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Deutsche Rheuma-Liga: Manifest: "Menschen mit Rheuma"
Rheuma ist heute eine der häufigsten chronischen Schmerzkrankheiten und Behinderungen. Europaweit sind ca. 103 Millionen Menschen von rheumatischen Erkrankungen betroffen - die größte Bevölkerungsgruppe mit einer langzeitlichen Erkrankung. Allein in Deutschland gibt es ca. 4 Millionen Menschen mit schweren rheumatischen Erkrankungen. 40 % aller Menschen, die an rheumatoider Arthritis erkranken, müssen krankheitsbedingt bereits nach fünf Jahren ihren Beruf aufgeben. Ihre Lebenserwartung liegt bis zu 12 Jahren unter dem Durchschnitt (nicht zuletzt wegen der Arzneimittelnebenwirkungen). Rheuma ist nicht heilbar, eine lebenslange Behandlung und Unterstützung ist nötig (Medikamente, Krankengymnastik, Funktionstraining). In der Bevölkerung muss daher, so die Rheuma-Liga, noch stärker die Sensibilität dafür geweckt werden, dass nicht nur alte Menschen Rheuma bekommen können und dass die Solidarität der Versicherten auch Rheumakranken zugute kommt.
Kaum noch Rheumatologen
Im letzten Jahrzehnt sind erhebliche Fortschritte im Bereich der Therapie und Diagnostik rheumatischer Erkrankungen erzielt worden, nicht zuletzt auch durch die Förderung durch Bundesministerien. Trotz der großen Fortschritte in der Forschung und z. T. auch in der Betreuung sind nach Ansicht der Rheuma-Liga wachsende Defizite in der ärztlichen Versorgung zu beklagen. Bedingt durch den Verfall der Punkte bei der Abrechnung können sich niedergelassene Ärzte eine Spezialisierung als Rheumatologen nicht mehr leisten (z. B. 69.- DM Umsatz/Quartal für einen Rheumapatienten in Berlin), so dass sie sich eher für die Funktion des Hausarztes entscheiden und nicht mehr als Rheumatologen erkennbar sind. Patienten berichteten immer wieder, dass sie um jede Verschreibung kämpfen müssten - schließlich sei Rheuma eine chronische Erkrankung.
Weitere Probleme werde die Einführung der DRG -Fallpauschalen (DRG = Diagnosis Related Groups) in den Krankenhäusern mit sich bringen. Die Rheumatologie habe sich als ein wissenschaftlich renommiertes Fachgebiet etablieren können, trotzdem gebe es nur sieben Lehrstühle, was bedeute, dass die meisten Studenten auch auf diesem Gebiet nur unzureichend ausgebildet werden könnten. Im Mai 1999 traf sich eine Gruppe von Vertretern mehrerer Selbsthilfeorganisationen, um Strategien einer Zusammenarbeit zu entwickeln. Ziel soll es sein, die Lebensqualität von Rheumatikern in Europa zu verbessern.
Mit Manifest Aufmerksamkeit erzeugen
Mit dem europäischen Manifest stellen erstmals chronisch kranke Rheumatiker aus ganz Europa mit einer gemeinsamen Stimme ihre Forderungen an das Engagement der europäischen Politiker, Dienstleister und Forscher. Die zehn Forderungen umfassen die Information über Rheuma, die Emanzipation von Menschen mit Rheuma, ihre Einbindung in Entscheidungsprozesse, Anerkennung von Betroffenenorganisationen, verbesserte Gesundheits- und Sozialleistungen, mehr Aufmerksamkeit bei Ärzten und Hilfsberufen, Beteiligung an der Festlegung von Forschungsprioriäten, Nutzung ihres Wissens bei der Erforschung der sozialen Folgen, strengere Gesetze für Chancengleichheit und Barrierefreiheit sowie freien Zugang zu Schule und Berufsausbildung.
Das Manifest wurde erstmals auf dem Kongress der European League Against Rheumatism 2000 in Nizza vorgestellt. Inzwischen ist es in vielen europäischen Ländern durch die Patientenorganisationen ratifiziert worden, es wird auf medizinischen Fachkongressen vorgestellt und soll mit der Überreichung an die Gesundheitsstaatssekretärin Schaich-Walch auch in Deutschland umgesetzt werden. Botschafter der Rheuma-Liga werden das Manifest an Entscheidungsträger in Politik und Gesellschaft übergeben, die bereit sind, sich für die Umsetzung der Forderungen in Deutschland einzusetzen.
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