreie Fettsalben eingesetzt werden können, bietet diese Methode für Patienten, die einer Cortison-Anwendung kritisch gegenüberstehen, eine hilfreiche Alternative. Zudem besteht die Möglichkeit, den Verband mit einer Chlorhexidin-Lösung (0,5%) zu tränken. Mit diesem Antiseptikum lässt sich die mikrobielle Hautbesiedelung mit Staphylococcus aureus, der als Provokationsfaktor für Neurodermitis bekannt ist, reduzieren.
Einen noch besseren Effekt erzielt man jedoch dann mit der fettfeuchten Therapie, wenn eine corticoidhaltige Salbe verwendet wird. Besonders geeignet sind hierbei fettreiche Zubereitungen. Die bislang aus Untersuchungen vorliegenden Ergebnisse deuten darauf hin, dass diese Kombination der Wet-wrap Dressings mit einem topischen Corticoid die Phasen der akuten Exazerbation deutlich verkürzen kann und einen rascheren Übergang zur adjuvanten Basistherapie erlaubt.
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