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BMG Forschungspreis 1999: Einschränkung von Tierversuchen
Die drei Forscher haben eine neue Methode entwickelt, die die Anzahl der Tierversuche vermindert. Mit den entwickelten Tests können in einer frühen Phase der Arzneimittelentwicklung Substanzen erkannt werden, die während der Schwangerschaft den Embryo schädigen können. Die Forscher setzen Zellkulturen ein, sodass die Zahl späterer Tierversuche vermindert werden kann.
Neue Methoden mit Zellkulturen
Zur Zeit werden Arzneimittel und Umweltsubstanzen zum größten Teil im Tierversuch auf ihre embryoschädigende (teratogene) Wirkung hin geprüft. Die betreffenden Substanzen werden trächtigen Versuchstieren während einer bestimmten Entwicklungsperiode verabreicht. Die Effekte auf den sich entwickelnden Keim (Embryo, Fetus) werden untersucht. Strukturelle Fehlbildungen des Skeletts und der Organe stehen dabei im Mittelpunkt. Der Entstehungsmechanismus dieser teratogenen Effekte ist dabei meistens unbekannt, sodass sich die Übertragbarkeit auf den Menschen sehr unsicher gestaltet.
Die drei Wissenschaftler entwickelten in einer mehrjährigen Kooperation neue In-vitro-Methoden, das heißt Methoden, die mit Zellkulturen arbeiten. Ziel war es, in einer Substanzklasse ähnlicher Verbindungen diejenigen zu erkennen, die teratogen sind. Diese Substanzen sind alle von dem Arzneistoff Valproinsäure abgeleitet, der auch nach Therapie während der Schwangerschaft beim Menschen zu schweren Fehlbildungen des Embryos führen kann (vor allem zum "offenen Rücken", Spina bifida). Die jetzt vorliegenden Tests erlauben, auch ohne Tierversuche in einer frühen Entwicklungsphase neuer Arzneimittel keimschädigende Verbindungen zu erkennen.
Die entwickelten Zellkultursysteme liefern zusätzliche Informationen: Sie geben Hinweise auf molekulare Mechanismen der Substanzwirkungen auf den Organismus. Dies sollte zur Entwicklung neuer, sicherer Arzneimittel beitragen, die die gewünschten pharmakologischen Wirkungen haben, jedoch ein wesentlich geringeres fruchtschädigendes Potenzial besitzen.
Teratogener Effekt korreliert mit Struktur
Das Vorgehen der Forscher im Einzelnen: Es wurde eine Anzahl strukturverwandter Substanzen synthetisiert und deren teratogene Aktivität in der Maus charakterisiert. Dabei stellte sich heraus, dass der teratogene Effekt - im Gegensatz zur pharmakologischen Wirkung - eng mit der Struktur der Substanzen zusammenhängt.
Diese Substanzen wurden nun mithilfe der neuen In-vitro-Methoden untersucht. Dabei wurde die Differenzierung von F9-Teratokarzinomzellen (Zellen, die einem frühen embryonalen Entwicklungsstadium entsprechen) als Endpunkt genommen. Ein quantitatives Ergebnis wurde durch die Bestimmung der Aktivität eines Reportergens (für Luziferase) über die entstehende Lumineszenz erhalten. Die Aktivität der Substanzen in transfizierten F9-Zellen korrelierte signifikant mit der teratogenen Aktivität in vivo. Zur Untersuchung von molekularen Wirkmechanismen wurde die Beeinflussung von Kernrezeptoren bestimmt, die als Transkriptionsfaktoren die Expression von Zielgenen kontrollieren. Es zeigte sich, dass die Aktivierung eines bestimmten Kernrezeptors, des so genannten PPAR-d, in vitro mit dem teratogenen Effekt in vivo korreliert.
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