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Apothekengesetz/ABDA: Trennung zwischen Offizin und Klinikapotheken halten
Getrennte Warenströme
Hans-Günter Friese von der Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände (ABDA) sprach sich für den Erhalt des bisherigen getrennten Systems zwischen öffentlichen Apotheken und Krankenhauseinrichtungen aus. Es sei bisher Konsens gewesen, dass es geteilte Warenströme gebe mit Präparaten, für die die Arzneimittelpreisverordnung gelte sowie Ware, die nicht der Verordnung unterliege. Wie Friese sagte, sei auch künftig kein Wettbewerb zwischen diesen Systemen zu erwarten, die Klinikware bleibe den Krankenhäusern erhalten. Dr. Johannes Pieck, Sprecher der ABDA-Geschäftsführung, wies die Abgeordneten auf die Konsequenzen wie deutlich steigende Arzneipreise hin, falls die Krankenhausapotheker an der ambulanten Versorgung beteiligt werden. Reaktionen der Hersteller, die ihre Präparate heute zum Teil kostenlos den Kliniken zur Verfügung stellten, seien unausweichlich, zu erwarten seien Preisanhebungen im ambulanten, aber wahrscheinlich eher im Krankenhausbereich. In diesem Zusammenhang verwies Dr. Ulrich Vorderwülbecke vom Verband Forschender Arzneimittelhersteller auf den Wettbewerb der Firmen untereinander, die Verschiebung der Grenzen zwischen den Bereichen werde voraussichtlich die Angleichung des Preisniveaus nach sich ziehen, wobei das nicht exakt zu prognostizieren sei.
Was im Entwurf steht
Der entsprechende Gesetzentwurf des Bundesrates räumt den Klinikapotheken weitreichende Befugnisse auch im ambulanten Sektor ein. So sieht die vorgeschlagene Neuregelung die Belieferung von Krankenhausambulanzen durch Klinikapotheken vor, sofern die Arzneimittel dort unmittelbar zur Anwendung kommen. Zytostatika sollen unmittelbar an den anwendenden Arzt geliefert werden, heißt es im Entwurf weiter. Zudem soll die Mitgabe von Arznei aus Beständen der Krankenhausapotheke zur Überbrückung bei Entlassungen vor Wochenenden oder Feiertagen ermöglicht werden. Ein neuer Paragraph führt darüber hinaus Versorgungsverträge zwischen Heimen (nach Paragraph 1 des Heimgesetzes) und öffentlichen Apotheken als Möglichkeit ein.
Gesetz der Nähe
Wie Friese sagte, hält die ABDA am Grundsatz fest, demzufolge bei ambulanten Behandlungen die öffentliche Apotheke zuständig sei. Aus Gründen der Arzneimittelsicherheit akzeptiere er aber das Gesetz der Nähe, so dass nur für die in den Kliniken unmittelbar anzuwendenden Präparate bei dort ambulant behandelten Patienten die Versorgung durch die Klinikeinrichtung eingeräumt werden könnte. Unverständlich sei jedoch die mögliche Ausweitung zum Beispiel auf nichtärztliches und nichtpharmazeutisches Personal in den Ambulanzen, dies sollte aus ordnungspolitischen Gründen nicht zugelassen werden. Zur Neuregelung, wonach aufgrund von Absprachen Zytostatikazubereitungen unmittelbar an anwendende Ärzte abgegeben werden können, hält der Apothekendachverband ABDA es für geboten, dass die Verschreibungen ausschließlich einer zytostatikaherstellenden Apotheke zuzuleiten seien. Nach enormen Investitionen seien die räumlichen und personellen Voraussetzungen in den Apotheken vorhanden. Dr. Pieck wies ergänzend auf die steuerliche Privilegierung der Krankenhausträger hin. Wenn Klinikträger quasi Verkäufer von Arzneimittel würden, müssten sie steuerpflichtig werden, ansonsten sei der Gleichheitsgrundsatz verletzt. Die vorgeschlagene Arzneimitgabe aus Beständen der Krankenhausapotheke zur Überbrückung bei Entlassungen vor Wochenenden konnte Friese nicht nachvollziehen. Angesichts des dichten Notdienstnetzes und Öffnungszeiten auch an Samstagen sah er keine Lücke bei den Apotheken. Viel wahrscheinlicher sei es, dass ein Patient womöglich seinen Hausarzt nicht erreiche. Der ABDA-Präsident nannte es darüber hinaus nicht akzeptabel, wenn auch Ärzten, die freiberuflich in gemieteten Räumen des Krankenhauses praktizierten, der Bezug von Arzneimitteln aus der Krankenhausapotheke ermöglicht würde. Diese Mediziner sollten wie alle anderen niedergelassenen die Präparate aus einer Offizin erhalten.
DKG macht Druck
Vor allem die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), die die Zukunft der Kliniken in Dienstleistungszentren sieht, drängt massiv auf Veränderungen zugunsten der Krankenhausapotheken. Die DKG hält es für unpraktikabel, dass Krankenhausapotheken keine Präparate an in der Klinik ambulant behandelte Patienten abgeben dürfen und fordert die "Versorgung aus einer Hand". Zum einen könnten die Klinikapotheken qualitativ gut versorgen und zum anderen würden vor allem die Patienten davon profitieren, so deren Vertreter Dr. Martin Walger. Die DKG marschiert hier gemeinsam mit den gesetzlichen Krankenkassen. So führte Wolfgang Kaesbach vom Bundesverband der Betriebskrankenkassen (BKK) aus, dass es für die Kranken eine Verbesserung wäre, wenn sie etwa nach stationären Tumorbehandlungen und anschließender Weiterbehandlung in Klinikambulanzen nicht zunächst ihre Medikamente mit einem Rezept in einer öffentlichen Apotheke holen müssten, um dann wieder die Ambulanz aufzusuchen. Der direkte Weg in die Ambulanz sei vorteilhaft, meinte Kaesbach. Während die Klinikapotheken auf höchstem Qualitätsniveau arbeiteten, fehlten die entsprechenden Vorschriften für Offizinen. Unter den niedergelassenen Apothekern müsste es zudem eine Differenzierung geben, es gehe nicht an, dass in einer Ein-Mann-Apotheke der Leiter vorn am HV-Tisch bediene und hinten zugleich die Zytostatikaherstellung vornehme.
Integrierte Versorgung: A und O
Kaesbach begrüßte insgesamt die Initiative des Bundesrates, da die beabsichtigte Beteiligung der Krankenhausapotheken an der Versorgung von Klinikambulanzen die ambulante und stationäre Versorgung besser verzahne. Dies sei ein wichtiges gesundheitspolitisches Ziel. Allerdings greift der Gesetzentwurf der Länderkammer laut Kaesbach zu kurz, da die BKK noch weiteres bei der Arzneimitteldistribution regeln möchten. So sollten neben öffentlichen Apotheken Krankenhausapotheken gleichberechtigt in die neue integrierte Versorgung einbezogen werden.
Kassenrabatt staffeln?
In der schriftlichen Stellungnahme der gesetzlichen Kassen fand sich darüber hinaus der Vorschlag, den gesetzlichen Kassenrabatt nach Umsatzklassen der Apotheken zu staffeln. In der Begründung dazu heißt es, angesichts einer Verteilung der Umsätze von unter 400.000 bis weit über fünf Millionen Mark pro Jahr sei die bisherige Pauschalregelung nicht gerechtfertigt. Einerseits gäben umsatzstarke Apotheken Einkaufsvorteile nicht an die Versicherten weiter, andererseits würden kleine Offizinen überproportional belastet.
Qualität der Krankenhausversorger
Den Hinweis von Kaesbach und DKG-Vertreter Walger wollte Dr. Klaus Peterseim so nicht stehen lassen. Das Vorstandsmitglied des Bundesverbands krankenhausversorgender Apotheker (BVKA) verwahrte sich entschieden gegen die Vermutung, die Leistungen von Krankenhausapotheken vor allem in der Arzneiherstellung hätten per se eine bessere Qualität als die der Krankenhausversorger. Hier gebe es keinen grundsätzlichen Unterschied. Klaus Grimm, ebenfalls BVKA, warnte vor den erheblichen Erweiterungen des Gesetzentwurfs, wie sie sowohl der DKG als auch den Kassen bei der integrierten Versorgung vorschweben. Würden die Krankenhausapotheken in die künftige Netzversorgung einbezogen, erhielten ihre Träger ein großes Vertriebssystem, das das flächendeckende, mittelständisch organisierte Apothekenwesen zerstören würde. Werde zum Beispiel ein Hersteller durch Übernahme einer Klinik auf diese Weise an der Distribution beteiligt, hätten weder Offizin noch Großhandel eine Überlebenschance.
Entmündigung in Heimen?
Der Gesetzentwurf stärke insgesamt stationäre, zentralistische Strukturen zu Lasten der ambulanten, dezentralen Strukturen mittels Offizinen, kritisierte Dr. Klaus G. Brauer, DAZ-Mitherausgeber und Einzelsachverständiger, in Berlin. Dabei arbeiteten größere Einheiten in der Regel nicht wirtschaftlicher, allein wegen der "Wasserköpfe" in der Verwaltung. Er sprach sich darüber hinaus wie Dr. Johannes Pieck und Hans-Günter Friese für Versorgungsverträge zwischen Heimen (nach Paragraph 1 Heimgesetz) und öffentlichen Apotheken zur verbesserten Versorgung der Heimbewohner aus, was ebenfalls Bestandteil des Gesetzentwurfs ist. Pieck plädierte hier für die Vorlage der Verträge bei den Behörden, um die Fortbildung der Mitarbeiter, regelmäßigen Kontrollen der Vorräte in den Heimen sowie die pharmazeutische Betreuung der Heimbewohner zu gewährleisten. Brauer riet in diesem Zusammenhang, solche Verträge verpflichtend einzuführen, dabei aber die freie Arzt- und Apothekenwahl nicht einzugrenzen. Das widerspreche der Philosophie des Gesetzes, die Eigenständigkeit der Bewohner zu erhalten, völlig. Häufig gebe es Pflegeheime mit großen Wohnstationen und kleinen Stationen für kurz- oder längerfristig pflegebedürftige Bewohner. Es sei widersinnig, wie jetzt angedacht, zentral die Heime versorgen zu lassen und Arzneimittel an den Patienten anwenden zu lassen, eine reine "Entmündigung". Der bessere Weg sei es, vor allem den mobilen Heimbewohnern das Recht auf freie Apothekenwahl nicht zu nehmen und so zum Beispiel den Erhalt von Arzneimitteln inklusive Informationen wie Beipackzettel zu ermöglichen.
Der Gesetzentwurf des Bundesrates zu erweiterten Zuständigkeiten von Krankenhausapotheken im ambulanten Bereich ist am 6. Dezember bei einer Anhörung des Gesundheitsausschusses in Berlin von den Sachverständigen sehr unterschiedlich bewertet worden. Vertreter der öffentlichen Apotheken sahen dadurch keine Kostenvorteile, die Repräsentanten der Krankenhäuser und der gesetzlichen Krankenkassen forderten dagegen eine stärkere Einbindung der Krankenhausapotheken in die ambulante Versorgung. Dadurch würde jedoch, so die ABDA, die Trennung zwischen Offizin- und Krankenhausapotheke aufgehoben.
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