Arzneimittel und Therapie

Aufwändige Aufklärungskampagne: Sodbrennen – ein ernst zu nehmendes Alar

Medikamente gegen Sodbrennen gehen zuhauf über den HV-Tisch in der Apotheke. Die Mehrzahl der Patienten betrachtet dieses Symptom als harmlose Befindlichkeitsstörung. Kaum jemand weiß, dass Sodbrennen ein Vorbote ernsthafter Erkrankungen sein kann. Eine groß angelegte Aufklärungskampagne, die vor einigen Wochen angelaufen ist, soll der Ignoranz entgegenwirken. Mit Erfolg, wie erste Ergebnisse zeigen.

"Alarmzeichen Sodbrennen" lautet das Motto der Aufklärungskampagne, mit der die Gastro-Liga, unterstützt durch die Firma AstraZeneca, seit einigen Wochen die Bevölkerung über die Risiken des "sauren Aufstoßens" informiert. Kernstück der Kampagne ist ein 8-Punkte-Test: Durch die Beantwortung von acht einfachen Fragen kann der Laie schnell herausfinden, ob ein Risiko für eine behandlungsbedürftige Refluxkrankheit besteht und er zur weiteren Abklärung schnellstens den Arzt aufsuchen sollte.

Mit viel Aufwand

Der dafür betriebene Aufwand ist riesig. Mit Anzeigen in der Boulevardpresse wurden bislang etwa 21 Millionen Bundesbürger erreicht. Zusätzlich berichteten Radiospots und Gesundheitssendungen im Fernsehen über die Aktion. Insgesamt 15 Millionen Fragebögen wurden Zeitschriften beigelegt, drei Millionen in Wartezimmern verteilt. Doch das Engagement scheint sich zu lohnen. Innerhalb eines Monats haben sich 31000 Anrufer über die Hotline des Infobüros Sodbrennen informiert, 520 Briefe und 300 E-Mails wurden beantwortet, 16300 Internetnutzer haben die Aktionsseite besucht und sich die Info-Broschüre schicken lassen und rund 20000 Anfragen sind bei den Medienpartnern eingegangen. Wie aussagefähig der Fragebogen ist, wurde an einem kleinen Kollektiv von 108 Personen unter die Lupe genommen. Davon gaben 71 an unter Sodbrennen zu leiden, das sie bisher nicht angesprochen hatten, 63 wurden daraufhin endoskopisch untersucht. Das Ergebnis: 13 Patienten hatten gravierende, bis dahin nicht erkannte Veränderungen der Speiseröhre, davon sieben eine Ösophagitis mit Ulzerationen, vier ein Übergangsstadium zu einer Barrett-Metaplasie und zwei bereits eine Barrett-Metaplasie, aus der sich ein Karzinom entwickeln kann.

Refluxkrankheit auf dem Vormarsch

Wie wichtig diese Kampagne ist, zeigen Zahlen aus den USA. Dort stieg die Häufigkeit der Refluxkrankheit seit 1970 sprunghaft in die Höhe. Zur genauen Abklärung scheint bei häufigerem Sodbrennen eine Endoskopie grundsätzlich sinnvoll zu sein. Nur sie kann Veränderungen der Ösophagusschleimhaut klar identifizieren, lässt eine definitive Aussage zu und erhöht häufig auch die Zufriedenheit des Patienten, der die Ursache seiner Beschwerden klar vor Augen hat. Doch nicht alle Patienten sind begeistert davon, den Schlauch zu schlucken. Liegen keine Alarmsymptome wie beispielsweise Blutungen vor, gilt auch eine probatorische Therapie mit einem Protonenpumpenhemmer als vertretbar. Spricht der Patient nicht an, kommt er um die Endoskopie nicht herum. Empfehlenswert ist der Blick ins Innere des Gastrointestinaltraktes auch, wenn der Patient nicht nur über Sodbrennen, sondern auch über eine Dyspepsie klagt. Denn dann muss auch ein Ulkus ausgeschlossen werden.

PPI-Test als Diagnostikum

Doch längst nicht alle Refluxkranken zeigen endoskopisch einen positiven Befund. Ist er negativ, gilt der "PPI-Test" als wertvolles Diagnostikum mit hoher Sensitivität und Spezifität, um die Diagnose zu sichern. Spricht der Patient auf die Gabe eines Protonenpumpenhemmers (PPI) über ein bis zwei Wochen an, gilt eine Refluxkrankheit als sehr wahrscheinlich. Eine pH-Metrie ist dagegen notwendig bei atypischer Symptomatik, PPI-refraktären Patienten und unsicherer Diagnose.

Inzwischen kaum umstritten: das Step-up-Prinzip

Die Therapie der Refluxkrankheit, bei der die konsequente Säurehemmung im Mittelpunkt steht, sollte dem Step-down-Prinzip folgen. Das heißt: Der Patient erhält als Medikament der ersten Wahl einen hoch dosierten PPI. Ist eine Langzeittherapie erforderlich, wird die Dosis entsprechend gesenkt. Im Gegensatz zur früheren "Step-up-Behandlung", bei der zunächst schwächer wirksame Medikamente, wie Antazida, Prokinetika und H2-Blocker zum Zuge kamen, ist damit bei kürzerer Therapie schnellere Heilung und Schmerzfreiheit zu erreichen.

S-Isomer von Omeprazol

Ein weiterer Fortschritt ist die Entwicklung isomerer Protonenpumpenhemmer wie Esomeprazol, das S-Isomer von Omeprazol. Es unterscheidet sich im Lebermetabolismus in wesentlichen Aspekten von R-Omeprazol. Da der First-pass-Effekt geringer ist, sind die Serumkonzentrationen höher und die Säurehemmung effektiver als nach der Gabe des Razemats. Entsprechend länger wird ein intragastrischer pH über 4 erreicht, nämlich über 12,7 Stunden nach Esomeprazol 20 mg und 10,5 Stunden nach Omeprazol 20 mg. Ein intragastrischer pH höher als 4 über mehr als 12 Stunden wird nach fünftägiger Therapie unter Omeprazol bei 77 Prozent der Patienten, aber bei 88 Prozent unter Esomeprazol erreicht. Damit lassen sich höhere Heilungsraten, kürzere Therapiedauer und letztlich auch niedrigere Kosten erzielen. So ist bei der Refluxösophagitis statt der achtwöchigen Therapie mit Omeprazol meist eine vierwöchige Therapie ausreichend. Bei endoskopisch negativer Refluxkrankheit kann mit Esomeprazol eine kostengünstige Bedarfstherapie durchgeführt werden.

Kastentext

BMI und Refluxkrankheit

"Dicke leiden häufiger unter Sodbrennen!" Dieses verbreitete Vorurteil ist zumindest wissenschaftlich nicht haltbar. In klinischen Studien wurde kein Zusammenhang zwischen BMI und Refluxkrankheit festgestellt. Eine Gewichtsreduktion scheint also entgegen landläufiger Meinung zumindest das Sodbrennen nicht positiv zu beeinflussen. Allerdings gibt es genügend andere Gründe, dem Übergewicht den Kampf anzusagen.

Medikamente gegen Sodbrennen gehen zuhauf über den HV-Tisch in der Apotheke. Die Mehrzahl der Patienten betrachtet dieses Symptom als harmlose Befindlichkeitsstörung. Kaum jemand weiß, dass Sodbrennen ein Vorbote ernsthafter Erkrankungen sein kann. Eine groß angelegte Aufklärungskampagne, die vor einigen Wochen angelaufen ist, soll der Ignoranz entgegenwirken. Mit Erfolg, wie erste Ergebnisse zeigen.

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