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Kongressbericht
Interpharm 2001
Neben der Fortbildung konnten sich die Teilnehmer auch über gesundheits- und berufspolitische Themen informieren, so z. B. über Internet- und Versandapotheken sowie über Finanzierungsprobleme in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Ulla Schmidt auf dem weißen Sofa
Politischer Höhepunkt der Interpharm 2001 war zweifellos der Auftritt der neuen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. Sie war gerne der Einladung nach Hamburg gefolgt, um zum ersten Mal in ihrer Amtszeit als Gesundheitsministerin vor Apothekern zu sprechen. In ihrem Vortrag ging sie auf Veränderungen in der Altersstruktur unserer Gesellschaft ein und die daraus möglichen Folgen für die Sozialversicherung. Von einer "Alters- und Fortschrittsfalle", in der das Gesundheitssystem stecke, wollte die Ministerin allerdings nichts wissen. Es zeigten sich lediglich Veränderungen in der Wirtschaft, Kommunikation und Altersstruktur unserer Gesellschaft, die man allerdings nicht dramatisieren dürfe. Angesichts dieser sich schnell vollziehenden Veränderungen seien Reformanstrengungen nötig. Sie warnte allerdings davor, übereilte Reformen vorzunehmen: "Wir müssen nicht schnell sein, sondern wir müssen gut sein und weitgehend Einvernehmen erzielen." So waren denn auch viele ihrer Aussagen von der Suche nach diesem Einvernehmen geprägt. Es lag ihr am Herzen, wieder Vertrauen in unser Gesundheitssystem zu schaffen durch Sicherheit (Kranke erhalten alle medizinisch notwendigen Leistungen), durch Qualität (gesicherte Qualität der Leistungen) und durch die Finanzierung, bei der sie auf die solidarische Finanzierung und wirtschaftliche Stabilität der Krankenkassen setzt. Um dies zu erreichen, wird Ulla Schmidt festhalten an der Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven bei Arzneimitteln, zu denen die Festbeträge gehören, die allerdings gesetzlich geregelt werden müssten. Sie bestätigte, dass sie von Arzneimittelbudgets nichts halte und statt dessen lieber auf neue, positiv steuernde Instrumente setze - zu denen auch die Positivliste gehöre. Auch das Thema Arzneimittelvertrieb via Internet sparte sie nicht aus. Ihre Auffassung: Vertriebsweg Internet wird zunehmend attraktiver, es ist aber nicht für alle die Alternative. Wichtig seien größtmögliche Sicherheit für Patientinnen und Patienten und der Verbraucherschutz. Ein besonderes Anliegen war ihr die Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention - auch für ältere Menschen -, denn da habe Deutschland Nachholbedarf. Prävention und Prophylaxe erhöhten nicht nur die Lebensqualität, sondern sie entlasteten auch die Finanzierung des Systems. Bei all diesen Aufgaben wolle sie sich verstärkt des Sachverstands der Apothekerinnen und Apotheker bedienen. Auf dem "weißen Sofa" vertiefte sie diese Vorhaben in einem Gespräch mit Dr. Klaus G. Brauer, Geschäftsführer des Deutschen Apotheker Verlags. Und sie nahm Stellung zu Punkten, die den Apothekern auf den Nägeln brennen. Dabei zeigte sie sich sehr aufgeschlossen und kooperationsbereit.
Arzneiversand via Internet - er kommt, er kommt nicht?
So deutlich wie auf dem Interpharm-Forum zum Thema Arzneiversand via Internet kristallisierte es sich bisher wohl auf keiner Veranstaltung heraus: Die deutsche Apothekengesetzgebung und das deutsche Arzneimittelrecht wird sich intensiv mit der Frage auseinander setzen müssen, unter welchen Bedingungen ein Arzneimittelversand - oder besser gesagt eine Arzneimittelzustellung - möglich sein kann. Die Frage, ob es einen Versand/Zustellung geben soll und darf, ist schon weit in den Hintergrund getreten, man - auch Regierungsvertreter - geht davon aus, dass irgendeine Art der Zustellung kommt. Jetzt kommt es darauf an, dass dies "apothekenverträglich" umgesetzt wird. Es zeigen sich Tendenzen, dass z. B. die Zustellung von Arzneimitteln per pharmazeutischem Boten (z. B. PTA) in einem für jede Apotheke regional begrenzten Umfeld ermöglicht wird, und zwar nicht nur im begründeten Einzelfall, sondern generell, sofern der Kunde dies möchte.
TCM, IgE, Tbc, HIV, DNA und BSE
Wer nicht bei der Interpharm war, hat viel versäumt - auch in Sachen Fortbildung: topaktuelle Themen, die im Apothekenalltag, auch im Gespräch mit den Kunden, von Bedeutung sind. Er konnte sich informieren über alternative bzw. komplementäre Therapierichtungen wie Anthroposophie, Homöopathie, die traditionelle chinesische Medizin (TCM) und die tibetische Medizin. Er erfuhr den neuesten Stand auf dem Gebiet der Allergien, der Infektionskrankheiten und Seuchen. Besonders hervorgehoben werden muss hier ein Vortrag, der am Beispiel des Infektionstods berühmter Komponisten zeigte, wie hilflos man noch Anfang des letzten Jahrhunderts Infektionskrankheiten gegenüberstand, die heute mit Leichtigkeit in den Griff zu bekommen sind und an denen keiner mehr sterben muss, wenn er rechtzeitig therapiert wird. Das Besondere und Ergreifende an diesem Vortrag: er war ausgeschmückt mit eindrucksvollen Musikbeispielen der Komponisten, mit Abbildungen und darstellenden Kunstwerken aus dieser Zeit. Nicht erst nach der Entschlüsselung des menschlichen Genoms ist es auch für Pharmazeuten ein Muss, über die Grundlagen der Gentechnik Bescheid zu wissen, sich über den genetischen Code, die Stichworte Gene und Genom zu informieren bis hin zu gentechnisch hergestellten Arzneimitteln und die Therapie und Prävention erblicher Krankheiten. Die Interpharm bot hierfür profundes Wissen an. Das Dauerthema BSE wird auch in der Apothekenoffizin diskutiert: wie sicher sind Arzneimittel vor BSE, aber auch, wie sicher sind unsere Lebensmittel? Wer die Vorträge zu BSE auf der Interpharm gehört hat, kann mitreden. Darüber hinaus bot das Interpharm-Programm zahlreiche Seminare und Foren, die spezielle Themen behandelten: Rheumatherapie, Medizinprodukte, rechtliche und wirtschaftliche Fragen, den Umgang mit dem Internet und Datenbanken, Pharmakotherapie in Fallstudien, klinische Studien, klinische Pharmazie und Qualitätsmanagement. Für die PTA in der Apotheke brachte ein eigener PTA-Kongress aktuelles Wissen zu Atemwegserkrankungen.
Am und im Netz: apotheken.de
Interpharm-Besucher konnten eine Premiere miterleben: den Start des unabhängigen Internet-Gesundheitsportals der deutschen Apotheken. Innerhalb weniger Monate war es den Initiatoren des Portals, dem Deutschen Apotheker Verlag, dem Verein der Apotheker im Internet e.V. und dem Wort & Bild Verlag, gelungen, Apothekenkunden (und solchen, die es werden sollen) ein umfangreiches Informations- und Service-Angebot zu präsentieren: Informationen rund um die Gesundheit, eine Suchmaschine für Apotheken, einen Vorbestellservice für Arzneimittel und vieles mehr. In dieser Ausgabe berichten wir über die gesundheits- und berufspolitischen Themen, über die Internetdiskussionen und das Studentenforum. In der nächsten Ausgabe der DAZ finden Sie dann die Berichte über die wissenschaftlichen Vorträge auf der Interpharm. diz
Als sich die Türen des Hamburger Congresscentrums CCH am Sonntagabend schlossen, stand fest: in der mittlerweile 16-jährigen Geschichte der Interpharm, der pharmazeutischen Kongress- und Messeveranstaltung des Deutschen Apotheker Verlags Stuttgart, war es eine der besten, wenn nicht sogar die beste Interpharm. Über 4000 Apothekerinnen und Apotheker sowie PTA haben am vergangenen Wochenende (vom 16. bis 18. März) über 20 Vorträge, fast ebenso viele Seminare und vier Foren besucht – sich fortgebildet, sich informiert und mitdiskutiert. Die Interpharm, mittlerweile die größte und einzige überregional ausgerichtete Fortbildungs- und Kongressveranstaltung für Apothekerinnen, Apotheker und PTA in Deutschland, brachte auch in diesem Jahr topaktuelle und praxisnahe Fortbildung, die den Wissensstand auf dem Laufenden hält.
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