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Apotheker zwischen Bangen und Hoffen: Gesundheitspolitische Ziele der SPD

KIEL (tmb). Entwarnung bei der Heimversorgung, Hoffnung auf generische Substitution, Abwarten bei der Positivliste, aber neue Sorgen um denkbare Internet-Apotheken im Inland und eine große Gesundheitsreform als potenzielles Wahlkampfthema für 2002: das sind aus Sicht der öffentlichen Apotheken die wesentlichen Konsequenzen aus den Plänen der SPD-Bundestagsfraktion für das Gesundheitswesen. Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Regina Schmidt-Zadel, MdB, erläuterte am 4. Mai in Kiel die Pläne der SPD für die Gesundheitspolitik.

Anlass war die Jubiläumsveranstaltung zum 25-jährigen Bestehen der Informationsstelle der Heilberufe (IdH) in Schleswig-Holstein. Angesichts der Bundestagswahl 2002 sind für diese Legislaturperiode nur noch Maßnahmen zur "Reparatur" zu erwarten, aber keine grundlegende Reform des Gesundheitswesens. Doch auch die vorgestellten "Reparatur"-Pläne enthalten einige brisante Aspekte für die Arzneimittelversorgung.

Entwarnung bei Altenheimen

So soll das Apothekengesetz geändert werden, um die Arzneimittelversorgung in Altenheimen zu regeln. Diese Aufgabe solle weiterhin von den öffentlichen Apotheken übernommen werden. Entgegen den Forderungen einiger Bundesländer und der Kritik von Krankenhausapotheken werde es keine Änderung zugunsten der Krankenhausapotheken geben. Außerdem werde angestrebt, dass in Krankenhäusern Arzneimittel künftig generisch verordnet werden. Dies soll die Weiterverordnung nach der Entlassung der Patienten erleichtern.

Weitere kurzfristige Pläne sind die schon bekannten Änderungen des Risikostrukturausgleiches mit Morbiditätsbezug und einem Risikopool für besonders kos-tenintensive Erkrankungen. Hinzu kommen die sechswöchige Frist für Kündigungen von Krankenversicherungen durch die Versicherten und ein Mindestbeitragssatz von 12,5%. "In allernächster Zeit" werde es zudem ein Datentransparenzgesetz geben, damit die Diagnosen bei den Krankenkassen zu Steuerungszwecken vorliegen. Außerdem werde die externe Qualitätssicherung in der Pflege eingeführt.

Verzögerung bei der Positivliste

Die Positivliste sei beinahe ein "Markenzeichen" der SPD, doch werde ihre Einführung wegen der praktischen Schwierigkeiten wohl "verschoben, aber nicht ausgesetzt". Denn zunächst habe die Neuordnung der Festbeträge zeitlichen Vorrang. Schmidt-Zadel räumte allerdings ein, dass eine Positivliste keine Einsparungen bringen werde. Diesen "Kinderglauben" habe sie nie gehabt, doch erwarte sie qualitative Vorteile.

Arzneimittelbudgets sind für Schmidt-Zadel "nicht die intelligenteste Lösung", doch habe ihr bisher niemand eine funktionierende Alternative geboten. Denn es gebe noch immer strukturelle Überkapazitäten, insbesondere zu viele Krankenhausbetten und zu viele Ärzte. Den objektiven Bedarf an Gesundheitsleistungen kenne letztlich niemand. Andererseits dürfe über die diversen Regelungen nicht das vorrangige Ziel des Gesundheitswesens vergessen werden: die Versorgung der Patienten.

Versandapotheken im Inland

Im Rahmen der Diskussion sprach der neue Vorsitzende des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein Dr. Peter Froese auch den Arzneimittelversandhandel an. Nach Darstellung von Schmidt-Zadel werde in der SPD über Arzneimittelversandhandel diskutiert, aber nicht über den Versand aus dem Ausland. Angeblich zeige das Beispiel der Schweiz, dass sich hiermit viel Geld einsparen lasse. Dies solle aber nicht zu Lasten der Apotheken erfolgen, denn das System der bestehenden Apotheken müsse erhalten bleiben, um die persönliche Beratung vor Ort sicherzustellen. Angeblich fordere die Bevölkerung den Versandhandel, sodass die Politiker sich hier keine Untätigkeit vorwerfen lassen wollten. Die Politik könne sich der Entwicklung zu Internet-Apotheken nicht verschließen. Doch solle der Anstoß nicht aus der Politik, sondern von den Apothekern kommen. Der ABDA-Präsident habe derartige Vorschläge auch schon zugesagt.

Die naheliegende Frage, wie denn eine Versandapotheke im Geltungsbereich der Arzneimittelpreisverordnung zu Einsparungen für die Kostenträger führen könne und ob dies eine Abkehr von einheitlichen Arzneimittelpreisen bedeute, blieb jedoch offen. Auch im Rahmen der Diskussion wurde die Preisbildung für Arzneimittel nicht thematisiert. Doch signalisierte Schmidt-Zadel Verständnis für ein anderes Problem der Apothekerschaft. Bei der generischen Substitution bestehe Reformbedarf. Die Apotheker wollten substituieren, doch verweigerten sich die Ärzte einer solchen Vorgehensweise.

Konsens statt Konfrontation

Wie ein roter Faden zog sich durch alle Aussagen der Gesundheitspolitikerin ein klares Bekenntnis zur Diskussionsbereitschaft. Die SPD wolle die Reform des Gesundheitswesens mit den Akteuren, nicht gegen sie. Schmidt-Zadel sparte nicht mit Kritik gegenüber Ex-Gesundheitsministerin Fischer, bei der es keine Diskussion mit den Leis-tungserbringern mehr gegeben habe. Das Vertrauen der Akteure in die Politik sei dabei verlorengegangen und solle nun wiedergewonnen werden. Lähmende Konflikte sollten der Vergangenheit angehören. Hierzu verwies sie auch auf den "Runden Tisch", den Gesundheitsministerin Ulla Schmidt begründet hat und der am 7. Mai erstmals getagt hat. Da die Gesundheitspolitik eine klassische SPD-Domäne sei, freue sie sich über die Führung der Partei in diesem Ressort, die auch erhalten bleiben solle.

Reparatur oder Reform?

Im Rahmen der Diskussion mahnten verschiedene Vertreter der Ärzte- und Zahnärzteschaft immer wieder eine grundlegende Reform des Gesundheitswesens an. Die Reparatur des nicht mehr zukunftsfähigen Systems durch immer wieder neue "Verknotungen" reiche nicht aus. Auch "mehr Geld für das System" sei nur eine kurzfristige Lösung. Stattdessen seien Visionen für ein vollkommen neues System gefragt.

Hierzu verwies Schmidt-Zadel auf die zwingende Vorgabe des Bundeskanzlers, dass die Lohnnebenkosten nicht steigen dürften. Die Alternative fester Arbeitgeberbeiträge und floatender Arbeitnehmerbeiträge sei für die SPD keinesfalls akzeptabel. Auch die oft geforderte Trennung der Leistungen in Grund- und Wahlleistungen sei nicht hinzunehmen, zumal diese Begriffe durch die Diskussion inzwischen negativ belegt seien. Doch sei der Reformbedarf durchaus anzuerkennen. Daher diskutiere die SPD für ihr Wahlprogramm gesundheitspolitische Konzepte, die über eine Legislaturperiode hinausreichten. Diese würden sicher noch in diesem Jahr veröffentlicht und dann im Bundestagswahlkampf 2002 genutzt.

Ernst-Heinrich Wehle, zweiter Vorsitzender der IdH und Ehrenpräsident der Apothekerkammer Schleswig-Holstein, äußerte als Gastgeber der Veranstaltung die Hoffnung, dass die SPD nach der Rentenreform auch bei der Gesundheitspolitik ihren Wählern unbequeme Wahrheiten nicht ersparen werde. Denn die sozialpolitischen Bereiche könnten nicht unabhängig voneinander gesehen werden.

Medienpreis der IdH

Während der Jubiläumsveranstaltung wurde der "Medienpreis der Heilberufe 2000" für Schleswig-Holstein verliehen. Den Preis erhielt Dr. Michael Hollinde, Lübeck, für seine Rubrik LN-Sprechstunde in der Tageszeitung Lübecker Nachrichten (LN).

Carsten Kock, Chefkorrespondent von Radio Schleswig-Holstein, meinte in seiner Laudatio, dass Hollinde in seiner Rubrik die "Zeitung zu einer kleinen Arztpraxis umbaut". Er durchmische aktuelle Themen mit Hintergrundwissen und biete leserorientierte Detailverweise, ohne sich einer Seite anzubiedern.

Der Medienpreis wurde in diesem Jahr erstmals von der IdH vergeben. Satzungsgemäßes Ziel der Informationsstelle ist, durch Information der Öffentlichkeit ein freiheitliches Gesundheitswesen im Land aufrechtzuerhalten und weiterzuentwickeln, erläuterte ihr Vorstandsmitglied Hans-Peter Küchenmeister, Vizepräsident der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein. Dafür pflegt die Gesellschaft, die paritätisch von Ärzten, Zahnärzten und Apothekern gebildet wird, seit 25 Jahren enge Kontakte zu den Medien im Land und ist bei vielen Rundfunk- und Fernsehsendungen aktiv.

Entwarnung bei der Heimversorgung, Hoffnung auf generische Substitution, Abwarten bei der Positivliste, aber neue Sorgen um denkbare Internet-Apotheken im Inland und eine große Gesundheitsreform als potenzielles Wahlkampfthema für 2002: Das sind aus Sicht der öffentlichen Apotheken die wesentlichen Konsequenzen aus den Plänen der SPD-Bundestagsfraktion für das Gesundheitswesen.

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