- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 43/2000
- Therapie von Analfissuren...
Arzneimittel und Therapie
Therapie von Analfissuren: Nitroglycerin oder Botulinumtoxin statt Operation
Es beginnt mit einem kleinen Längsriss in der sensiblen Haut um den After, dem Anoderm. Schmerzen über mehrere Stunden sowie Blutungen während und nach dem Stuhlgang kennzeichnen die akute Analfissur, die häufig chronisch wird oder sich gar zu einer Analfistel weiterentwickelt. Triebfeder für die Chronifizierung ist der Schmerz.
Dadurch kommt es zu einem reaktiven Hypertonus des inneren Analsphinkters, was letztlich zu einem erhöhten Ruhedruck und einer Stenose führt. Die Schmerzen zu lindern, die Blutzufuhr zu verbessern, vor allem aber den Sphinktertonus zu senken, um eine Abheilung zu ermöglichen, sind die Ziele der Therapie.
Alternativen zur Operation
Leichtere Formen lassen sich mit Lokalanästhetika und der konsequenten Anwendung eines Analdehners behandeln. Stuhl-Weichmacher sind sinnvoll, Laxanzien mit Ausnahme von Ballaststoffen kontraindiziert. Gerade bei chronischen Fissuren reicht dies allerdings häufig nicht aus. Mit der operativen Sphinkterotomie lässt sich dann der innere Analsphinkter erfolgreich entspannen, sodass die Fissur abheilen kann. Die Komplikationsraten liegen allerdings bei bis zu 30 Prozent. Grund genug, nach Alternativen Ausschau zu halten. Und die stehen bereits ante portas: Die lokale Therapie mit Glyceroltrinitratsalbe oder die einmalige Injektion von Botulinumtoxin.
Nitroglycerin: vom Herzen zum Po
Glyceroltrinitrat (GTN), ein Stickstoffmonoxiddonator, ist in der Kardiologie ein bewährter Wirkstoff. Bei akuten Herzischämien macht er die Gefäße weit und sorgt so für eine bessere Herzdurchblutung. Was am Herzen funktioniert, hat sich nun auch im Bereich des Anus bewährt:
Die "chemische Sphinkerotomie" durch lokale Applikation einer Glyceroltrinitratsalbe verbessert die Durchblutung des perianalen Bereichs und senkt den erhöhten Sphinkterdruck - Voraussetzung für eine Abheilung der Analfissur. Innerhalb von acht Wochen lassen sich laut Studienergebnissen etwa 70 Prozent der Fissuren erfolgreich behandeln. Die überwiegende Mehrzahl der Patienten kommt so um eine Operation herum.
Bessere Durchblutung des Sphinkter
Exakt dokumentiert wurde die Wirkung unter anderem in einer Studie an 34 Patienten mit verschiedenen anorektalen Erkrankungen. Bei ihnen wurde der maximale anale Ruhedruck und der Blutfluss mit Laser-Doppler-Flowmetrie vor und nach der Behandlung mit einer Glyceroltrinitratsalbe gemessen. Der Druck sank, und die Perfusion der Analsphinktermukosa stieg signifikant an. Ebenfalls erfolgreich scheint Glyceroltrinitratsalbe auch in der Therapie von Hämorrhoidalleiden zu sein.
Das Hauptproblem der Therapie: Etwa 40 Prozent der Patienten leiden während der Behandlung unter Kopfschmerzen. Angemahnt werden daher Studien zur Bestimmung von optimaler Dosis, Applikationsort und Applikationsform. Noch ist keine Glyceroltrinitratsalbe für die Therapie von Analfissuren zugelassen. Doch ist dies nur eine Frage der Zeit, denn entsprechende Studien laufen bereits.
Botulinumtoxin: eine Injektion reicht
Eine Senkung des inneren Analtonus lässt sich durch einmalige Injektion von Botulinumtoxin direkt in den inneren Analsphinker erreichen. Mit einer Dosis von 20 Einheiten werden so bei Analfissuren ähnliche Heilungsraten von 60 bis 76 Prozent erreicht. Entscheidend für den Therapieerfolg, so das Ergebnis neuester Untersuchungen, ist der Applikationsort: Wird bei Patienten mit posteriorer chronischer Analfissur das Nervengift in eine der beiden Seiten des anterioren Teil des Analsphinkters injiziert, steigen die Heilungsraten auf über 90 Prozent. Der Vorteil dieser Methode: Sie muss nur einmal durchgeführt werden und ist nicht an die Compliance des Patienten gebunden.
Quelle: Falk Symposium No 118: "Nicht-neoplastische Erkrankungen des Anorektums - eine interdisziplinäre Aufgabe", Freiburg, 1. bis 2. Oktober 2000, veranstaltet von Falk Foundation, Freiburg.
Analfissuren sind äußerst schmerzhaft. Operativ lassen sie sich mittels Sphinkerotomie oder Analdehnung behandeln. Viele Patienten scheuen allerdings einen chirurgischen Eingriff. Die "neurochemische Sphinkerotomie" mit Glyceroltrinitratsalbe oder Botulinumtoxin kann eine Operation unnötig machen.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.