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SPD will Apothekengesetz zu Lasten der Apotheken ändern
Nach interner Abstimmung mit dem Haus von Ministerin Ulla Schmidt (SPD) solle darüber mit dem grünen Koalitionspartner und anschließend mit den SPD-geführten Bundesländern diskutiert werden, hieß es. Es ist nicht auszuschließen, dass die Sozialdemokraten versuchen, diese weitgehende, für die öffentlichen Apotheken brisante Änderung noch in dieser Legislaturperiode durchzubekommen.
Machtverschiebung
In dem Papier, das der Deutschen Apotheker Zeitung vorliegt, soll den Krankenhausapotheken mehr Macht eingeräumt werden. Die SPD-Arbeitsgruppe Gesundheit nimmt den Vorstoß des Bundesrats zu erweiterten Befugnissen von Klinikeinrichtungen als Basis, geht aber noch deutlich darüber hinaus. Die Länderkammer hatte in dieser Legislaturperiode erneut eine Novelle zur Änderung des ApoG eingebracht, die identisch war mit einer, die zwar im Bundestag vorlag, bis 1998 aber nicht verabschiedet worden war. Die Länder wollen damit den Krankenhausapotheken Kompetenzen zu Lasten der Offizinen verschaffen und beispielsweise unter relativ leichten Bedingungen den Klinikeinrichtungen die Arzneiversorgung der Bewohner in Pflegeheimen zuschustern. Die Krankenhausapotheken haben mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) einen mächtigen Verbündeten an ihrer Seite. Das wurde beispielsweise auf einer Anhörung am 6. Dezember 2000 im Reichstag in Berlin dazu deutlich (ausführlich DAZ Nr. 50 vom 14. 12. 2000).
Nicht nur Zytostatika
Im SPD-internen Papier werden Regelungen für Zubereitungen gefordert, deren Herstellung besondere personelle oder apparative Ausstattungen erfordern. Ein Arzt solle die speziellen Rezepte einer "qualifizierten" Apotheke zuleiten. Das Arzneimittelgesetz (AMG) solle so geändert werden, dass der Transport solcher Zubereitungen nicht gegen das geltende Versendeverbot verstoße.
In diesem Zusammenhang sollten Krankenhausapotheken ermächtigt werden, Spezialrezepturen an ambulant tätige Ärzte abzugeben. In der Begründung dazu wird auf das "besonders hohe Qualifikationspotenzial" der Klinikeinrichtungen verwiesen, darüber hinaus auf die damit verbundenen "massiven Einsparungen". Als Beispiele werden individuell zubereitete antibiotika- und virustatikahaltige Infusionen, parenterale Ernährungslösungen oder Infusionslösungen bei der Dialyse-Therapie genannt.
Im Gesetzentwurf des Bundesrats war in diesem Zusammenhang nur von anwendungsfertigen Zytostatika die Rede. Krankenhausapotheken sollten die Spezialrezepturen an Offizinapotheken abgeben dürfen, heißt es jetzt in der Vorlage der SPD-Arbeitsgruppe weiter. In der Begründung dazu wird ausgeführt, contra legem fände dies sowieso statt und gehöre legalisiert.
Was Klinikapotheken dürfen
In einem wichtigen Punkt hat die AG Gesundheit einen Vorschlag der Deutschen Krankenhausgesellschaft eins zu eins übernommen. Die DKG hatte moniert, das Arzneimittelgesetz (AMG) umfasse noch nicht die Arzneimittelversorgung bei stationsersetzenden Leistungen, wie sie durch die Gesundheitsreform 2000 im Gesetz verankert wurden. Die Vertretung der Kliniken hatte in diesem Zusammenhang vehement auf die Anpassung des ApoG gedrängt.
Die aktualisierte Fassung des Paragraphen 14 Absatz 4 Satz 2 ApoG könnte demnach so aussehen: "Arzneimittel dürfen von der Krankenhausapotheke nur an die einzelnen Stationen und andere Teileinheiten zur Versorgung von Personen, die in dem Krankenhaus vollstationär, teilstationär, vor- oder nachstationär (§ 115a Sozialgesetzbuch V, SGB V) behandelt, ambulant operiert oder im Rahmen sonstiger stationsersetzender Eingriffe (§ 115b SGB V) versorgt werden, sowie an Personen abgegeben werden, die im Krankenhaus beschäftigt sind."
Heimversorgung
Bestandteil der Bundesratsvorlage sind darüber hinaus schriftliche Versorgungsverträge mit nahegelegenen Heimen, um dort die Arzneimittelsicherheit zu erhöhen. Die SPD-Gesundheitsexperten schlagen als weitergehende Regelung zum Beispiel den Abschluss von Versorgungsverträgen mit mehreren Apotheken vor, nach dem Motto "Konkurrenz sorgt für Qualität". Brisant ist der Vorstoß, hierbei das Auseinzeln zu gestatten. Durch das Auseinzeln der individuellen Dosis für Patienten aus preisgüns-tigen Großpackungen ergäben sich Einsparungen. Obwohl es sich in diesem Stadium noch um eine fraktionsinterne Diskussion handelt, hat bereits dieser Punkt gewisse Außenwirkungen erzielt. Findige Unternehmensberater rieten schon zu Taten, obwohl dies noch gar nicht Teil des Gesetzentwurfs, geschweige denn gültige Rechtslage ist (siehe AZ Nr. 15 vom 9. 4. 2001 und DAZ Nr. 12 vom 22. 3. 2001).
Für aut idem
Die Arbeitsgruppe Gesundheit macht sich darüber hinaus für Aut-idem-Ermächtigungen für Apotheker bei der Versorgung von Heimbewohnern stark, um weitere Einsparungen zu erzielen.
Kommen Preisverhandlungen?
Bedeutete der Entwurf des Bundesrates bereits einen großen Vorstoß der Krankenhausapotheken in den ambulanten Bereich, so geht das jetzt vorliegende interne Arbeitspapier der Bundes-SPD noch weit darüber hinaus. Die Bundesländer hatten für Klinikeinrichtungen bekanntlich die Arzneiabgabe im ambulanten Bereich in bestimmten Bereichen vorgesehen, nämlich in den Räumen des Krankenhauses zur unmittelbaren Anwendung bei ambulanter Behandlung durch Krankenhausärzte, an Polikliniken, an psychiatrische Institutsambulanzen oder sozialpädiatrische Zentren.
Die AG Gesundheit stellt hierzu fest, die Arzneimittelpreisverordnung sei nicht anwendbar. Aus diesem Grund sollte die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen die Preise für die an ambulante Patienten im Krankenhaus abgegebenen Präparate aushandeln.
Mitgabe vergüten
Die Bundesländer hatten zudem angeregt, bei der Entlassung Patienten vor Wochenenden oder Feiertagen zur Überbrückung Medikamente aus den Beständen der Krankenhausapotheke mitzugeben. Hier verlangen die Sozialdemokraten die Klarstellung, dass es sich um Leistungen handele, die gesondert abzurechnen seien.
Integrierte Versorgung
Die AG Gesundheit will die Krankenhausapotheken auf jeden Fall an der von Rot-Grün gewollten integrierten Versorgung beteiligen. Öffentliche Apotheken und Klinikeinrichtungen müssten gleichberechtigt eingebunden werden, so die Forderung. Die integrierte Versorgung kam mit der Gesundheitsreform 2000 ins Sozialgesetzbuch V.
Impfstoffe
Impfstoffe werden wieder aus der Apothekenpflicht herausgenommen, lautet ein weiterer Vorschlag. Impfstoffe könnte der Großhandel stattdessen unmittelbar an den anwendenden Arzt abgeben. Als Grund wird die "deutliche Verteuerung" angeführt, die seit der Wiederaufnahme in die Apothekenpflicht eingetreten sei.
Beratung über Preise
Weitreichend ist auch der Vorschlag, dass Leiter von Krankenhausapotheken oder von ihnen beauftragte Pharmazeuten die Ärzte der Klinik über wirtschaftliche Arzneimitteltherapie informieren sollen. Das soll jedoch nicht bei der stationären Versorgung bleiben, sondern auf die ambulante ausgedehnt werden. Darüber hinaus wird vorgeschlagen, dass Kliniker bei der Entlassung ihren Patienten alternative Pharmakotherapievorschläge mitgeben. So sollen Marketingstrategien von pharmazeutischen Unternehmen durchkreuzt werden, teure Arzneimittel, die der Klinik fast geschenkt werden, über den Arztbrief bei Krankenhausentlassung in die ambulante Versorgung einzuschleusen, heißt es.
Ein Teil der SPD-Bundestagsfraktion in Berlin will die Krankenhausapotheken massiv fördern und verlangt ungeniert die Teilöffnung für den ambulanten Sektor – zu Lasten der öffentlichen Apotheken. Ihre Arbeitsgruppe Gesundheit hat dem Bundesgesundheitsministerium in Bonn weitreichende Vorschläge zur Änderung des Apothekengesetzes (ApoG) vorgelegt, welche die Befugnis von Klinikapotheken im ambulanten Bereich erheblich ausweiten würden. Auch die Rückführung von Impfstoffen in die Apothekenpflicht soll wieder gestrichen werden.
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