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Die Seite 3
Wie lange wird die niederländische Internetapotheke 0800DocMorris noch durchhalten? Wie wir in unserer letzten Montagsausgabe berichteten, liegen mittlerweile wieder zwei Entscheidungen vor - vom Berliner Kammergericht und vom Oberlandeslandesgericht Frankfurt/Main -, wonach es DocMorris untersagt ist, übers Internet Werbung für sein Arzneimittelangebot zu machen und diese Arzneimittel auf dem Weg des Versandhandels an Endverbraucher in Deutschland abzugeben. Solche oder ähnliche Urteile gab es bereits. Mittlerweile mussten die Gerichte seit dem Start von DocMorris in acht Verfahren über die Zulässigkeit des Arzneiversands entscheiden, insgesamt sechs Mal ging es zu Ungunsten der Internetapotheke aus. Aber DocMorris ließ sich davon nicht abschrecken und machte munter weiter. Mit verbalen Formulierungskünsten und logistischen Umdeutungen und Tricks verschickte (pardon, ließ im Auftrag des Patienten abholen) die niederländische Apotheke die hochpreisigen Rosinen aus dem Arzneimittelschatz nach Deutschland. Krankenkassen und Ärzte machte DocMorris immer wieder auf die günstigen Lockvogelangebote aufmerksam und suggerierte, man könne damit die Arzneimittelkosten in den Griff bekommen oder das Budget einhalten.
Auch durch die beiden jüngsten Gerichtsentscheidungen zeigen sich die DocMorris-Betreiber wenig beeindruckt. Auf der Homepage von 0800docmorris.com stellen sie die Pressemeldungen über die Entscheidung des OLG Frankfurt, wonach das Versandverbot bestätigt worden sei, als falsch hin. Nach Interpretation von DocMorris sei es vielmehr richtig, so ist auf der Homepage zu lesen, dass der Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln aus der niederländischen Apotheke auch in Deutschland erlaubt sei, lediglich die Internetwerbung für Arzneimittel und der daraus folgende Versandhandel sei verboten. Man wolle, so heißt es weiter, entsprechende Veränderungen bei der Service-Rufnummer und auf der Homepage vornehmen, damit "diese zeitgemäße Kommunikation übers Internet und Telefon auch in den Augen deutscher Richter keine Werbung mehr darstellt". Auf der Homepage zitiert DocMorris denn auch die entsprechenden Passagen aus dem OLG-Beschluss. Danach bleibe es DocMorris untersagt, a) apothekenpflichtige Arzneimittel über das Internet mittels eines aufgrund deutscher Sprache, einer deutschen Servicenummer und/oder auf deutsche Abnehmer ausgerichteten Werbe- und Erläuterungstexte auf deutsche Endverbraucher ausgerichteten Internetangebots in der Bundesrepublik Deutschland feilzubieten; b) apothekenpflichtige Arzneimittel in der Bundesrepublik Deutschland im Wege des Versandhandels in den Verkehr zu bringen, insbesondere im Wege des Versandhandels an Endverbraucher in der Bundesrepublik Deutschland abzugeben, solange diese Arzneimittel gemäß Buchstabe a) feilgeboten werden."
Daraus könnten man entnehmen, dass die Richter den prinzipiellen Versandhandel über eine niederländische Apotheke auch an deutsche Kunden als legal ansehen. Wird jedoch für den Versand übers Internet geworben, greift das deutsche Versandhandelsverbot, das dem Verbraucherschutz gelte. Solche interpretationsbedürftigen Entscheidungen, die selbst Juristen zu unterschiedlichen Statements hinreißen können, werden vorerst wohl nicht für das endgültige Aus von DocMorris sorgen.
Die Achterbahnfahrt der Entscheidungen wird auch deswegen weitergehen, weil DocMorris bereits den Gang zur EU-Kommission nach Brüssel angekündigt hat, um dort Beschwerde wegen Verstoßes gegen den freien Warenverkehr einzulegen. Der Marketingleiter von DocMorris, Jens Apermann, wird denn auch in den Medien mit seinen kecken Worten zitiert: "Deutsche Gerichte brauchen offensichtlich Unterstützung aus dem Ausland."
Wird die Auseinandersetzung um Arzneimittel und Werbung, Versand und Internet letztendlich doch nicht ohne EU-Unterstützung zu lösen sein? Vielleicht hilft es zunächst, wenn sich der Streit ein wenig in die Länge zieht. Denn schon gibt es Gerüchte, dass DocMorris mit seinem Versandhandel rote Zahlen schreiben soll. Die Nachfrage dürfte nicht allzu groß sein, die Rentabilität des Päckchen-Packens und des Versendens oder Abholen-Lassens dürfte sich in Grenzen halten. Und wenn DocMorris das Geld ausgeht, wird dies auch auf andere potenzielle Internetapotheken nicht sonderlich stimulierend wirken. Der Patient in Deutschland schätzt einfach die Bequemlichkeit und den Service seiner rund 22000 Apotheken - eine davon ist garantiert in seiner Nähe.
Peter Ditzel
Wie in der Achterbahn
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