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UV-Filter: Schadet die Sonne oder schadet der Sonnenschutz?

(hel). Bisher galt: je mehr Sonnencreme, desto besser - schließlich schützen Lichtschutzfilter vor der gefährlichen ultravioletten Strahlung. Nun gibt es aber auch Stimmen, die vor den bisher viel gelobten Sonnenschutzmitteln warnen. In der Juni-Ausgabe von "natur & kosmos" werden Sonnencremes unterschiedlicher Hersteller unter die Lupe genommen und die UV-Filter wegen möglicher östrogenartiger Wirkungen angegriffen. Wir berichteten über dieses Thema bereits in DAZ 17/01, S. 8.

Sechzig Prozent der im Handel befindlichen Sonnencremes und zahlreiche andere Produkte mit chemischen UV-Filtern sind in Verdacht geraten, wie das weibliche Hormon Östrogen zu wirken. Sie alle enthalten entweder die chemische Substanz 4-MBC (4-Methylbenzylidencampher), OMC (Octyl-Methoxycinnamat) oder Bp-3 (Benzophenon-3). Lichtschutzfilter wie 4-MBC und Bp-3 sind bereits in Seen und Gewässern und in der Muttermilch nachgewiesen worden. Man geht heute davon aus, dass sich die lipophilen Verbindungen nach der Resorption über die Haut im Fettgewebe anreichern und so vom Körper aufgenommen werden.

Auch in anderen Hautcremes und in Lippenstiften

Viele der in Deutschland auf dem Markt befindlichen Präparate enthalten einen der drei Sonnenfilter. Dazu gehören z. B. Sonnencremes der Firmen Jil Sander, Beiersdorf (Nivea), Johnson & Johnson (Penaten), Weleda (Sonnenschutzcreme), Louis Widmer und Lancaster. Die umstrittenen Substanzen finden sich aber nicht nur in Sonnencremes, sondern sind auch in Babysalben, Haarsprays, Schaumbädern, Hautcremes und in Lippenstiften zahlreicher Hersteller enthalten.

Am meisten umstritten: 4-MBC

Die Behörden in Dänemark haben bereits reagiert: Alle Sonnenschutzcremes mit dem am meisten umstrittenen 4-MBC wurden aus dem Handel genommen. Sowohl die Behörden der EU als auch die deutschen Behörden sehen vorerst jedoch keinen Handlungsbedarf. Empfehlungen wurden bisher nicht ausgesprochen, und die fraglichen Produkte werden weiter verkauft.

Die Rückrufaktion in Dänemark basiert auf Untersuchungen des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Zürich. Das Institut untersuchte sechs der 30 in der EU als UV-Filter zugelassenen Stoffe in einer Testreihe, mit der die hormonelle Wirkung der Substanzen belegt werden kann. In einem ersten Schritt wurden die UV-Filter auf Brustkrebszellen aufgetragen, die als sicherer Indikator für hormonartige Wirkungen gelten. Dabei reagierten fünf der sechs Substanzen deutlich: Die Krebszellen wuchsen signifikant schneller.

In einem zweiten Durchgang wurden die Chemikalien jungen weiblichen Ratten kurz vor der Geschlechtsreife ins Futter gemischt. Daraufhin wuchs bei drei Substanzen die Gebärmutter der Jungratten, obwohl sie in ihrer biologischen Entwicklung noch gar nicht so weit waren.

In einem dritten Testlauf wurde die am stärksten wirksame Substanz 4-MBC in einer den Sonnencremes entsprechender Konzentration in Olivenöl gelöst, bevor man haarlose Ratten elfmal kurz in das Ölbad setzte. Dabei stellte sich heraus, dass die Tiere die Substanz auch über die Haut aufnahmen. Auch bei ihnen wuchs der Uterus.

Diese Befunde reichen zwar für eine Risikoabschätzung noch nicht aus, die Züricher Wissenschaftler raten jedoch, "herkömmliche Sonnencremes so sparsam wie möglich" zu nutzen, "bis das vollständige Risiko getestet ist". Und das kann einige Jahre dauern.

Herstellerfirmen: "Produkte sind sicher"

Die Firma Merck verweist auf firmeninterne Versuche, bei denen keine östrogenartige Wirkung ihrer UV-Filter nachgewiesen werden konnte. Andere Hersteller von Kosmetikprodukten, beispielsweise Haarmann & Reimer (H&R), berufen sich darauf, dass alle benutzten Substanzen nach ausführlichen Tests von der EU zugelassen worden sind. Außerdem gehörten nach Ansicht der Hersteller die in der Schweizer Untersuchung verwendeten Methoden "nicht zu den von den derzeit führenden Experten auf diesem Gebiet akzeptierten Testmethoden" und wiesen "erhebliche Mängel in der Versuchsdurchführung auf". "Für die durch aktuelle Presseberichte aufkommende Besorgnis eines gesundheitlichen Risikos bei der Anwendung von UV-Filtern sehen wir keinen Anlass", so die Firma H&R.

Darüber hinaus hat das Wissenschaftliche Komitee für Toxikologie, Ökotoxikologie und Umwelt (CSTEE) der Europäischen Kommission im März 1999 festgestellt, dass bis zum heutigen Zeitpunkt keine direkte Beziehung zwischen in geringem Maße hormonähnlich wirksamen Stoffen und den tatsächlichen Effekten natürlicher Hormone bestehe, da die Wirkungsstärke der betroffenen hormonähnlichen Substanzen und deren tatsächliche Exposition viel zu gering sei, um mit den Effekten natürlicher Hormone konkurrieren zu können.

Bisher galt: je mehr Sonnencreme, desto besser – schließlich schützen Lichtschutzfaktoren vor der gefährlichen ultravioletten Strahlung. Nun gibt es aber auch Stimmen, die vor den bisher viel gelobten Sonnenschutzmitteln warnen. In der Juni-Ausgabe von "natur & kosmos" werden Sonnencremes unterschiedlicher Hersteller unter die Lupe genommen und die UV-Filter wegen möglicher östrogenartiger Wirkungen angegriffen.

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