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Versorgung von Heimbewohnern: Kein Verblistern von Arzneimitteln für Alten- und
Das so genannte Verblistern von Medikamenten in Tages- und Wochentableaus für Heimbewohner steht im Zentrum der aktuellen berufspolitischen Diskussion. Diese vollzieht sich vor dem Hintergrund einer geplanten Änderung des Apothekengesetzes, nach der künftig die Zusammenarbeit von Apotheke und Heim bei der Versorgung von Heimbewohnern einer vertraglichen Grundlage bedarf. Ziel ist es, die Qualität der Arzneimittelversorgung zu verbessern und Rechtssicherheit zu schaffen.
Die Befürworter des patientenindividuellen Verblisterns stellen als Vorteile die Erhöhung der Arzneimittelsicherheit durch das Bereitstellen der Medikamente durch Pharmazeuten, die lückenlose Dokumentation der Arzneimittel und die Entlastung des Pflegepersonals heraus.
Gegen das Verblistern wird argumentiert, die Ausklammerung des Pflegepersonals von einem wesentlichen Bereich der Patientenbetreuung gehe zu Lasten der Patienten, da die Kommunikation zwischen den Heimbewohnern, ihrem Pflegepersonal und den Ärzten durch das Hinzutreten eines weiteren Dienstleisters erschwert werde. Die zusätzliche Schnittstelle Apotheke schaffe mehr Probleme als sie Vorteile bringe und trage daher auch nicht zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit bei. Es sei besser, das Pflegepersonal durch Apotheker zu schulen, damit es seine Aufgaben beim Zusammenstellen und Verabreichen der Arzneimittel qualifizierter wahrnehmen kann. Die Schulung des Pflegepersonals und die Kontrolle der Arzneimittelvorräte der Patienten solle im Rahmen des nach der Änderung des Apothekengesetzes vorgesehenen schriftlichen Vertrages zwischen Apotheke und Heim geregelt werden.
Der komplexe Sachverhalt beinhaltet vier wesentliche Aspekte: 1. Die berufspolitische Positionierung der Apothekerschaft gegen das Verblistern. 2. Die qualitätsgerechte Ausführung und Ausführbarkeit des Verblisterns. 3. Die rechtliche Zulässigkeit. 4. Die wettbewerbsrechtliche Unzulässigkeit kostenlosen Verblisterns.
1. Die berufspolitische Positionierung der Apothekerschaft zum Verblistern - Der Berufsstand entscheidet sich gegen das Verblistern
Die berufspolitische Diskussion wurde durch das Angebot von Softwarehäusern und Herstellern von Hardware zum Verblistern von Arzneimitteln in Gang gesetzt. Der ABDA-Gesamtvorstand hat sich in seiner Sitzung am 30. Mai 2001 in Berlin gegen das Verblistern ausgesprochen. Auch der Vorstand der Apothekerkammer Berlin hat sich parallel intensiv mit dem Für und Wider des Verblisterns und seinen berufspolitischen Auswirkungen befasst. Nach sorgfältiger Abwägung fordert der Berliner Kammervorstand die Kammerangehörigen auf, sich nicht an Verblisterungskonzepten zu beteiligen.
Begründet wird dies damit, dass ein Verlust der unmittelbaren Einbindung des Pflegepersonals vom Bereitstellen der Arzneimittel bis zu ihrer Verabreichung an den Patienten sich negativ für die Patienten auswirke. Die Sorge für das Bereitstellen der verordneten Arzneimittel und das Verabreichen seien Tätigkeiten, die zum Berufsbild des Pflegepersonals gehören. Ein Zugewinn an Arzneimittelsicherheit sei mit dem Verblistern nicht erreichbar.
Im Gegenteil, das Hinzutreten der zusätzlichen Schnittstelle Apotheke und das Zerstückeln des einheitlichen Vorgangs im Heim schaffe mehr Probleme als es Vorteile bringe. Das Verblistern gehöre nicht zum Berufsbild des Apothekers und nicht zu den apothekentypischen Dienstleistungen. Der Blister sei kein Surrogat für die Beratung durch den Apotheker.
Die Beratung habe stets persönlich zu erfolgen; entweder gegenüber dem Patienten selbst oder gegenüber einem diesen versorgenden Dritten. Deshalb sollten die Apotheken ihre Beratungskompetenz in die Schulung des Pflegepersonals einbringen, damit es seine Aufgaben beim Zusammenstellen und Verabreichen der Arzneimittel qualifizierter wahrnehmen kann. Die Beratung und Schulung des Pflegepersonals und die Kontrolle der Arzneimittelvorräte der Patienten solle im Rahmen des nach der Änderung des Apothekengesetzes vorgesehenen schriftlichen Vertrages zwischen Apotheke und Heim geregelt werden.
Ein Vorpreschen beim Verblistern kann sich in den anstehenden berufspolitischen Gesprächen mit der Politik höchst nachteilig auswirken. Denn in der geplanten Änderung des Apothekengesetzes ist in einem SPD-Papier die Möglichkeit des Auseinzelns aus Großpackungen für die Versorgung von Heimbewohnern vorgesehen. Die ABDA will sich gegenüber der Politik gegen das Auseinzeln aussprechen. Ansonsten ist die Arzneimittelpreisverordnung gefährdet.
2. Die qualitätsgerechte Ausführung und Ausführbarkeit des Verblisterns - Viele offene Fragen bei der Umsetzung
Die Frage der qualitätsgerechten Arzneimittelversorgung durch Verblistern ist Gegenstand der pharmazeutischen Diskussion. Es wird im Einzelfall zu prüfen sein, ob sich die jeweilige Medikation des Patienten überhaupt zum Verblistern eignet. Problempunkte sind beispielsweise die negative Beeinflussung von Arzneimitteln durch das gemeinsame Verblistern z. B. mit hygroskopischen Tabletten und die Beeinträchtigung lichtempfindlicher Arzneimittel durch das längere Aufbewahren außerhalb der Originalverpackung. Nachteile für den Patienten werden insbesondere auch durch den Zwang zum Wechsel der Arzneimitteltherapie auf feste Formen gesehen.
Gefahren werden auch in dem Informationsverlust des Pflegepersonals über die verblisterten Arzneimittel gesehen, da der Bezug zur Originalpackung verloren geht. Das Pflegepersonal kann nicht erkennen, welche Tabletten sich tatsächlich in dem Blister befinden. Dies kann insbesondere bei einem Wechsel der Medikation des Patienten zu Problemen führen.
3. Rechtliche Zulässigkeit - Das gewerbsmäßige Auseinzeln in der Apotheke ist nicht von § 13 Abs. 2 Nr. 1 AMG gedeckt
Beim Auseinzeln vor der Abgabe und der nachfolgenden Belieferung stellt das Verblistern das Herstellen eines Arzneimittels im Sinne von § 4 Abs. 14 AMG dar. Die Apotheke ist gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 1 AMG grundsätzlich zur Herstellung berechtigt, wenn es sich bei der betreffenden Herstellung um eine Tätigkeit im Rahmen des "üblichen Apothekenbetriebes" handelt. Da Verblistern vor der Abgabe an den Patienten als Herstellung im Sinne von § 4 Abs. 14 AMG zu qualifizieren ist, kommt es mithin darauf an, ob das Verblistern zum "üblichen Apothekenbetrieb" gehört.
Dies wird überwiegend verneint. Als Herstellung im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs wird nur die Herstellung zur Abgabe in der eigenen Apotheke an den Patienten angesehen, wie dies z. B. bei der Rezeptur geschieht. Beim Verblistern handele es sich um eine gewerbsmäßige Herstellung zur Abgabe an andere im Sinne des § 13 Abs. 1 AMG, d. h. es würde eine behördliche Genehmigung benötigt. Wer die Frage für sich selbst ohne Rückfrage bei der Aufsichtsbehörde beantwortet läuft Gefahr, nach § 96 Nr. 4 AMG mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe sanktioniert zu werden. Haftungsrechtlich ist zu beachten, dass mit der "Weiterverarbeitung" des Fertigarzneimittels vor der Abgabe durch Verblistern vom Apotheker ein neues Arzneimittel hergestellt wird. D. h. er haftet als Hersteller eines neuen Arzneimittels.
4. Kostenloses Verblistern verstößt gegen Wettbewerbsrecht
Das Landgericht Leipzig hat in seinem Urteil vom 28. Juni 2000 (Az: 06 HK O 42/2000) entschieden, dass es sich bei dem kostenlosen Verblistern von Arzneimitteln um eine verbotene Zugabe handelt. Das Gericht stellte dabei darauf ab, dass das Verblistern der Arzneimittel eine über die vom Apotheker geschuldete Beratung hinausgehende mechanische Tätigkeit verlange, bei der nicht nur eine handelsübliche Nebenleistung im Sinne des § 1 Abs. 2 Buchstabe d Zugabeverordnung vorliegt.
Der beklagte Apotheker wurde vom Landgericht Leipzig verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis 500 000,- DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken an Patienten aus Pflegeheimen und/oder Krankenhäusern Arzneimittellieferungen dergestalt vorzunehmen, dass er Fertigarzneimittel ihrer jeweiligen Originalverpackung entnimmt und sie zusammen mit weiteren ebenfalls ihren Originalverpackungen entnommenen Fertigarzneimitteln in neue Verpackungen einschweißt, wobei er für das Auseinzeln und Einschweißen kein zusätzliches, über den jeweiligen Arzneimittelpreis hinausgehendes Entgelt berechnet.
Das Landgericht hat ausgeführt, eine Zugabe liege vor, wenn eine Ware oder Leistung neben einer anderen Ware oder Leistung ohne besondere Berechnung gewährt wird. Diese Voraussetzungen liegen hier vor: Der Festpreis für Fertigmedikamente, der sich aus § 78 Arzneimittelgesetz in Verbindung mit der Arzneimittelpreisverordnung ergibt, bezieht sich nur auf den Erwerb des Fertigarzneimittels und eine dazu zu erbringende Beratung durch den Apotheker. Insbesondere ist gemäß § 78 Abs. 2 Satz 2 AMG ein einheitlicher Apothekenabgabepreis zu gewährleisten.
Das Verblistern geht über eine vom Apotheker geschuldete Beratung hinaus, da es eine mechanische Tätigkeit - Auseinzeln und Verschweißen - verlangt. Es liegt auch kein Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 Zugabeverordnung vor. Insbesondere handelt es sich bei dem Verblistern nicht um eine handelsübliche Nebenleistung. Handelsüblich ist diejenige Übung im geschäftlichen Verkehr, die sich im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Gepflogenheiten hält. Das Gericht hat entschieden, es könne hierbei nicht darauf abgestellt werden, ob es, wie vom Beklagten behauptet, um eine Leistung geht, die in der Branche "gang und gäbe" wäre.
Vielmehr ist darauf abzustellen, dass das Auseinzeln und Verblistern einen nicht unerheblichen Aufwand darstellt, welcher bei wirtschaftlicher Betrachtung vernünftigerweise nur gegen ein zusätzliches, diesen Aufwand vergütendes Entgelt erbracht wird. Das Gericht ist insbesondere auch auf die Preisbindung für Arzneimittel eingegangen. § 78 AMG i.V.m. der AMpreisV verbiete es, neben Medikamenten eine Leistung anzubieten, die auf Grund ihrer Werthaltigkeit letztlich eine Reduzierung des Festpreises darstellt.
Das zwingende Gesetzesrecht über die Preisbindung von Arzneimitteln bilde insoweit die Grenze kaufmännischer Gepflogenheiten. Anmerkung: Hieran wird sich auch nach Wegfall des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung nichts ändern, da die Generalklausel des § 1 UWG greift.
Das so genannte Verblistern von Medikamenten in Tages- und Wochentableaus für Heimbewohner steht im Zentrum der aktuellen berufspolitischen Diskussion. Der ABDA-Gesamtvorstand hat sich in seiner Sitzung am 30. Mai 2001 in Berlin gegen das Verblistern ausgesprochen. Auch der Vorstand der Apothekerkammer Berlin hat sich parallel dazu intensiv mit dem Für und Wider des Verblisterns und seinen berufspolitischen Auswirkungen befasst. Nach sorgfältiger Abwägung fordert der Berliner Kammervorstand die Kammerangehörigen auf, sich nicht an Verblisterungskonzepten zu beteiligen.
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