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- DAZ 25/2001
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Molekulare Targeting
A. Kaiser et al.Triclosan gegen Malaria – Ein
Molekulares Targeting
Die Bekämpfung der Malaria stellt noch immer eine weltweite Herausforderung dar. Etwa 40% der Weltbevölkerung lebt in endemischen Gebieten mit Malaria, und über 90% der Infektionen laufen im tropischen Afrika ab. Jährlich werden 500 Millionen klinischer Fälle registriert, die durch den Erreger P. falciparum verursacht werden, der vor allem für Kleinkinder und Schwangere ein hohes Infektionsrisiko darstellt. Pro Jahr sterben 2,7 Millionen Menschen an Malaria.
Die steigende Resistenzentwicklung, auch gegen neuere Chemotherapeutika wie Mefloquin, Halofantrin, Atovaquon und Artemisinin/Lumefantrin, erfordert neue Therapieansätze. Dazu zählt das molekulare Targeting spezifischer Gene der Erreger. Plasmodium falciparum verfügt über ein drittes Genom, das Apikoplastengenom, das sich evolutionsgeschichtlich durch Endosymbiose eines Cyanobakteriums erklären lässt [1]. Da die Stoffwechselwege des Apikoplasten für den Erreger essenziell sind und diese Gene sich fundamental von den menschlichen Genen unterscheiden, bilden gerade Gene dieses Genoms attraktive molekulare Targets. Ein solches Target ist das Gen für die De-novo-Synthese von Fettsäuren [2].
Die Fettsäurenbiosynthese in Plasmodium
Die einzelnen Schritte der Fettsäurenbiosynthese werden in Pflanzen und Bakterien durch unterschiedliche Enzyme katalysiert. In tierischen Geweben hingegen besteht der Fettsäurensynthasekomplex aus nur einer einzigen Peptidkette, die alle benötigten Aktivitäten enthält. Im Verlauf der Evolution sind die dafür codierenden Gene offensichtlich fusioniert, wodurch dieser Multienzymkomplex entstanden ist.
Die De-novo-Synthese geradzahliger, gesättigter Fettsäuren in Plasmodium geht von Acetyl-CoA und Malonyl-ACP (ACP = Acyl Carrier Protein) aus, die Acetoacetyl-CoA-ACP bilden (Abb. 1). Dabei erfolgt die Übertragung des Malonylrestes auf die Pantethein-Gruppe, den Teil von Coenzym A, der an ACP kovalent gebunden ist. Diese Reaktion wird durch das vom Gen FabH exprimierte Enzym β-Ketoacyl-ACP-Synthase III katalysiert. ("Fab" steht für Fatty acid biosynthesis.)
Die anschließende Kettenverlängerung erfolgt in Umkehrung zur β-Oxidation, dem Fettsäurenabbau. Die Reduktion der Keto-Gruppe mit NADPH führt zur Bildung von β-Hydroxybutyryl-CoA-ACP. Diesen Schritt katalysiert das vom Gen FabG exprimierte Enzym (Abb. 1). Darauf wird Wasser abgespalten, und es bildet sich Crotonyl-CoA-ACP. Dieser Schritt wird durch eine Hydroxy-ACP-Dehydratase katalysiert, für die das Gen FabZ/A codiert. Darauf hydriert die Enoyl-ACP-Reductase, die vom Gen FabI exprimiert wird, die ungesättigte Verbindung zu Butyryl-CoA; dieses wandeln die vom Gen FabB/F exprimierten Enzyme in die Ausgangssubstanz Acetoacetyl-CoA um (Abb. 4).
Die Aminosäurensequenz der Enoyl-ACP-Reductase von Plasmodium falciparum ist am N-terminalen Ende (Glu-Lys-Glu-Glu-Gln-Asp-Ala) identisch mit dem homologen Enzym im Raps (Brassica napus). Insgesamt besteht zwischen beiden Enzymen eine Übereinstimmung von 37,4% (bei den Enoyl-ACP-Reductasen von Plasmodium falciparum und Chlamydophila pneumoniae sogar von 42,2%).
Wirkung von Triclosan
Triclosan (5-Chlor-2-(2,4-dichlorphenoxy)phenol) ist aufgrund seiner antibakteriellen Wirkung als Desinfektionsmittel und Antiseptikum in der Pharmazie seit langem bekannt (Abb. 2). Sein Einsatz erfolgt vorwiegend topisch in Mundspülungen, Aknemitteln und Deodoranzien. Surolia et al. [2] konnten in ihren Experimenten zeigen, dass Triclosan in Plasmodium die (durch FabI codierte) Enoyl-ACP-Reductase, das Schlüsselenzym der Fettsäurenbiosynthese, spezifisch hemmt. Bereits 0,2 µM Triclosan führten in In-vitro-Kulturen von P. falciparum in menschlichen Erythrozyten zu einer 50-prozentigen Hemmung des Wachstums des Malariaerregers. Insbesondere verhinderte Triclosan die Invasion von Trophozoiten in Erythrozyten (Abb. 3).
In vivo wurde die Hemmwirkung des Triclosans durch Experimente an Mäusen, die mit P. berghei, einem Erreger von Malaria bei Nagetieren, infiziert waren, unter Beweis gestellt. Bereits 3 mg des Wirkstoffs pro Kilogramm Körpergewicht waren ausreichend, um die Parasitämie in infizierten Mäusen um 75% zu verringern.
Der Wirkungsmechanismus von Triclosan beruht auf einer Anreicherung und Absättigung der Enoyl-ACP-Reductase mit oxidiertem Cofaktor NAD+ (Abb. 4). Bereits 3 µM Triclosan genügen, um das Enzym zu 50% mit dem oxidierten Cofaktor abzusättigen. Auch Strukturanaloga des Triclosan mit 2,2'-Dihydroxyphenylether-Struktur zeigten Hemmeffekte auf das Wachstum des Malariaerregers. Sie waren jedoch weitaus schwächer als die von Triclosan.
Spezifisches Fettsäurenspektrum
Bislang hatten Wissenschaftler vergeblich versucht, in Plasmodium falciparum die Synthese der mit 14C markierten Bausteine Acetat und Malonat zu Fettsäuren nachzuweisen. Schon früher [3, 4] war jedoch die Wirkung des Triclosans als Hemmstoff der Fettsäurenbiosynthese in verschiedenen Organismen belegt worden. Nach Gabe von 2 µM Triclosan stellten Surolia et al. [2] einen um 50% verminderten Einbau von markiertem Malonyl-CoA und Acetat in die Biosynthese geradzahliger, unverzweigter Fettsäuren fest.
Surolia et al. detektierten in P. falciparum vor allem ungesättigte C10-, C12- und C14-Fettsäuren. Das Fettsäurenspektrum dieser Protozoen unterscheidet sich damit grundsätzlich von dem der Bakterien Escherichia coli und Salmonella typhimurium, in denen ungesättigte C14- und C16-Fettsäuren dominieren.
Zusammenfassung und Ausblick
Eine zukunftsträchtige Strategie zur Bekämpfung der Malaria stellt das molekulare Targeting spezifischer Stoffwechselwege des Erregers Plasmodium falciparum dar. Neben einem alternativen Isoprenoidweg [1] konnte nun auch eine spezifische Fettsäurenbiosynthese [5] nachgewiesen werden. Dabei hat sich Triclosan in In-vivo- und In-vitro-Experimenten als spezifischer Inhibitor der Enoyl-ACP-Reductase, eines Schlüsselenzyms der Fettsäurenbiosynthese, herausgestellt. Zudem zeigte Triclosan auch eine inhibitorische Wirkung bei Chloroquin-resistenten P. falciparum-Stämmen.
Die Entwicklung neuer Arzneimittel gegen Malaria ist ein kostenaufwendiger Prozess, nicht zuletzt wegen der toxikologischen und klinischen Prüfungen. In einem Interview äußerte Frau Professor Surolia, dass ihre grundlegenden Arbeiten zum Wirkungsmechanismus des Triclosan kaum finanziell unterstützt wurden. Sie sehe es aber jetzt als Verpflichtung der Behörden an, wenigstens den praktischen Nutzen ihrer Befunde durch die Unterstützung der weiteren Studien, die für die Arzneimittelzulassung erforderlich sind, zu sichern.
Danksagung: Unser Dank gilt Herrn Prof. Dr. H. M. Seitz und Herrn Prof. Dr. W. Maier.
Literatur [1] Kaiser, A.: Biotechnologische Malariaforschung. Dtsch. Apoth. Ztg. 140, 1164 – 1170 (2000). [2] Surolia, N., Surolia, A.: Triclosan offers protection against blood stages of malaria by inhibiting enoyl-ACP reductase of Plasmodium falciparum. Nature Medicine 7 (2), 167 – 172 (2001). [3] Mc Murray, L. M., Oethinger, M., Levy, S. B.: Triclosan targets lipid synthesis. Nature 394, 531 – 532 (1998). [4] Health, R. J., Rock, C. O.: Enoyl-acyl carrier protein reductase (FabI) plays a determinant role in completing cycles of fatty acid elongation in Escherichia coli. J. Biol. Chem. 44, 26538 – 25642 (1995). [5] Beeson, J. G., et al.: New agents to combat malaria. Nature Medicine 7 (2), 149 – 150 (2001).
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