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Berichte
Reproduktionsmedizin: Unerfüllter Kinderwunsch und seine Behandlung
Bei den Ursachen der Unfruchtbarkeit stehen Ovulationsstörungen (21%), verminderte Tubendurchgängigkeit (14%) und eine schlechte Samenqualität (24%) im Vordergrund. Gerade die Ovulationsstörungen sind einer medikamentösen Behandlung häufig zugänglich. Das Gonadoliberin und die Gonadotropine FSH und LH steuern die Follikelreifung in den Eierstöcken und die Ovulation. Zusammen mit den von den reifenden Follikeln und dem Gelbkörper produzierten Hormonen Estradiol und Progesteron werden der Zyklus und der Auf- und Abbau der Gebärmutterschleimhaut geregelt. Störungen dieses Regelkreises können auf mehreren Ebenen der hormonellen Regelungsachse entstehen.
Ovarialinsuffizienz
Bei der hypogonadotropen Ovarialinsuffizienz werden zu wenig Gonadotropine bebildet, und der Zyklus bleibt aus. Seltener ist diese Insuffizienz hypophysär bedingt, meistens kommt es im Hypothalamus zu einer mangelhaften Freisetzung von Gonadoliberin (GnRH). Anorexia nervosa, körperliche und seelische Belastungen (z.B. "Lageramenorrhö" bei internierten Frauen) können so zu einer Ovulationsstörung führen. Eine pulsatile Substitution des GnRH kann die Störung beheben.
Die hypergonadotrope Ovarialinsuffizienz ist durch ein Zuviel an Gonadotropinen gekennzeichnet. Hier liegt die Schädigung in den Ovarien, und wegen des Mangels an negativ-rückkoppelndem Estradiol und Progesteron werden vom Hypophysenvorderlappen vermehrt Gonadotropine freigesetzt. Die hormonelle Situation entspricht der Postmenopause und ist einer medikamentösen Ovulationsförderung nicht zugänglich.
Gelbkörper-Insuffizienz
Die Corpus luteum (Gelbkörper)-Insuffizienz ist gekennzeichnet durch
- eine verminderte Bildung von Progesteron mit unzureichender sekretorischer Umwandlung der Gebärmutterschleimhaut in der zweiten Zyklushälfte,
- eine Verkürzung der Sekretionsphase und
- einen verminderten Anstieg der Basaltemperatur.
Die Ursache kann in einer Störung der Follikelreifung in der ersten Zyklushälfte liegen. Der oral verfügbare Östrogenrezeptorantagonist Clomifen kann, in der ersten Zyklushälfte angewandt, die hormonelle Rückkopplung unterbrechen und eine vermehrte Gonadotropin-Ausschüttung induzieren, sodass die Follikelreifung und konsekutiv die Gelbkörperfunktion verbessert werden.
Polyzystisches Ovarialsyndrom
Drei bis fünf Prozent aller Frauen leiden an dem polyzystischen Ovarialsyndrom mit den charakteristischen Symptomen Hirsutismus, Amenorrhö und Adipositas, die Folgen einer komplexen hormonellen Störung sind. Die Theka- und Granulosazellen reifender Follikel sind für die Bildung von Estradiol zuständig. Dabei werden in den Theka-Zellen die androgenen Vorstufen gebildet, die unter dem Einfluss von FSH in den Granulosazellen in Estron und Estradiol metabolisiert werden. Der letzte Schritt ist beim polyzystischen Ovarialsyndrom gestört, die freigesetzten androgenen Vorstufen erzeugen erhöhte Androgen-Spiegel im Körper der Frau. Die Androgene können dann im Fettgewebe zu Östrogenen umgesetzt werden, die über eine negative Rückkopplung die FSH-Freisetzung aus der Hypophyse hemmen. Der FSH-Mangel zieht eine Follikelreifungs- und Ovulationsstörung nach sich. Auch hier kann Clomifen eingesetzt werden, um die FSH-Freisetzung und Ovulation zu fördern.
Eine weitere Ursache für die Unfruchtbarkeit kann eine (außerhalb der Stillzeit) auftretende Hyperprolaktinämie sein. Prolaktin hemmt die Freisetzung von Gonadoliberin, und die hormonelle Stimulation der Ovarien wird gebremst. D2-Agonisten, von denen Bromocriptin als Leitsubstanz angesehen werden kann, hemmen die Prolaktinfreisetzung.
Unfruchtbarkeit des Mannes
Seitens des Mannes wird mit einem Spermiogramm die Fruchtbarkeit überprüft. Menge und Beweglichkeit der Spermien geben Auskunft über die Zeugungsfähigkeit. Die Samenqualität kann graduell vermindert sein, während eine Ovulation bei der Frau nach dem Alles-oder-Nichts-Prinzip entweder auftritt oder nicht. Störungen der männlichen Fertilität können meist nicht hormonell oder medikamentös beeinflusst werden.
In-vitro-Fertilisation
Mit der In-vitro-Fertilisation ist es beispielsweise möglich, eine verminderte Tubendurchgängigkeit zu umgehen. Unter dem Einfluss des HMG und HCG wird eine verstärkte Follikelreifung herbeigeführt. (GnRH-Superagonisten oder -Antagonisten (Cetrorelix) verhindern hier ein "Dazwischenfunken" des körpereigenen LH). Die reifen Ovula werden durch Punktion der sprungreifen Follikel gewonnen. Mittels intrazytoplasmatischer Spermieninjektion (ICSI) ist es sogar möglich, nachfolgend ein einzelnes Ei mit einem einzelnen Spermium zu verschmelzen. Diese Methode illustriert nach Ansicht Mohrs eindrucksvoll die methodischen Möglichkeiten, die der Reproduktionsmedizin heute zur Verfügung stehen.
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