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Arzneimittel und Therapie
Allergie- und Asthmatherapie: Anti-IgE-Antikörper hemmt allergische Reaktion
Omalizumab ist ein rekombinanter monoklonaler humanisierter Anti-IgE-Antikörper. Er bindet das für die Pathogenese der allergischen Reaktion entscheidende freie IgE und verhindert dadurch die Interaktion mit den Mastzellen. Omalizumab führt damit zur Immunmodulation in der Allergie- und Asthmatherapie.
Hemmung von IgE
Aufgrund der besonderen Bedeutung des IgE bei der Pathogenese der allergischen Reaktion lag es nahe, nach Möglichkeiten zu suchen, durch Hemmung des IgE die allergische Reaktion zu unterbinden. Durch molekularbiologische und strukturelle Untersuchungen konnte nach und nach die Konfiguration des IgE-Rezeptors geklärt werden. Das erweiterte Verständnis über IgE ermöglichte mit der Zeit die Entwicklung monoklonaler Antikörper, die in der Lage waren, freies IgE zu binden. Der erste Antikörper, der damals entstand, verhinderte bereits die IgE-Bindung an den Rezeptor, triggerte aber noch die Degranulation der Mastzellen durch direkte Quervernetzung zellständiger IgE-Moleküle. Erst in einem zweiten Schritt gelang es, Antikörper zu entwickeln, die keine Mastzelldegranulation mehr bewirkten. In präklinischen Studien wurde der Einsatz dieses anfänglich murinen Anti-IgE-Antikörpers erfolgreich getestet. In Studien mit Mäusen und später mit Affen konnte eine signifikante Senkung der IgE-Spiegel im Blut festgestellt werden. Außerdem wurde nach Anti-IgE-Gabe bei Mäusen eine Verminderung der Eosinophilen sowie bei Ratten und Primaten eine Hemmung der allergeninduzierten Bronchokonstriktion nachgewiesen.
Einsatz beim Menschen
Aufgrund der ermutigenden Ergebnisse im Tiermodell schien der Weg für den Einsatz beim Menschen bereitet. Vor dem klinischen Einsatz galt es jedoch, zwei grundsätzliche Fragen zu klären. Zum einen war zu befürchten, dass es beim Einsatz der murinen Antikörper im Menschen zur Bildung von Anti-Maus-Antikörpern kommen würde, die eine unerwünschte immunologische Reaktion zur Folge haben könnten. Zum andern spielt IgE möglicherweise auch eine Rolle bei der Abwehr parasitärer Infektionen. So wurde befürchtet, dass eine Unterdrückung der IgE-Antikörper theoretisch mit einer erhöhten Infektionsgefahr durch z. B. Schistosoma manisoni führen könnte. Überraschenderweise zeigten jedoch Untersuchungen an mit Parasiten infizierten Mäusen, dass die Gabe von Anti-IgE die Immunabwehr gegen Parasiten in keiner Weise abschwächt, sondern sogar verbessert. Einer möglichen Immunabwehr gegen murine Antikörper begegnete man mit der Entwicklung von Anti-IgE-Antikörpern, die zum größten Teil aus humanem Immunglobulin bestehen und nur noch einen kleinen murinen Anteil besitzen. Zunächst wurden chimärisierte und humanisierte Antikörper ausgewählt, bei denen der nicht-humane Anteil noch relativ hoch war. Für die weitere Entwicklung entschied man sich dann für den Antikörper rhuMAb-E25 (Omalizumab), bei dem der murine Anteil weniger als 5% des Gesamtmoleküls beträgt. Der humane Anteil, der mehr als 95% ausmacht, basiert auf einem regulären humanen IgG1-Antikörper. rhuMAb-E25, mit dem alle weiteren klinischen Studien durchgeführt worden sind, wurde gut vertragen. Es kam zu keinerlei Antikörperbildung gegen rhuMAb-E25. Nach Gabe von rhuMAb-E25 bilden sich kleine Immunkomplexe, die hauptsächlich in Form von Hexameren vorliegen und maximal eine Größe von 1000 kDa annehmen. Sie werden über Leber und Milz abgebaut und renal ausgeschieden. Sowohl in den präklinischen als auch in den späteren klinischen Studien wurden keine relevanten Nebenwirkungen beobachtet. Sie lagen in ihrer Häufigkeit durchweg auf Plazeboniveau.
Studien mit Omalizumab zum allergischen Asthma
Omalizumab wurde bisher in drei Phase-III-Asthmastudien erfolgreich auf seine Wirksamkeit und Verträglichkeit geprüft. Mehr als 330 Kinder sowie 1000 Erwachsene wurden darin einbezogen. Die Patienten waren gegen mindestens ein perenniales Allergen sensibilisiert und benötigten inhalative Corticoide zur Kontrolle der asthmatischen Beschwerden. Alle Patienten wurden zunächst auf das gleiche inhalative Corticoid eingestellt. Danach erhielten sie zusätzlich zur Corticoidtherapie über 16 Wochen entweder Omalizumab oder Plazebo. In der darauffolgenden Steroidreduktionsphase wurde über zwölf Wochen versucht, die Steroid-Dosis alle zwei Wochen um 25% zu reduzieren, wenn dies der Zustand der Patienten zuließ. Dabei wurden die Zahl der Asthmaexazerbationen, die Lungenfunktionswerte, der Bedarf an inhalativen Corticoidsteroiden sowie an kurzwirksamen Beta2-Mimetika untersucht. Außerdem wurde eine Befragung zur Lebensqualität durchgeführt.
Inhalative Corticoide wurden reduziert
Dabei war die Reduktion inhalativer Corticoide in der Omalizumab-Gruppe in allen Studien im Vergleich zu Plazebo signifikant höher. Sie lag in der Verumgruppe bei 75% (Plazebo 50%) bzw. 83% (Plazebo 50%). In der Kinder-Studie konnte sogar eine Reduktion von 100% festgestellt werden. Im Vergleich dazu lag die Reduktion in der Plazebogruppe bei 71%. Trotz der Cortisonreduktion gelang es in der Gruppe, die mit E25 behandelt wurde, auch die Asthma-Exazerbationen, die Symptome der Patienten sowie den Verbrauch an kurzwirksamen Beta2-Mimetika zu reduzieren. Die Lebensqualität in Bezug auf die Asthmasymptomatik verbesserte sich ebenfalls signifikant bei den mit E25 behandelten Patienten. Auch die Fehltage in Schule oder Beruf aufgrund der Asthmaerkrankung reduzierten sich in der Omalizumab-Gruppe signifikant im Vergleich zu Plazebo. Omalizumab wurde von den Patienten durchweg gut vertragen. Die Nebenwirkungsrate lag auf Plazeboniveau.
Einsatz von Omalizumab bei allergischer Rhinitis
Parallel zu den Asthma-Studien wurde der Einsatz von Omalizumab bei Patienten mit saisonaler allergischer Rhinitis untersucht. Eine plazebokontrollierte Phase-III-Studie mit 251 erwachsenen Birkenpollenallergikern wurde zwischen März und Juli 1998 in 14 Zentren in Schweden, Finnland und Norwegen duchgeführt. Die Patienten erhielten je nach IgE-Level entweder 300 mg (2T1,2 ml) Omalizumab bzw. Plazebo entweder ein- oder zweimal im Monat. Die Patienten mussten während der Behandlung ein Tagebuch über ihre Rhinitissymptome und den Verbrauch an Medikamenten führen. Um das freie IgE frühzeitig vor Allergenkontakt zu blockieren, wurde die Behandlung vor dem vermuteten Start der Pollensaison begonnen. Da aber die Pollensaison 1998 früher als angenommen begann, sind einige Effekte von Omalizumab wahrscheinlich weniger ausgeprägt als erwartet. Trotzdem lässt sich insgesamt eine positive Bilanz ziehen. So hatten die Patienten in der Omalizumab-Gruppe in dieser Pollensaison sehr viel weniger unter den üblichen Rhinitissymptomen wie Niesanfällen, tränenden Augen, verstopfter Nase zu leiden, während sich die Symptome in der Plazebogruppe deutlich verschlechterten. Betrachtet man gleichzeitig den Verbrauch an Antihistaminika, so wird die Wirksamkeit von Omalizumab noch deutlicher, denn in der Verumgruppe wurden nur etwa halb so viel Antihistaminika benötigt wie in der Kontrollgruppe. In Bezug auf ihre Lebensqualität gaben knapp 60% der Patienten in der Omalizumab-Gruppe an, dass sich ihr Zustand gebessert habe, gegenüber 39% in der Plazebogruppe. Dabei gaben 21% in der Verumgruppe an, überhaupt keine Symptome mehr zu haben. In der Plazebogruppe waren dies nur 2%.
Kastentext: Erforschung der allergischen Reaktion - die Bedeutung des IgE
Bereits 1967 wurde das Immunglobulin E (IgE) als wesentlicher Trigger der allergischen Reaktion identifiziert. Der Kontakt mit Allergenen regt in den B-Lymphozyten, vermittelt über die Zytokine IL-4 und IL-13, die Produktion des Immunglobulins E an. Die IgE-Immunglobuline verfügen über spezifische Rezeptoren, mit denen sie an die Mastzellen sowie andere Entzündungszellen binden. Bei erneutem Allergenkontakt führt die Vernetzung von zwei beieinanderliegenden IgE-Molekülen durch das Allergen (Bridging) dann zur Ausschüttung einer Vielzahl von Entzündungsmediatoren. Neben Histamin als bekanntestem Entzündungsstoff werden darüber hinaus Tryptasen, Tumornekrosefaktor a und Zytokine freigesetzt, welche die allergische Früh- und Spätreaktion auslösen.
Mit dem Antikörper rhuMAb-E25 kann in die Pathogenese der allergischen Reaktion frühzeitig und spezifisch eingegriffen werden. Die Allergiesymptome lassen sich signifikant reduzieren, der Verbrauch an Steroiden und Bedarfsmedikamenten geht deutlich zurück. Zudem verbessert sich die Lebensqualität der Patienten entscheidend. RhuMAb-E25 hat den Wirkstoffnamen Omalizumab erhalten und wird unter dem Markennamen Xolair in den Handel kommen. In Deutschland wird die Zulassung für Herbst 2001 erwartet.
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