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- DAZ 26/2001
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DAZ aktuell
Von gestern - (Kommentar)
Unabhängig von den beiden rechtskräftigen einstweiligen Verfügungen des Oberlandesgerichts Frankfurt und des Kammergerichts Berlin gegen DocMorris, die nach wie vor Gültigkeit haben und den Versand von Arzneimitteln nach Deutschland unter den gegebenen Bedingungen verbieten, wird sich der Rechtsstreit gegen die niederländische Versandapotheke hinziehen. Denn es steht noch ein Hauptsacheverfahren vor dem Landgericht Frankfurt/Main aus, bei dem sich, so war es in der vergangenen Woche zu hören, der Weg nach Luxemburg abzeichnet:
Nach Meinung der Richter sei es sinnvoll, auch das oberste europäische Gericht, den Europäischen Gerichtshof, einzuschalten, was eine weitere Verfahrensdauer von schätzungsweise achtzehn Monate nach sich zieht. Die Andeutung der Frankfurter Richter interpretieren beide Parteien dieses Rechtsstreites für sich: der Deutsche Apothekerverband geht davon aus, dass der Versandapotheke in den Niederlanden dann ein für allemal das Versenden, wie und unter welchen Bedingungen auch immer, versagt wird, und DocMorris tönt, "dass der EuGH im Sinne europäischer Verbraucher urteilen wird" – wobei der Versender wohl meint, dass sich der Verbraucher dann nach dem Urteil seine Arzneimittel von einer europäischen Apotheke seiner Wahl zuschicken lassen kann.
Eine Entscheidung im Sinne europäischer Verbraucher wäre aus meiner Sicht und der Sicht der meisten Apothekerinnen und Apotheker aber eher ein Versandverbot, denn – wir haben es schon des öfteren berichtet, bei einer Öffnung des Arzneiversands in Europa kann es keine Arzneimittelsicherheit, wie wir sie bisher in Deutschland gewohnt sind, geben. Der Verbraucher sähe sich mit Arzneimittelfälschungen und mangelhafter oder unzureichender Beratung konfrontiert. Die große Ersparnis, die von den Internetapotheken propagiert wird, wird nicht zu erreichen sein und kann sich allenfalls nur auf einige wenige hochpreisige Umsatzrenner, die Rosinen, beziehen.
Ob das "im Sinne europäischer Verbraucher" ist? Schade, dass es nach wie vor einige deutsche Politiker gibt, die auf dem falschen Gleis in Richtung Versandhandel fahren, wie z. B. der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Gesundheit, der SPD-Politiker Klaus Kirschner. In der Zeitschrift "die Ersatzkasse", einem Organ des Verbands der Angestellten-Krankenkassen, fordert er in einem Meinungsbeitrag: "Versandhandel für apothekenpflichtige Arzneimittel freigeben!" Ihm sind die Vertriebskosten für Arzneimittel zu hoch, weshalb er für die Freigabe des Versandhandels mit Medikamenten plädiert. Nach seiner Auffassung würde die Öffnung dieses bislang starr strukturierten Vertriebsweges die Freisetzung hoher Wirtschaftlichkeitsreserven bedeuten.
Außerdem öffneten sich, so seine Meinung, neue Serviceangebote für den Verbraucher, so z. B. die Arzneizustellung nach Hause für Gehbehinderte und Bettlägerige. Beide Argumente können wir Apothekerinnen und Apotheker sofort entkräften. Eine Versandapotheke kann nicht das gesamte Arzneispektrum zu niedrigeren Preisen und Vertriebskosten liefern als eine herkömmliche Apotheke – was sich an Hand von Zahlen belegen lässt –, und die Möglichkeit, Arzneimittel an alle, die eine Apotheke nicht persönlich aufsuchen können, per Boten zuzustellen, ist schon längst in der Apothekenbetriebsordnung verankert und geübte Praxis.
Anerkennend erwähnt Kirschner den von Apothekerverbänden installierten Vorbestellservice für Arzneimittel per Internet, und fügt hinzu, dass sich auch deutsche Versandapotheken etablieren könnten, wenn "solche Angebote zu einem der Arzneimittelsicherheit entsprechenden Versandhandel ausgebaut werden, verknüpft mit einem umfangreichen Beratungsangebot". Ehrlich gesagt leuchtet mir das nicht ein: welcher tolle Vorteil sollte angesichts des Angebots der Apotheke, die Arzneimittel per Boten zu bringen, ein "Versandhandel" denn darüber hinaus haben? Arbeitsbeschaffung für ups, den deutschen Paketdienst oder die Deutsche Post AG? Seine Unkenntnis der heutigen Verhältnisse krönt Kirschner denn auch mit dem Abschlusssatz seines Meinungsbeitrags: "Das heutige deutsche Apothekewesen ist von gestern, weil nicht mehr europakompatibel. Wer von Marktwirtschaft und Wettbewerb redet, der muss sich diesen auch stellen." Ich denke, in diesem Land sind schon eher einige Politiker nicht mehr europakompatibel, weil von gestern ...
Peter Ditzel
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