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Arzneimittel und Therapie
Orphan-Krankheiten: Ibuprofen kann das Leben Frühgeborener retten
Der Persistierende Ductus Arteriosus wird auch nach dem italienischen Anatom Botallo, der dieses Gefäß zum ersten Mal beschrieben hat, "Ductus Arteriosus Botalli" genannt. Er ist ein Überrest der Kreislaufsituation im Mutterleib. Dort besteht eine Kurzschlussverbindung zwischen der Lungen- und der Hauptschlagader.
"Atempause" in Mutters Bauch
Im Mutterleib erhält das Kind das in den Lungen der Mutter angereicherte Blut über die Plazenta. Das Kind braucht also nicht zu atmen, seine Lunge "hat noch Pause" und muss daher auch nicht durchblutet werden. Das Blut wird deshalb durch eine Kurzschlussverbindung an der Lunge vorbeigeleitet. Nach der Geburt schließt sich diese Verbindung normalerweise innerhalb von 24 Stunden. Bei Frühgeborenen bleibt diese Verbindung (Ductus) häufig offen.
Kleines "Loch" mit lebensbedrohlichen Folgen für Frühgeborene
Nach der Geburt fließt das Blut durch den offenen Ductus in die entgegengesetzte Richtung wie im Mutterleib, weil der Druck in der Hauptschlagader höher ist als in der Lungenschlagader. Dies hat zur Folge, dass das sauerstoffreiche Blut immer wieder über die Lungenschlagader in die Lunge gepumpt wird. Das sauerstoffarme Blut aus der rechten Herzkammer mischt sich mit dem sauerstoffreichen Blut aus der Hauptschlagader.
Die linke Herzkammer muss gegen den erhöhten Widerstand in der Lungenschlagader arbeiten, sodass es zu einer Überbelastung des kleinen Herzens kommt, was wiederum zu einer Herzschwäche führen kann. Außerdem kann es durch den hohen Blutdruck in der Lunge zu irreparablen Schäden in den Lungengefäßen kommen.
Oft reicht die medikamentöse Behandlung
Auch wenn der PDA zu den seltenen Orphan-Erkrankungen gehört: Von den "Frühchen", die mit weniger als 1500 Gramm das Licht der Welt erblicken, bleibt bei jedem zweiten die Kurzschlussverbindung auch nach der Geburt bestehen. Deshalb müssen die "kleinen Würmchen" jedoch nicht gleich unters Messer. Bei einem großen Teil der Frühgeborenen reicht nämlich eine medikamentöse Therapie aus. Dabei wurde bisher vor allem der Wirkstoff Indometazin eingesetzt.
Neues Einsatzgebiet für Ibuprofen
Neuere Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass die dreimalige intravenöse Verabreichung von Ibuprofen, jeweils im Abstand von 24 Stunden, genauso erfolgreich ist. So kam es bei Ibuprofen bei 70% der Frühgeborenen zum Ductusverschluss (Indometacin 66%). Gleichzeitig traten weniger Nebenwirkungen auf als bei Indometacin. Signifikant seltener kam es bei den "Frühchen" zur Oligurie, also der stark verminderten Ausscheidung von Urin. Diese kann wiederum schwerwiegende Folgen haben - beispielsweise die mangelnde Entgiftung des kleinen Körpers. Die Studien lieferten außerdem Hinweise darauf, dass Ibuprofen die Hirndurchblutung weniger beeinträchtigt und weniger unerwünschte Auswirkungen im Magen-Darm-Bereich als Indometacin hervorruft. Die hohe Erfolgsquote bei relativ geringen Nebenwirkungen hat bereits dazu geführt, dass die vorsorgliche Gabe von Ibuprofen bei Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht unter 1500 Gramm in der Ärzteschaft diskutiert wird.
Literatur: Van Overmeire, B., et al.: A comparison of ibuprofen and indomethacin for closure of patent ductus arteriosus. N. Engl. J. Med. 343, 674-681 (2000).
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